ZASTER AROUND THE WORLD

Auswandern: Was kostet das Leben in Frankreich?

von Michael André Ankermüller

Claudia kommt ursprünglich aus Magdeburg und hatte bereits mit 16 Jahren Fernweh. Sie ist 2003 nach ihrem Medienwirtschaft Studium ausgewandert und zehn Jahre lang bereiste sie verschiedene Teile der Welt. Seit 2014 lebt Sie mit ihren Kindern und ihrem französischen Mann auf Korsika. Sie spricht vier Sprachen und hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern, Teenagern und auch Erwachsenen die Sprachen (und Kulturen), wie Französisch und Englisch, einfach und verständlich näher zubringen.Sie gründete 2018 die erste und einzige Sprachschule OHLALA Korsika, die sich im Norden von Korsika, in einer Ferienanlage direkt am Meer, befindet. 

Warum bist Du nach Frankreich gegangen und was hält Dich dort?

Ich bin der Liebe wegen nach Frankreich gezogen und mich hält nun mein Leben und meine Familie dort.

Nach meinem Studium habe ich lange Zeit im Ausland gelebt. Ich bin viel gereist und habe u.a. in Spanien, England, Venezuela und der Schweiz gearbeitet. In der Schweiz habe ich dann einen Franzosen kennengelernt und mich in ihn verliebt. Er lebte damals in Paris und ich bin dann zu ihm gezogen. Als wir unsere Familie gründen wollten, sind wir nach Korsika gezogen. Wir leben nun schon seit fast zehn Jahren auf Korsika und haben zwei Kinder.

Was können die Deutschen von den Franzosen lernen? Und möglicherweise andersherum?

Ich finde, dass die Deutschen sich vielleicht von den Franzosen das „savoir-vivre“ ein bisschen abschauen könnten. Die Franzosen genießen viel mehr das Essen und ihre Tischkultur. Es wird stundenlang an einem Tisch gesessen und erzählt, gegessen, diskutiert und gelacht. Sie sind eindeutig lockerer und sehr gesellig. Zudem arbeiten Franzosen weniger Stunden. Und Frauen können auch besser mit Kindern wieder ihre Karriere fortsetzen. 

Bei den Franzosen finde ich diese Angst eine Fremdsprache zu sprechen, wirklich nicht gut. Durch ihre Schulbildung „schämen“ sich die meisten Franzosen mit Ausländern zb. auf Englisch zu sprechen. Sie trauen sich zu wenig und das ist schade. In Deutschland ist man da offener und hat auch keine Angst zu sprechen, auch wenn dann Fehler dabei sind. Auch die Mülltrennung und  das Umweltbewusstsein ist besser in Deutschland.

Welche 3 Tipps würdest du einem Deutschen geben, der auch nach Frankreich auswandern will?

Unbedingt die Sprache lernen. Es gibt nicht viele Franzosen, die sehr gut Englisch können oder sich wohlfühlen eine Fremdsprache zu sprechen.

Achtung: Ich finde Franzosen sind lustig, aber haben einen Humor, der sehr mit ihrer Sprache verbunden ist. Oft sprechen sie in „second degré“ (eine Art Ironie oder sich gegenseitig zu dissen). Am Anfang ist es sehr schwer, die sprachlichen Spitzen oder Redewendungen zu verstehen. Zudem unbedingt Arbeit im Vorfeld suchen und die Wohnungssituation abklären. Außerdem lohnt es sich, Hobbies vor Ort zu suchen oder Aktivitäten in Verbänden oder Assoziationen, um sich leichter zu integrieren und schnell Anschluss unter den Franzosen zu finden.

Wie teuer ist das Leben in Frankreich im Vergleich zu Deutschland?

Ich denke das Leben ist teurer als in Deutschland. Auf der Insel Korsika auf alle Fälle in der Gastronomie, Lebensmittel, Haushaltprodukte, Hygieneartikel. Die Mieten sind saisonabhängig.

Krankenversicherung, Steuern, Rentenversicherung? Wie wird das in Frankreich gehandhabt?

Frankreich ist ein sehr sozialer Staat. Sobald man eine Arbeit hat, ist man sozialversichert und hat u.a. eine gesetzliche Krankenversicherung. Man muss sich eine Krankenzusatz-Versicherung (Mutuelle) dazu suchen. Bei einer guten Mutuelle hat man kaum noch zusätzliche Kosten zu tragen. Selbst die Kontaktlinsen oder Osteopathen können von der Mutuelle zurückerstattet werden. Das Rentensystem ist im Moment ebenso sehr sozial. Jeder der arbeitet zahlt Beiträge in die Rentenkasse. Normalerweise durfte man ab 60 oder 62 Jahren bereits in die Rente. Allerdings ist im Moment gerade eine neue Rentenreform in Bearbeitung, damit wird u.a. das Rentenalter auf 64 Jahre angehoben.

