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Wie glücklich macht Geld?

Ziele: Nicht groß vornehmen, sondern klein umsetzen

von Frank Behrendt

Das Jahr 2021 biegt mit großen Schritten auf die Zielgerade ein, das neue naht. Höchste Zeit für eine Bilanz und einen Blick voraus, idealerweise mit ein paar Zielen. Vorab macht allerdings eine Bestandsaufnahme Sinn, um eine optimale Absprungrampe zu bauen. „Erst zurückschauen, dann vorausblicken“, hat uns mein früherer Rudertrainer Helfried Radeker zu Beginn unserer Workshops für die Saisonvorbereitung immer mit auf den Weg gegeben.

Das habe ich nie vergessen und halte es immer noch so. Nehmt euch doch auch Zeit für euch, an einem ruhigen Ort, mit einem feinen Kaffee oder Tee. Notiert analog oder digital, aber gnadenlos ehrlich: Was hat dieses Jahr geprägt? Welche Erfolgserlebnisse sind haften geblieben? Was hat besonders viel Spaß gemacht? Was hätte besser laufen können? Was hat extrem genervt? Die Antworten weisen den Weg zur Zielsetzung 2022.

Dabei solltet ihr nicht reflexartig in eine Elon Musk „Think Big“ Attitüde verfallen, sondern eine Nummer kleiner planen. Bekanntlich lösen sich viele gute Vorhaben genauso schnell wieder in Luft auf, wie die Silvesterraketen am letzten Tag des alten Jahres früher, vor dem Böllerverbot, in den Himmel gezischt sind. Wenn es dabei um Vorsätze geht, die lediglich den eigenen Kosmos betreffen, mag das anschließende Einkassieren der vollmundigen Ansagen noch ohne größere Kollateralschäden über die Bühne gehen. Sind aber andere, zum Beispiel Partner oder Kinder betroffen, wird die Angelegenheit deutlich komplizierter.

Ankündigungen wie: „Ich komme im neuen Jahr öfter früher nach Hause“ oder „Ich kümmere mich künftig mehr um die Kinder“ klingen vielversprechend, sorgen aber für große Enttäuschungen, wenn sie nicht umgesetzt werden. Das Arbeits- und auch das Privatleben bestehen zumeist aus eingefahrenen Prozessen, die man nicht mal eben auf Knopfdruck umprogrammieren kann. Der gute Vorsatz für das neue Jahr ist am Ende ein umfangreiches Change-Projekt.

Genau so eines, wie es Unternehmen dauernd durchziehen. Relevante Veränderungen gehen nirgendwo von jetzt auf gleich und auch nicht reibungslos über die Bühne. Man braucht einen langen Atem und es muss intensiv mit allen Beteiligten kommuniziert werden. Veränderungsprozesse brauchen zudem einen klaren Projektplan, am besten einen der kleinen Schritte mit entsprechenden Milestones.

Ich habe vor Jahren mal den Satz: „Nicht groß vornehmen, sondern klein umsetzen“ zum Besten gegeben, der klingt immer noch gut. Statt der großen Welle lieber ein kleines Bächlein, aber das sollte dann auch nachhaltig rauschen. Zum Beispiel erst einmal an einem Tag in der Woche konsequent um Punkt 18:00 Uhr zu Hause sein, egal was kommt. Oder einen Abendtermin mit dem Partner genauso fix und langfristig planen wie eine Konferenz und dann auch nicht verschieben – macht man im Job ja auch meist nicht, weil kurzfristig etwas angeblich Wichtigeres dazwischenkommt.

Wer auf einem höheren Level der Erkenntnis angekommen ist weiß, dass Privates auch eine hohe – wenn nicht sogar die höchste – Bedeutung genießen sollte. Was wir allerdings auch oft vergessen: Im Job messen wir alles und jeden. Mit den tollsten KPIs. Warum sollte das mit den gewünschten persönlichen Veränderungen nicht auch möglich sein? Das Check-up-Gespräch findet dann nicht mit dem Vorgesetzten, sondern mit dem Partner, mit Freunden oder mit den Kindern statt. Wird eingehalten, was ich versprochen habe? Wenn ja, gibt es auch nach Silvester direkt wieder einen guten Grund, die Korken knallen zu lassen. Wenn nicht, muss nachgebessert werden.

Am besten schreibt man die Ziele auf, schließt einen „Vertrag“ mit Partner und/oder Familie. Im Job machen wir das schließlich auch, es ist gelernt und die Hemmschwelle, Dinge nicht einzuhalten, steigt durch die schriftliche Fixierung. Bei optimalen Change-Prozessen, die versierte Consultants ihren Kunden einflüstern, gibt es immer tolle Zeitpläne mit den berühmten Milestones. Warum nicht auch im Privaten? Die lassen sich auch im fröhlichen Design gestalten, die Kinder helfen da als digital natives sicher gerne. Ein bunter Plan – idealerweise an der Magnetwand in der Küche aufgehängt oder als Bildschirmschoner auf dem Notebook eingestellt – sieht nicht nach harter Arbeit aus. Das Lächeln, das sich beim fortwährenden Betrachten einstellt, erleichtert die nachhaltige Umsetzung. Und wieso sollte es nicht auch Incentives geben? Für mich gab es mal in jedem Quartal beim Feedback-Gespräch ein kleines LEGO Auto – bei entsprechender Zielerreichung. Wer mich kennt weiß, dass ich diese Bausätze liebe. Kein Wunder, dass ich sie mir mit leidenschaftlichem Einsatz alle gesichert habe. Ich wünsche euch einen erfreulichen Jahresausklang und einen tollen Start ins neue Jahr – macht mehr draus.

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.