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Besondere Orte

Willkommen in Limassolgrad

von Kirsten Reineke

London war gestern, heute lassen es sich die Oligarchen in Limassol gut gehen. ZASTER erklärt, warum die zyprische Stadt am Mittelmeer so attraktiv für die russischen Superreichen ist. Und vor allem, was sie dort so treiben…

Limassol an der Südküste Zyperns. Die traumhafte Stadt am Mittelmeer liegt direkt in der Bucht von Akrotiri. Rund 200.000 Menschen leben hier. Darunter, so schätzt man, circa 1.000 russische Oligarchen. Doch warum zieht Zypern, das seit dem Bankenkollaps 2013 ja eher weniger für Reichtum und Geld bekannt ist, die schwerreichen Russen an?

Wenn man das Wort Oligarch hört, denkt man erstmal an viel, viel Geld. Dann an Moskau. Und dann an London. Doch Londongrad, wie es böse Zungen nennen, ist out. Mehr oder weniger. Die Oligarchen wollen jetzt nach Limassol. Denn dort können sie sich ganz einfach einen Zyprischen Pass kaufen. Das hat die Zeitung „The Guardian“ erst vor kurzem in einem umfassenden Bericht geleaked. Mit diesem Pass, die Russen nennen ihn auch „golden visa“, verschaffen sie sich Einreisefreiheit in die gesamte EU. Das Geld der Russen sorgt dafür, dass die zyprische Stadt fast als einzige des Landes floriert. Supervillen und Megayachten schmücken das Stadtbild und den Hafen. Kein schlechtes Geschäft für die Familie des Präsidenten Nikos Anastasiadis.

Seit 2013 besteht das „golden visa“ Programm. Im Jahr sollen ungefähr 400 Pässe auf diese Weise ausgestellt werden. Der Kostenpunkt? Der potenzielle Neuzypriot muss anscheinend entweder zwei Millionen Euro in Immobilien investieren oder zweieinhalb Millionen in zyprische Unternehmen oder Staatsanleihen. Das zahlt der gut betuchte Oligarch gerne aus der Portokasse. Für die Zyprioten hingegen ist das leicht verdientes und dringend benötigtes Geld. Das Problem: Ohne Grenzkontrollen in der EU können die Oligarchen ihr Geld schön von einem Ort zum nächsten bringen, ohne sich rechtfertigen zu müssen, woher es kommt. Ihr in Russland meist nicht so ganz legal verdientes Geld bringen sie meist über Zypern nach London, wo es erstmal geparkt wird. Dort dürfen Eigentümer von Immobilien nämlich anonym bleiben, das Geld kann also nicht mehr nachverfolgt werden. Oder noch besser: die zyprischen Banken bewahren es gleich selbst für sie auf. Clever! Aber eigentlich nennt man das auch Geldwäsche. Wer sich einen schwerreichen Typen angeln will, sollte auf jeden Fall einen Trip nach Limassol buchen. Flüge gibt es 400 € hin und zurück. Ein gutes Investment in eine reiche Zukunft.

ein Artikel von
Kirsten Reineke
Kirsten Reineke, Jahrgang 1983, ist freie Journalistin in Hamburg.