Welchen geheimen Spartipp hast Du für das Leben in Frankreich entdeckt?

Besonders qualitativ gut und nicht zu teuer sind auf Korsika lokale angebaute Gemüse und Früchte sowie lokale Tierhaltung. Wenn man direkt beim Hersteller einkauft, ist es viel günstiger. Allerdings kauft man in größerer Menge und teilt es mit Freunden und der Familie. Die Qualität ist sehr gut, vor allem auch bei Tierprodukten, wie Käse, Eier oder auch Fleischwaren.

Welches Produkt ist in Frankreich besonders teuer und welches Produkt sehr günstig?

Hygieneartikel wie Spray, Deodorant, Shampoo usw. sind viel teurer. Eher günstig sind vielleicht auf Korsika Früchte, die lokal angebaut und geerntet werden wie Clementinen, Orangen und Avocado.

Hast Du einen Tipp für die Jobsuche für Einwanderer in Frankreich?

Neben den notwendigen französischen Sprachkenntnissen, ist eine Online-Suche im Vorfeld möglich. Es gibt im Internet viele Jobangebote (auch über das französische Arbeitsamt oder private Jobunternehmen). Da Frankreich sehr touristisch ist, werden immer Saisonkräfte in allen möglichen Regionen gesucht. Das ist ein guter Einstieg, um dann vor Ort nach anderen Jobs zu suchen. Wichtig ist auch in der jeweiligen Region nach möglichen Unterkünften im Vorfeld sich zu informieren.
In Paris sind die Gehälter viel höher als in anderen Regionen. Es gibt aber auch große Unterschiede in den Lebenskosten pro Region.

Auf Korsika werden eigentlich nur Saisonkräfte in der Tourismusbranche mit Fremdsprachenkenntnissen gesucht. Allerdings gibt es im Sommer kaum bezahlbare Unterkünfte und es ist schwierig alleine (ohne Hilfe des Arbeitgebers) eine Unterkunft zu finden. Viele Einheimische arbeiten ebenso sieben Monate im Jahr eine Saisonarbeit im Tourismusbereich und beziehen dann Arbeitslosengeld. Andere haben Familienbetriebe und arbeiten in der Familie. Es gibt auf Korsika auch relativ viele Mikrounternehmen (Selbständige) in allen möglichen Bereichen, die dann ganzjährig arbeiten.

Wie sieht dein neuer Alltag in Frankreich aus? Was hat sich hier am meisten zum alten Leben verändert?

Ich bin eigentlich langsam in mein Leben in Frankreich hereingewachsen. Am Anfang habe ich eher die verschiedenen Regionen und Sehenswürdigkeiten kennengelernt. Je besser ich Französisch sprechen konnte, umso mehr Kontakt habe ich (neben meiner Arbeit) mit den Franzosen aufgebaut und Freunde und mein soziales Umfeld erweitert. Mit den Kindern hat sich noch einmal ein neuer großer Bereich geöffnet, das französisch Schulsystem und das Familienleben. Auf Korsika konnte ich sofort wieder im Tourismus arbeiten. Nach einiger Zeit habe ich mich selbständig gemacht und eine Sprachschule eröffnet. Im Winter gebe ich den korsischen Kindern Englischunterricht und im Sommer den deutschsprachigen Kindern und auch Erwachsenen Französischunterricht. Ich habe mich nach zwölf Jahren sehr gut in Frankreich (und auch Korsika) eingelebt und deshalb auch die Französische Nationalität beantragt. Ich habe nun seit zwei Jahren die doppelte Staatsangehörigkeit und fühle mich auch wirklich franco-allemand oder deutsch-französisch.

Welche Rolle spielt Geld in der Gesellschaft in Frankreich? Was würdest Du sagen?

Über Geld wird in Frankreich nicht wirklich offen gesprochen. Auch Fragen über das Gehalt sind nicht üblich. Wie in jeder Gesellschaft, gibt es alle sozialen Schichten. Geld ist wie in Deutschland wichtig und notwendig. In Frankreich ist es aber noch so, dass man arbeitet, um zu leben und nicht lebt, um zu arbeiten.

ein Artikel von
Michael André Ankermüller
Michael lebt in Berlin, beschäftigt sich gerne mit Wirtschafts- und Finanzthemen und arbeitet als Journalist, Blogger, Autor sowie Berater für Digitale Medien. 2014 gründete er das sehr erfolgreiche Blogazine Blog.Bohème.