Peter Vesterbacka

Vom Erfinder von Angry Birds zum Tunnelbauer

von Moritz Weinstock

Der ehemalige Chef von Rovio Entertainment plant den längsten unterseeischen Tunnel der Welt, zwischen Helsinki und Tallinn. Es ist nur eines der vielen Projekte des Angry Bird-Erfinders. Welche Visionen er sonst noch hat, erklärt dir ZASTER.

Mit bunten Vögeln, die durch die Gegend geschossen werden, startete 2009 der Megaerfolg des finnischen Gaming-Unternehmens Rovio Entertainment unter der Führung des Entwicklers Peter Vesterbacka. Bis heute wurde das Artillerie-Spiel Angry Birds plattformübergreifend mehr als 500 Millionen Mal heruntergeladen. Ursprünglich für das iPhone entwickelt, folgten über die Jahre nicht nur Weiterentwicklungen für nahezu jede Konsole.

Das Spiel wurde unzählige Male neu aufgelegt und um viele Versionen erweitert. Sogar zwei Kinofilme wurden produziert – ganz zu Schweigen von den Millionen von Merchandise-Arikeln. Kurzum: Angry Birds bereitet nicht nur seinen Fans jede Menge Spielspaß, das Franchise ist auch eine wahre Geldmaschine, die ihrem Erfinder Millionen einbrachte.

Vom Entwickler zum Investor

Seit Juni 2016 ist Vesterbacka nicht mehr bei Rovio Entertainment. Stattdessen betätigt sich der ehemalige Entwickler nun als Investor, der jungen Unternehmen mit seinem Wissen in internationalem Marketing sowie dem Aufbau starker Marken- und Firmenideen zum Erfolg verhelfen will.

Abgesehen davon ist er Vorstandsmitglied von Lightneer, einem Entwicklungsstudio für Handygames aus Helsinki, Berater für das Robotex International, dem weltweit größten Event für Robotertechnik und künstliche Intelligenz, das jedes Jahr in Tallinn, Estland, stattfindet sowie Gründungsmitglied von DeskMe, einem Softwareunternehmen, das smarte Lösungen zur Reservierung von Büroplätzen und -flächen in Coworking-Spaces anbietet.

Start-ups über alles

Peter Versterbacka ist fasziniert von der Start-up-Kultur. Den vielen jungen gleichgesinnten Unternehmerinnen und Unternehmern, die an bahnbrechenden Dingen arbeiten und ihren Teil dazu beitragen wollen, die Zukunft besser zu machen – ganz egal, wo in der Welt. Speziell die Märkte China und Indien haben es ihm dabei besonders angetanRegelmäßig besucht er dort Firmen und Unternehmen, um neue Investitionsmöglichkeiten auszuarbeiten, Bildungsprojekte umzusetzen, für nordische Universitäten zu werben und Kooperationen festzuklopfen. Denn die Nähe Finnlands, Estlands und anderer nordeuropäischen Länder zu Asien müsse man nutzen, um stärker zusammenzuarbeiten, wie er in einem Interview mit dem indischen Online-Magazin Inc42 Media erklärt.

Silicon Valley 2.0

Auch deshalb ist Vesterbacka bemüht, sein Herkunftsland und Estland stärker miteinander zu verbinden. In beiden Regionen, spezieller aber in Tallinn, boomt die Start-up-BrancheLaut dem Auswärtigen Amt erwirtschaftet Estland heute 70 Prozent seines BIP im Dienstleistungssektor. Zudem findet mit dem Slush Event, das von Vesterback und Timo Airisto 2008 ins Leben gerufen wurde, jedes Jahr eine der wichtigsten Tech-Konferenzen Europas in der Stadt statt, die allein 2017 knapp 20.000 Besucher aus über 130 Ländern anzog.

Rund 2300 Start-ups stellten ihre Konzepte vor, über 1000 Investoren kamen. Eine weitere wichtige Veranstaltung ist das bereits erwähnte Robotex InternationalVesterbacka ist überzeugt: Wenn Helsinki und Tallinn näher zusammenrücken, könnte die als finnischer Meerbusen bekannte Ostseeregion eine Art Silicon Valley 2.0 werden – oder besser. Dafür müsste es jedoch eine schnellere Verbindung zwischen den beiden Städten geben.

Der längste Unterwassertunnel der Welt

Mit FinEst Link hat Vesterbacka genau das vor. Und auch die Regierungen der betroffenen Länder sind der Idee wohlgesonnen. Zusammen mit dem chinesischen Großinvestor Touchstone Capital und eventuellen EU-Geldern (von denen beispielsweise auch der Fehmarnbelttunnel zwischen Dänemark und Deutschland profitierte), möchten sie den längsten unterseeischen Tunnel der Welt bauen. Mit einer Strecke von gut 100 Kilometern Länge und Kosten von derzeit stolzen 15 Milliarden Euro, die für das Großprojekt veranschlagt werden, könnte aus den getrennten Hauptstädten eine Tech-Region der Superlative entstehen, die mehr als drei Millionen Menschen miteinander verbindet.

Geplant wären außerdem fünf Haltestellen, die je 50.000 Menschen Heimat und Austauschmöglichkeiten unter dem Wasser bieten könnten. Klingt nach Zukunftsmusik und Größenwahn? Vielleicht, allerdings hat die Zahl der Reisenden zwischen den beiden Ländern seit 2000 stark zugenommen.

Aktuell pendeln jährlich acht Millionen Menschen zwischen Helsinki und Tallinn per Fähre. 20 Prozent davon entfallen auf Touristen, und auch die Zahl der Autos, die dabei hin- und hertransportiert werden, nimmt kontinuierlich zu. Eine Zugverbindung könnte die Reisezeit nicht nur erheblich verkürzen, sondern auch den Weg in eine sauberere Zukunft ebnen. Geplant ist die Umsetzung bis zum Jahr 2024 – ein ambitioniertes Vorhaben, das wir weiter gespannt verfolgen werden.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.