Kürzlich waren wir an einem Sonntag wandern. Außerhalb der Stadt. Da, wo kaum jemand unterwegs ist. Maske ab und genießen. Ein kleines bisschen so wie früher. Wir umrundeten einen idyllisch gelegenen See am Niederrhein, irgendwo in der Nähe wurde der Ex-Kicker und Bundestrainer Berti Vogts geboren.
Wir trafen lange Zeit niemanden. Irgendwann passierten wir eine malerische Einfahrt. Ich machte ein Foto, weil mich der Weg und die Bäume an einen Ort aus meiner Kindheit erinnerten. Ein Mann mit seinem Rechen trat auf mich zu, wir kamen ins Gespräch. Er hat vor vier Jahren seinen Job gekündigt, hatte sein Haus verkauft, die Kinder waren aus dem Haus. Er zog mit seiner Frau in ein kleines Holzhaus im Wald. Sie versorgen sich jetzt weitgehend selbst.
Er berichtete voller Stolz von einem Gemüsegarten, Hühnern, einem selbst angelegten Kartoffelacker. Sein ehemals schnittiger Dienstwagen war einem in die Jahre gekommenen kleinen Trecker gewichen. Gesund sah er aus, ein bisschen wie der beliebte Schauspieler Horst Janson, der sich auch im Alter eine jungenhafte Attitüde bewahrt hat.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich mit so wenig so happy bin“, sagte er und seine Augen blitzten. Wir gingen weiter und sprachen mit den Kindern darüber. „Kann man leichter auf etwas verzichten, wenn man alles hatte?“ fragte mein Sohn. Gute Frage. Ich kenne viele, die darunter leiden, weil ihre finanziell besten Zeiten hinter ihnen liegen. Sie hadern mit ihrem Schicksal, geben anderen die Schuld. Vielleicht ist es menschlich.
Mir ging der Mann mit der Harke, der da so zufrieden in seiner schönen Einfahrt stand, nicht aus dem Kopf. Auf dem Rückweg begegneten wir ihm wieder. Er saß am Steuer seines roten Traktors, eine fröhliche Frau mit Kopftuch saß auf dem Sitz oberhalb der linken Radabdeckung neben ihm. „Die Armen haben bestimmt kein richtiges Auto“, bemerkte meine kleine Tochter. Mein Mitleid hielt sich in Grenzen, ich hatte das richtig gute Gefühl, dass sie mit sich und ihrer Welt sehr im Reinen waren.