Auf dicke Hose gemacht

5 Lebensmittel, deren Verpackungen dich richtig hinters Licht führen

von Moritz Weinstock

Mogelpackungen sind in der Welt der Lebensmittel keine Seltenheit. Aber diese fünf Produkte, zusammengestellt von Foodwatch, sind an Dreistigkeit kaum zu überbieten.

Werbung ist die Kunst auf den Kopf zu zielen und den Geldbeutel zu treffen“, sagte einst der US-amerikanische Publizist Vance Packard – und es stimmt. Denn in den seltensten Fällen offerieren Unternehmen uns das wirklich Wichtige, das absolut Notwendige für ein gesundes und vielleicht sogar nachhaltiges Leben. In der Mode nicht, in der Schönheitsindustrie nicht und auch nicht im Bereich der Lebensmittel. In erster Linie wollen sie unser Geld, dein Geld.

Das Non-Plus-Ultra ist es, ein Produkt anzubieten, das man nicht braucht, aber trotzdem haben will, wie das neuste Phone beispielsweise. Das ist der heilige Gral des Kapitalismus und die hohe Kunst der Werbewelt. Vom neuen Auto bis hin zum Bio-Super-Food-SaftÜberall wird um deine Aufmerksamkeit gerungen und auf deine Kauflust abgezielt. Werbeslogans wie „Jetzt mit 1.000 Euro Kaufprämie“ oder „verbesserte Rezeptur“ und „noch mehr Inhalt“ sind gern gewählte Methoden, um deiner Konsumentengunst Herr zu werden.

Foodwatch kennt die wahren Lügner

Damit du also im Supermarkt nicht mehr auf die Tricks der Werbetreibenden hereinfällst und dort zuschlägst, wo der Slogan am besten, aber der Preis am höchsten ist, hilft ein Blick auf die Website von Foodwatch. Denn hier werden nicht nur Miss-Stände aufgezeigt, genaue Informationen zu den Inhaltsstoffen kritischer Produkte beschrieben und politische Maßnahmen, beispielsweise in Bezug auf den Wurst-Skandal beim Produzenten Wilke, gefordert. Jedes Jahr kürt Foodwatch zusammen mit den Usern auch die größten Lügner aus der Welt der Lebensmittelprodukte. In diesem Jahr „kämpfen“ fünf Kandidaten um den „Goldenen Windbeutel 2019“.

1
Hipp: Direktsaft Karotte Bio

Aufgepasst, denn die neue Vorteilsgröße dieser Babynahrung von Hipp, um im Sprech der Werber zu bleiben, wirbt nun mit schlanken 330 Milliliter, statt unhandlichen 500. Grund genug, den Preis anzuziehen, und zwar um amtliche 95 Prozent! In absoluten Zahlen heißt das: 500 Milliliter für 1,05 Euro, 330 Milliliter für 1,35 Euro. Auf den Liter gerechnet ergibt sich somit ein Preis von 4,50 Euro! Für diesen Preis gibt es auch handgepressten Apfelsaft vom Bauernhof.

2
REWE Beste Wahl: Wasabi Erdnüsse

Beste Wahl? Bei den Wasabi Erdnüssen von REWE wird genau dieser Slogan hart in Frage gestellt. Denn Verpackungsfarbe und Produktbeschreibung „scharf gewürzt“ stehen in einem krassen Kontrast zur eigentlichen Verwendung des edlen japanischen Gewürzes Wasabi. In Wahrheit ist es nämlich nur zu 0,003 Prozent vorhanden, die eigentliche Farbe sowie der Geschmack der Nüsse wurde synthetisch hergestellt. Hinweise darauf finden sich aber nur im Kleingedruckten auf der Rückseite, wo von „Aroma Typ Senf“ und „Kupferkomplexe der Chlorophylle und Chlorophylline“ die Rede ist.

3
Corny: Protein Lower Carb Schoko

Superfood, Proteinnahrung, Low Carb – Begriffe, die nicht nur Bodybuildern und Profisportlern ein Begriff sind. Super-Ernährung ist längst im Mainstream angekommen und jeder, der heute mit ähnlichen Begriffen wirbt, scheint einen höheren Absatz erzielen zu können. Corny versucht mit dem Protein Lower Carb Müsliriegel genau auf diesen Zug aufspringen zu wollen. Weniger Kalorien, mehr Protein, so die vermeintlich gesunde Tour. Die nackte Realität: „Der Riegel besteht jedoch zu 24 Prozent aus Zucker und zu 13 Prozent aus Fett. Der Kohlenhydratanteil liegt trotz „Lower Carb“ bei 40 Prozent.“

4
Zwergenwiese: Kinder-Tomatensauce Bio

Gut ist, was Bio ist, so der allgemein unaufgeklärte Tenor. Dass dem nicht stets so ist, beweist auch der Bio-Hersteller Zwergenwiese. Denn die speziell für Kinder entwickelte Tomatensauce weißt deutlich mehr Zucker auf, als dies laut WHO für Heranwachsende gut ist. Zudem verschleiert bzw. beschönigt der Hersteller den Zuckeranteil von 11 Prozent in seiner Kindertomatensauce mit dem Hinweis, er würde nur aus Apfeldicksaft stammen und sei somit natürlichen Ursprungs. Fakt ist, Zucker ist Zucker und im Vergleich zu herkömmlichen Tomatensaucen des gleichen Herstellers (z.B. Taditionale, 4,6 Prozent Zucker) ist „ausgerechnet die Kinder-Tomatensauce mit Abstand die zuckrigste“, so Foodwatch.

5
Yakult: Yakult Original

Mit wissenschaftlichen Informationen angereichert, brüstet sich Yakult damit „einen Beitrag zur Gesundheit und Zufriedenheit der Menschen auf der Welt“ zu leisten. Die Realität sieht laut Foodwatch anders aus. Denn obwohl, wie das Unternehmen wirbt, jedes ihrer kleinen Milchfläschen rund „6,5 Milliarden einzigartiger Shirota Milchsäurebakterien“ enthalten würde, sind die Effekte auf die Gesundheit bzw. eine verbesserte Darmflora wissenschaftlich nicht belegt. Auf den Liter hochgerechnet kostet diese Form der Pseudo-Wissenschaft übrigens 8,40 Euro. Über so einen Milchpreis würden sich Bauern freuen.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.