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Wie glücklich macht Geld?

Warum Happiness-Flashbacks dabei helfen, bessere ManagerInnen zu sein

von Frank Behrendt

Ich war, bin und bleibe ein neugieriger Mensch. Für mich funktioniert das oft und überall postulierte Mantra „lebenslang lernen“ in der Praxis am Ende nur dann, wenn man sich eine kindliche Neugierde bewahrt. Also interessieren mich traditionell Menschen und Dinge, wenn sie nicht dem üblichen Standard entsprechen.

Bei einer meiner ersten beruflichen Stationen hatte ich eine Chefin. Sie war eine wunderbare Vorgesetzte, von der ich extrem viel gelernt habe. Sie forderte viel, aber förderte ihre Crew auch nach Kräften. Vor allem war sie argumentativ ebenso stark wie als Persönlichkeit, was gegenüber den ansonsten ausschließlich männlichen Kollegen auf ihrer Ebene, die damals eine Frau in einer höheren Position eher belächelten, extrem hilfreich war. Als ich ihr einmal bei einem Feedbackgespräch gegenübersaß, erregten zwei Dinge meine Aufmerksamkeit: Ein kleiner Holzrahmen, der mit Sand gefüllt war und in dem zwei Muscheln lagen. Zudem ein kleiner geschnitzter Elefant aus Holz, der neben dem Mini-Sandkasten stand. Ich fragte interessiert, was es mit den Gegenständen auf sich hatte. Sie lächelte und nahm die beiden wunderschönen Muscheln aus dem Rahmen. „Die haben mein Mann und ich in unserem ersten Urlaub am Strand gefunden“, erklärte sie mir. 

„Wenn ich sie sehe, habe ich sofort ein gutes Gefühl, egal was der Tag sonst so mit sich bringt.“ Ich verstand sie sofort und nickte. „Der kleine Elefant ist ein Geschenk meines verstorbenen Vaters“, sagte sie und ihr Blick wanderte zum Fenster. „Er liebte Elefanten, aufgrund ihres sozialen Verhaltens in der Herde.“ Das kleine geschnitzte Rüsseltier erinnerte sie an ihren Papa aber auch daran, immer empathisch in Gemeinschaften zu sein – auch als Chefin im Team. Und das war sie. Selten habe ich jemanden wie sie erlebt, die mit soviel Sensibilität ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lesen konnte. Sie spürte, wenn einen etwas bedrückte, nahm sich Zeit, ging mit einem Teammitglied schon „mal eine Runde um den Block“ wie sie gerne sagte. Im One-To-One wurden persönlich Probleme besprochen und Lösungen entwickelt. 

Als sie die Firma verließ, um anderswo eine höhere Stufe zu erklimmen, war die Crew todunglücklich. Wir schenkten ihr zum Abschied ein Bild mit einer Elefantenherde. Da hatte sie Tränen in den Augen. Ein paar Monate später kündigte ich auch und wechselte den Arbeitgeber. Der Nachfolger der Vorzeige-Chefin war ein lauter Zampano, ihm zu folgen machte weder Spaß noch Sinn. Als Erinnerung an diese prägende Zeit habe ich ihren Ansatz kopiert, mir kleine Gegenstände als emotionale Reminder auf den Schreibtisch zu stellen. Mein früherer Coach Bertold Ulsamer war begeistert. Er war der festen Überzeugung, dass „Anker“, wie er es in seiner psychologischen Diktion nannte, einen großen Wert haben, um uns positive Impulse im Arbeitsleben zu geben. Er verglich es mit einer Vitaminspritze, um neue Energie zu bekommen. Das Flashback löst einen Schub von Glückshormonen aus, die zum Beispiel die Kreativität befruchten. Dabei ist es sehr unterschiedlich, wie Menschen sich gedanklich an schöne Momente zurückbeamen. Für die einen ist es ein Familienfoto aus dem Urlaub, für andere ein Bild vom weiten Meer, mein Steuerberater hat ein kleines Modell seines geliebten „Riva“ Bootes auf dem Schreibtisch stehen. Wenn er den Rolls-Royce unter den Motoryachten anschaut, bekommt sein Blick etwas verklärtes. 

Bei meinem letzten Termin hat er mir die gesamte Geschichte des legendären italienischen Bootsbauers vermittelt, so dass ich kurz davor war, mir selbst ein solches Schiff zu kaufen – die anschließend auf dem Computer zu erwartende Steuernachzahlung riss mich dann aber aus diesem Tagtraum. Auf meinem Schreibtisch steht seit Jahrzehnten ein kleiner gelber Matchbox-Jeep mit einem sich drehenden Löwen auf der Ladefläche. Das alte Spielzeugauto stammt aus der Zeit, als die TV-Serie „Daktari“ populär war. Mein Bruder und ich waren fasziniert von dem mutigen Wildhüter in Afrika, der sein Leben dem Schutz der wilden Tiere verschrieben hatte. Mich erinnert der Jeep an meine glückliche Kindheit in Brasilien, die gelbe Farbe ist für mich Reminder an sonnige Strandtage. Wenn es hier grau wird, hilft ein kurzer Blick auf das Auto, auf den weisen Yoda aus StarWars und mein ewiges Idol als Teamleader – Captain Kirk – um mich sofort positiv zu inspirieren. Der Schriftsteller Jean Paul hat geschrieben: „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“ Deswegen kann ich nur empfehlen, sich regelmäßig in Gedanken in eine persönliche Glücksoase zu begeben.

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.