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GENERATION KEINE RENTE

Wie uns ein unterfinanziertes Rentensystem in eine Welle der Altersarmut treiben wird

von Pauline Brinkmann

Bei vielen Menschen macht sich, wenn sie an ihre Zukunft, im Besonderen an ihre Rente denken, ein Gefühl der Unsicherheit breit. Betrachtet man unsere Bevölkerungsstruktur ein Ticken genauer, so wird schnell ersichtlich, dass das mit der Rente, zumindest in der bisherigen Form nicht mehr lange gut geht. Sofern man bei solch hohen Zahlen der bereits heute an Altersarmut leidenden Männern und Frauen, überhaupt von gut gegangen sprechen möchte.

Das Problem ist, dass sich Altersarmut zumindest in ihrer bedrohlichen Gesamtheit nicht in unserem Büro, in der Uni oder der Ausbildungsstätte zeigt, sondern traurigerweise vielmehr ein Phänomen ist, welches maximal an Bahnhofsmülleimern oder in der Schlange zur Essensausgabe ersichtlich wird. Möglicherweise war und ist dies ein Grund für die jahrelang anhaltende Scheuklappenpolitik vergangener Regierungen. Bis heute liegt kein konkreter Lösungsvorschlag auf dem Tisch, der unser 130 Jahre altes Rentensystem reformieren könnte.

Doch schauen wir uns die Geschichte des Rentensystems und seine Relikte mal etwas genauer an. Im Mai 1889 wurde unter der Führung Otto von Bismarcks das Gesetz zur Alters- und Invaliditätsversicherung eingeführt. Dieses verpflichtete alle Arbeiter zwischen 16 und 70 Jahren von dort an in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.

Die erste und bislang einzige grundlegende Rentenreform folgte dann im Jahre 1957 (!). Im Rahmen dieser wurde das zuvor durch Rücklagen finanzierte System zu einem umlagefinanzierten Rentensystem umstrukturiert. Der Gedanke dahinter ist ein Generationenvertrag, sprich die Jungen finanzieren die Alten. Doch diese Idee hat eine große Schwachstelle, welche in Zeiten von Babyboomern und Wirtschaftswunder nicht genug Berücksichtigung fand: der demographische Wandel. Unsere Gesellschaftsstruktur entwickelt sich angesichts abnehmender Geburtenraten zu einem immer dünner werdenden Trichter. Feststeht schon heute, dass sich im Jahre 2035, sofern es bei dem aktuellen Renteneintrittsalter von 67 Jahren bleibt, die Anzahl der Rentner in unserem Land noch einmal um ganze 22 Prozent erhöhen wird.

Schon heute im Jahre 2022 kommen noch lediglich 1,75 Beitragszahler auf einen Rentner, obwohl statistisch gesehen circa ein Fünftel der Menschen das Rentenaltern gar nicht erreicht. Experten zur Folge wird es bei einem Fortgang aktueller Entwicklungen 2050 nur noch 1,25 Beitragszahler pro Rentner sein. Im Jahre 1960 also drei Jahre nach der Rentenreform waren es noch ganze 6 Beitragszahler pro Rentner. Doch schon heute reicht eine reine Finanzierung durch Beitragszahler nicht mehr aus. Unser Rentensystem ist schon seit Jahren chronisch unterfinanziert. Auf Grund dessen werden die Rentenkassen jedes Jahr mit stolzen 25 Prozent (!), sprich knapp 100 Milliarden des Bundeshaushaltes bezuschusst.

Doch hier reiht sich auch schon das nächste Problem ein: Die Höhe der Rente ist extrem ungleich auf die verschiedenen Geschlechter verteilt. Da Frauen im Laufe ihres Berufslebens in der Regel deutlich weniger verdienen als Männer, steht ihnen am Ende des Tages leider auch nur eine niedrigere Rente zu. Hier sprechen wir von einer Gender Gap von sagenhaften 26 Prozent. Da diese krasse Ungleichbehandlung in den nächsten Jahren auszugleichen sein wird, kommen also noch höhere Kosten auf sowieso schon überlastetes System zu.

Vergegenwärtigen wir uns die Problematik anhand eines simplen Rechenbeispiels. Gehen wir von einer Person aus die keinerlei private Vorsorge getroffen hat und zu ihrem Renteneintritt im Jahr 2054 eine gesetzliche Rente von 2540 Euro brutto erhalten wird. Dann müssen wir davon zunächst die knapp 20 Prozent Steuern abziehen, sprich 508 Euro, so verbleiben 2032 Euro netto.

Dies mag auf den ersten Blick nicht nach Altersarmut klingen, doch Achtung das Problem heißt Inflation und dies kann auch durch die aktuelle Rentenanpassung nicht behoben werden.Eine Inflation wird es auch in Zukunft geben, denn diese ist seitens der EZB als geldpolitische Maßnahme explizit anvisiert. Die Europäische Zentralbank strebt dauerhaft eine Inflation von circa 2 Prozent an. Das die Inflationsrate diesen Richtwert auch mal übersteigen kann, haben wir in den letzten Monaten beobachten müssen. Doch geht man von einer Inflation von nur 2 Prozent aus, so verbleiben unserem Beispielsrentner zum Zeitpunkt seines Renteneintritts lediglich 1057,10 Euro.

Das heißt wir sollten spätestens jetzt die Alarmzeichen erkennen, statt uns blindlings auf die Politik zu verlassen und versuchen selbstständig vorzusorgen. Ratsam ist ein Investment in ETFs, Fonds oder andere Sparpläne mit geringen Risiken und einer soliden Rendite.

ein Artikel von
Pauline Brinkmann
Pauline studiert in Potsdam und Lausanne Rechtswissenschaften. Ihr besonderes Interesse gilt jedoch nicht Mietverträgen, sondern politischen und gesellschaftlichen Prozessen.