Blaues Gold

Wie aus Wasser ein lukrativer Rohstoff wurde

von Moritz Weinstock

Wir müssen nur den Wasserhahn aufdrehen und es kommt unbegrenzt und gefühlt gratis aus der Leitung. Dass das eine Ausnahme ist, zeigt eine spannende arte-Dokumentation.

Der Lockdown macht uns zu schaffen, dafür entschädigt das Wetter seit Wochen mit Sonnenschein. Sehr zum Leidwesen der Landwirte und der Natur. Ja, schon jetzt herrscht in Deutschland erhöhte Waldbrandgefahr. Denn der Winter war in diesem Jahr erstaunlich Niederschlagsarm. Laut dem Deutschen Wetterdienst lag der Temperaturdurchschnitt im Januar bei gerade einmal 3,3 Grad Celsius – und folglich fast 3 Grad Celsius unter dem Wert der Vergleichsperiode zwischen 1981 und 2010. Zudem regnete oder schneite es im Januar 30 Prozent weniger als üblich.

Nicht mehr frei verfügbar

Es wird also trockener, der Klimawandel macht sich zunehmend bemerkbarer – auch bei uns. Doch während wir in Deutschland unverändert den Wasserhahn aufdrehen können, um uns Trinkwasser aus der Leitung zu lassen oder damit zu duschen, sieht es in anderen Länder der Welt völlig anders aus.

Neben Australien, das zu Beginn des Jahres von einigen der schlimmsten Waldbränden in der Geschichte des Landes heimgesucht wurde, ist die Wasserversorgung beispielsweise auch in Großbritannien und Frankreich seit vielen Jahren bereits ein privater Hand. Heißt: Gewinnorientierte Konzerne sorgen für die Verteilung des knappen Guts – und verdienen Geld damit.

Extrem wertvolles Grundnahrungsmittel

In einer aktuellen Dokumentation des deutsch-französischen Kultursenders arte wird dargestellt, inwieweit Wasser bereits „Im Visier der Finanzhaie“ steht. Dabei gilt die australische Stadt Adelaide als „Versuchslabor“, an deren Universität die Idee entstand, Wasser zu vermarkten.

Der Grundgedanke: Ein ohnehin begrenztes, aber bisher nahezu kostenloses, frei verfügbares Gut soll endlich einen Wert erhalten. Die Zeit des Überflusses, um es in den Worten des Ökonomen Mike Young zu sagen, gehört der Vergangenheit an.

Mit einer steigenden Weltbevölkerung nimmt auch der Bedarf an Wasser zu. Schon heute wird 70 Prozent der Wasservorkommen für unsere Nahrungsmittelproduktion verwendet. Auch deshalb muss zukünftig äußerst sparsam damit umgegangen werden – was nur geht, wenn es einen Preis hat.

Klimawandel gleich Marktvariable?

Heute ist Wasser längst zu einem milliardenschweren, weltweit gehandelten Rohstoff geworden. Wenn es in gewissen Gebieten regnet, sinkt dort der Preis für Wasser an den Börsen und umgekehrt. Per App können Bauern in Australien beispielsweise, wenn sie über Geld verfügen, Wasser kaufen. Erst wenn sie bezahlen, öffnen sich die Schleusen zu ihren Feldern. Für viele ist das der einzige Weg, um an das lebensnotwendige (zum Beispiel für ihre Kühe) Gut zu kommen.

Doch nicht nur das: Auch Investoren, Großanleger, Fonds und sogar du selbst können in Wasser investieren. Denn je mehr private Unternehmen in die Wasserversorgung einsteigen, desto besser lässt sich der Preis dafür regulieren und weltweit wie Rohöl oder Holz vermarkten.

Fazit

„Ob Goldman Sachs, HSBC, UBS, Allianz, Deutsche Bank oder BNP: Banken, Investmentfonds und Hedgefonds stürzen sich auf alles, was mit dem blauen Gold zu tun hat“, heißt es in der Beschreibung der Dokumentation.

Schlussendlich bleibt jedoch eine Fragen offen: Muss Wasser unantastbar bleiben? Der Film von Jérôme Fritel geht dieser Frage auf spannende Weise nach und lässt dabei alle Seiten zu Wort kommen. Vom Farmer bis zum Broker werden Meinungen eingeholt und Positionen dargelegt. Auf diese Weise bleibt es jedem selbst überlassen, sich ein Urteil über diese Entwicklung zu bilden.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.