Brexit

Wird Großbritannien nach dem Brexit jetzt zum Schnäppchenparadies?

von Nils Matthiesen

Hat Großbritanniens Austritt aus der EU auch gute Seiten, zum Beispiel für Schnäppchenjäger? Tatsächlich kann sich der Blick über den Kanal jetzt lohnen – wenn du folgende Dinge beachtest.

Am 31. Januar 2020 haben die Briten die Europäische Union verlassen und damit nach fast vierjährigem Hin und Her ihren Volksentscheid vom 23. Juni 2016 umgesetzt. Zumindest für passionierte Schnäppchenjäger hat der Brexit etwa Gutes. Ihr Kalkül: Das britische Pfund könnte weiter sinken – und England sich so zum Einkaufsparadies entwickeln. Bislang geht die Rechnung aber leider nicht hundertprozentig auf.

Großbritannien: Stabile Chance auf Schnäppchen

Die gute Nachricht vorweg: Wer bei britischen statt deutschen Online-Shops bestellt, kann tatsächlich viel Geld sparen. In einigen Fällen – wie beim PC-Spiel „Die Sims 4“ – beträgt die Ersparnis sogar fast 60 Prozent. Die schlechte Nachricht: Echte Schnäppchen finden sich auf der Insel aus deutscher Sicht eher selten. Unterm Strich verkaufen britische Online-Händler nur gut jedes vierte Produkt (27,4 Prozent) günstiger als deutsche Händler. Dies zeigt eine Stichprobe des Verbraucherforums mydealz, das die Preise von 1.440 Produkten aus 72 Warengruppen miteinander verglichen hat. Ein Grund: Das britische Pfund hat nicht so stark gegenüber dem Euro verloren wie prognostiziert.

Vor allem Games günstiger

Nichts desto trotz sollten vor allem Gamer und Smartphone-Interessierte einen Blick über den Kanal werfen. 15 der zwanzig Smartphones, die bei Amazon auf der Bestseller-Liste standen, konnten die Tester von mydealz bei britischen Online-Shops günstiger bestellen. Im Schnitt konnten sie so 4,6 Prozent bzw. 15,43 Euro sparen. Ähnlich hoch war die „Schnäppchendichte“ bei Xbox One-Spielen und -Konsolen. 14 von zwanzig Xbox One-Spielen und -Konsolen (70,0 Prozent) waren bei britischen Internethändlern preiswerter als bei deutschen. Die durchschnittliche Ersparnis war hier mit 4,4 Prozent (2,73 Euro) allerdings überschaubar.

Auch Computerspiele gibt’s oft günstiger, zwei von drei Titeln waren bei der Stichprobe bei britischen Online-Shops günstiger als bei deutschen Internethändlern. Bei Playstation-Konsolen und -Spielen stehen die Chancen 50:50, dass man ein Schnäppchen bei einem britischen Online-Shop findet. Die PlayStation-Games „Assassin’s Creed Odyssey” (21,0 Prozent, 4,72 Euro) und „Kingdom Hearts III“ (30,6 Prozent, 5,62 Euro) waren bei britischen Online-Shops deutlich preiswerter als bei deutschen.

Darauf musst du beim „Brexit“-Shopping achten

Bevor du bei einem britischen Händler bestellst, solltest du allerdings einige Dinge beachten. Andernfalls kann sich ein Schnäppchen schnell als Kostenfalle entpuppen.

  • Versandgebühren: Die Versandkosten können je nach Größe und Gewicht der bestellten Ware ziemlich happig ausfallen. Bei der Stichprobe berechnete Amazon für den Versand einer DVD beispielsweise 3,61 Pfund, für den Versand eines Drucker 10,64 Pfund und für den Versand eines Fahrrads sogar 27,10 Pfund. Wie viel du für den Versand zahlen musst, erfährst du allerdings oft erst spät im Bestellprozess.
  • Lieferzeiten: Wenn du es eilig hast, solltest du besser nicht in Großbritannien bestellen. Für die Lieferung musst du mit fünf bis sieben Tagen rechnen.
  • Wechselkurse: Wenn du per Kreditkarte oder PayPal in Pfund bezahlen möchtest, gilt der Wechselkurs der jeweiligen Bank bzw. von PayPal. Je nach Bank kann dieser Kurs unterschiedlich hoch ausfallen. Bei Kreditkarten kommen noch Fremdwährungsgebühren obendrauf. Informiere dich daher vorher genau, welche Zahlungsart am günstigsten ist.
  • Zoll: Großbritannien ist zwar am 31. Januar 2020 aus der EU ausgetreten, bis zum Jahresende läuft aber noch eine Übergangsfrist. Sprich: Bis Ende 2020 verzichtet Deutschland auf Zollgebühren.
  • Widerrufsrecht: Das Gleiche gilt für das EU-Widerrufsrecht. Du kannst also in diesem Jahr noch ohne Angabe von Gründen die Bestellung widerrufen und den Artikel zurückschicken. Der Händler ist in dem Fall verpflichtet, dir den Kaufpreis zurückzuerstatten.
  • Retouren: Allerdings musst du im Fall eines Widerrufs oder bei einem Umtausch die Versandkosten tragen. Das kann teuer werden. Nur wenn die Ware mangelhaft ist, kommt der Verkäufer fürs Porto auf.
  • Normen: Wer du Elektronik in Großbritannien bestellt, muss dir bewusst sein, dass die Briten einen anderen Stromstecker nutzen. Entsprechend brauchst du einen Adapter. Auch bei Tastaturen gibt es Unterschiede.

Fazit

Es kann sich in speziellen Fällen rechnen, in Großbritannien zu bestellen. Die Ersparnis sollte aber wirklich groß sein, um die Nachteile in Sachen Aufwand, Lieferzeiten und Umtausch auszugleichen.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.