Drei Fragen an den Experten

Wie das Vermögen der Deutschen schrumpft

von Marcus Schwarze

Sparer und Anleger in Deutschland haben weniger von ihrem Geld. Erstmals seit sechs Jahren gibt es eine negative Gesamtrendite. Experte Malte Dreher erklärt den Trend.

Warum sinkt die Gesamtrendite von Privathaushalten in Deutschland?

Unser Erspartes, das die Bundesbank regelmäßig berechnet, umfasst zahlreiche Posten, zum Beispiel

  • die Kontoguthaben auf dem Girokonto,
  • das Bargeld im Portemonnaie,
  • Geld auf Sparkonten,
  • aber auch die Geldanlagen in Aktien und Ansprüche gegenüber Versicherungen.

Dieses Geldvermögen der Haushalte ist über die Jahre immer wieder leicht gestiegen, 2017 beispielsweise um 1,4 Prozent. Gegenzurechnen ist allerdings immer die Inflation, also die Geldentwertung.

Am Montag schlug die Bundesbank deshalb Alarm: Erstmals seit sechs Jahren sank die Rendite, also das Vermögen in Kombination mit der Kaufkraft – und zwar um 0,8 Prozent im ersten Quartal des Jahres. Wenn die Gesamtrendite sinkt, können sich die Leute von dem zurückgelegten Geld weniger leisten.

Zwei Gründe führt die Bundesbank an: erstens die geringen Zinsen, die Anleger heute für ihr Geld bekommen. Hintergrund ist die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Der von der EZB vorgegebene Leitzins, an dem sich die Banken orientieren, liegt schon seit 2016 bei 0,0 Prozent. Anleger bekommen deshalb bei den Banken kaum mehr als 0,5 Prozent Zinsen pro Jahr. Der zweite Grund ist die Inflation.

Was ist eigentlich Inflation und wie entsteht sie?

Preise für Produkte und Dienstleistungen ändern sich täglich, online sogar minütlich. Wenn wir für diese Dinge im Alltag mehr Geld ausgeben müssen als früher, spricht man von Inflation. Die Bundesbank nimmt dafür einen repräsentativen Warenkorb an, der, wie sie auf ihrer Website vereinfachend erklärt, zum Beispiel die jährlichen Ausgaben eines Haushalts für 100 Tafeln Schokolade, 50 Flaschen Apfelsaft, zehn Kinobesuche und ein Paar Schuhe enthält (in Wahrheit sind es natürlich noch viel mehr Produkte und Dienstleistungen). Wenn dieser Warenkorb im nächsten Jahr mehr Geld kostet, die Preise also gestiegen sind, lässt sich die Preissteigerung sehr exakt berechnen. 2017 lag sie bei 1,8 Prozent, im Juli dieses Jahres sogar bei 2,0 Prozent.

Auch durch die Erhöhung der Geldmenge kann Inflation entstehen. Notenbanken pumpen Geld in die Märkte, um die Konjunktur anzukurbeln und die Inflation anzuheizen. Die Geldmenge erhöht sich, ohne dass das Angebot an Waren und Dienstleistungen in gleichem Maße zunimmt.

Wenn es so wenig Zinsen bei den Banken gibt: Sind Fonds eine Alternative oder kosten sie zu viel?

Nach Ansicht ihrer Kritiker sind Fonds sehr teuer – um nicht zu sagen: viel zu teuer. Betrachtet man Posten für Posten, kommt in der Tat einiges zusammen. Wobei ein Posten, der in früheren Jahrzehnten häufig für Verdruss sorgte, im Zeitalter von Online-Konten und Direktbanken kaum noch eine Rolle spielt: der Ausgabeaufschlag. Diese einmalige Gebühr zahlten Anleger früher beim Einstieg in einen Fonds, sie variierte je nach Fondsart zwischen 0,5 und 5,25 Prozent. Offiziell gibt es den Ausgabeaufschlag immer noch. Viele der genannten Direktbanken rabattieren ihn jedoch bereits von sich aus zu 100 Prozent und nutzen dies als Werbeargument. Auch viele andere Anbieter – nicht alle – lassen sich mittlerweile problemlos auf null herunterhandeln.

Tatsächlich haben sich die Kosten eines Fonds dadurch jedoch nicht verringert. Sie haben sich nur verschoben. Denn weil Ausgabeaufschläge am Markt kaum noch durchsetzbar sind, haben sich aus dem Fondsvermögen gezahlte Bestandsprovisionen etabliert. Diese Gebühr, die einen Teil der jährlichen Managementgebühr ausmacht, fließt an den Verkäufer eines Fonds. Lag die Spanne in früheren Jahrzehnten bei 0,5 bis 1,0 Prozent, sind es mittlerweile häufig 1,5 bis 1,75 Prozent. Da noch einige kleinere Posten wie die Depotbankgebühr oder das Honorar für den Wirtschaftsprüfer hinzukommen, summiert sich die Gesamtkostenbelastung vieler Aktien- und Mischfonds heutzutage auf mehr als 2 Prozent pro Jahr.

Aber ist das wirklich teuer im Vergleich zu jemandem, der selbst Aktien und Anleihen kauft und dabei regelmäßig Umschichtungen innerhalb seines Depots vornimmt? Das kommt immer auf den Einzelfall an. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Aspekt der Bequemlichkeit: Wer Fondsanteile hält, muss weder selbst Wertpapiere analysieren noch sich um die Wiederanlage von Erträgen oder fällig gewordenen Geldern kümmern. Das alles hat natürlich seinen Preis.

Fondsanleger, die die vergleichsweise hohen Kosten für einen aktiv gemanagten Fonds umgehen möchten und mit dem Durchschnitt des Marktes zufrieden sind, können sich für börsengehandelte Indexfonds – sogenannte ETFs – entscheiden. Diese kosten in der Regel nicht mehr als 0,35 oder 0,40 Prozent pro Jahr. Dass es auch noch billiger geht, beweist die US-Gesellschaft Fidelity: Sie bietet seit kurzem aus Marketing-Gründen Fonds zum Nulltarif an, die einen hauseigenen Index nachbilden. Bisher sind die Fonds der Produktreihe „Fidelity Zero“ allerdings nur in den USA erhältlich.

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Marcus Schwarze