INNOVATIONEN

Wie Krypto-Kunst bedrohte Tiere rettet

von Pauline Brinkmann

Max Penk hat im Oktober diesen Jahres durch ein ganz besonderes Projekt von sich reden gemacht. Dies gelang ihm durch eine innovative Idee, die nicht nur den Puls der Zeit getroffen hat, sondern zugleich das Aussterben bedrohter Tiere auf der ganzen Welt verhindert. Dadurch gelang es dem WWF innerhalb von zwei Monaten durch den Verkauf sogenannter NFTs (Non-Fungible Tokens), sprich digitaler Kunstwerke, Einnahmen in Höhe von knapp 200.000 Euro (!) zu generieren. Dieses Geld kann dank ehrenamtlich arbeitender Künstler und einem gut durchdachten Prozess zu 100% in die verschiedenen Artenschutzprojekte der Organisation fließen.

Eigentlich ist Max hauptberuflich in der Werbung und Filmproduktion tätig, nebenbei hat er sich jedoch, wie er selbst sagt, schon immer für Innovationen im Technologiesektor begeistern können. Wir haben mit ihm über dieses großartige Projekt sprechen dürfen und uns erklären lassen, wie die zugrundeliegenden Prozesse ablaufen.

Wie kamst du auf das Thema NFTs?

Das Thema NFTs wurde im März diesen Jahres zum ersten mal so richtig in den Medien besprochen als der Künstler „Beeple“ bei Christies seine Kollektion für 69 Millionen US Dollar versteigerte. Daraufhin wollte ich dann genauer wissen, was es damit auf sich hat und warum ein einzelner Mensch damit so viel Geld verdienen kann. Gleichzeitig habe ich mich gefragt, ob man damit auch etwas Gutes tun kann. 

Was genau sind NFTs?

Durch NFTs kann man digitale Dateien, sprich Bilder, Videos oder Musiktracks einem Besitzer zuordnen. Dies funktioniert so, dass der Besitzer für alle sichtbar in die Blockchain geschrieben wird. Bei der Blockchain handelt es sich um ein universelles dezentrales Netzwerk über das auch Kryptowährungen wie Bitcoin und Co. laufen. Im Endeffekt sind NFTs also die Besitzurkunde für eine digitale Datei. 

Der Grund warum NFTs nun überwiegend mit Kunstbildern in Verbindung gebracht werden ist schlichtweg, dass die Kunstbranche, wenn es um Technologiethemen geht, immer sehr weit vorne mit dabei ist. NFTs sind für die Kunstbranche aus zwei Gründen sehr interessant, zum einen kann über die Historie zurückverfolgt werden, wer der Künstler ist und in wessen Besitz das Kunstwerk danach war. Zum anderen kann man sich sicher sein, dass es sich um ein Original handelt und keine Kopie ist. 

Wie kam Dir die Idee, diese NFTs zu Gunsten des Tierschutzes zu verkaufen?

Für mich war es am Anfang nicht so einfach zu verstehen, wie NFTs eigentlich funktionieren.  Letztendlich habe ich das Ganze dann mit meinen Katzen als Gleichnis sehr gut verstehen können. Ich habe drei Katzen, aber jede ist an sich auf ihre Weise einzigartig. Das heißt, wenn eine stirbt, dann kann ich sie nicht einfach durch eine neue Katze ersetzen und habe dann wieder die gleichen drei Katzen, sondern ich verliere praktisch den emotionalen Wert. Für mich war dieses Gleichnis mit Tieren so simpel, dass ich mir dachte, NFTs und Tiere, das liegt quasi auf der Hand.

Nachdem ich meine Idee dann immer weiter konkretisiert hatte, habe ich verschiedenen Parteien davon erzählt, darunter unter anderem dem WWF und der Agentur Publicis. Nachdem der WWF in Folge interner Beratungen dem Projekt zustimmte, ging es dann relativ schnell. Wir haben die Idee im Mai 2021 zum ersten Mal präsentiert und waren Ende Oktober 2021 sozusagen ready zum Launch. Im Zeitraum dazwischen mussten wir die Künstler finden, Verträge aufsetzen (bei denen sich gerade im Finanzsektor einige Fallstricke verbergen) und natürlich das Thema Krypto und Web3 bei einer der größten NGOs weltweit von Grund auf neu einführen. Die Umsetzung der gesamten Kampagne inklusive Webseite und Kommunikation wurde dann durch die Agentur Publicis durchgeführt. 

Wo liegen die Intentionen Eurer Käufer? Wird vornehmlich aus Anlagegründen oder doch eher zum Wohle des Tierschutzes gekauft?

Tatsächlich ist es so, dass einige unserer Käufer vorher noch nie ein NFT gekauft hatten. Deswegen haben wir davor über die verschiedenen Social-Media-Kanäle ordentlich Werbung und Aufklärung zu diesem Thema betrieben. Außerdem ist der Kaufprozess selbst sehr simpel gestaltet, im Endeffekt kannst du dir bei uns mit einer Kreditkarte ein NFT kaufen. Denn wir haben einen Prozess aufgesetzt, bei dem du dir mit einem Klick ein Wallet anlegen kannst und mit dem nächsten Klick deine Kreditkarte angeben kannst, sodass du dir im Anschluss direkt ein Tier kaufen kannst. Ich würde vermuten, dass es schlussendlich 70:30 war. Sprich 70% der Käufer waren schon mal in Kontakt mit Krypto und 30% waren absolute Neukäufer.

Vielleicht sehen manche Käufer darin ein Anlageprojekt, trotzdem würde ich behaupten, dass sich viele Käufer auch mit dem Thema Tierschutz gut identifizieren können. Denn es wird ganz klar überall kommuniziert, dass die Erlöse des Verkaufs direkt dem Tier- und Artenschutz zugute kommen.

War es wichtig für Euch, dass die Künstler auch von ihren Inhalten her zu dem Projekt passen?

Ja wir haben auf jeden Fall bei allen den klassischen Backgroundcheck gemacht. Unsere Künstler sind häufig Menschen, die sich bereits selbst im Bereich Artenschutz oder Nachhaltigkeit engagieren oder sogar schon Tierkunstwerke produziert haben. Außerdem stellten die Künstler ihre Bilder ehrenamtlich zur Verfügung, weswegen sie sowieso in der Regel ein persönliches Interesse am Thema Artenschutz haben.

Ist es kompliziert einen NFT zu erstellen? Und laden die Künstler ihre Kunstwerke selbst hoch?

Im Prinzip ist ein NFT ein Zusatz zu einer digitalen Datei und das kann erstmal alles sein, sprich ein JPG oder ein MP4. Diese digitale Datei ist dann der Ausgangspunkt, den du benötigst, um ein NFT herzustellen. Die Datei „minest“ du dann, das bedeutet, dass die Datei mit einem Wert auf der Blockchain verbunden wird. Damit gibt man dieser Datei ein Attribut, das auf der Blockchain wiederzufinden ist. Das Besondere bei uns war zudem, dass wir die gesamte Datei auf die Blockchain geschrieben haben, das machen viele andere Projekte nicht so, die schreiben nur ein Verweis auf die Blockchain. Im Endeffekt lief es also so, dass die Künstler uns die digitale Datei zukommen ließen und wir diese dann auf die Blockchain schrieben.

Ist es auch für andere Organisationen denkbar durch NFTs Projekte zu finanzieren? Handelt es sich hierbei um ein Zukunftsmodell?

Ich glaube es ist ein wahnsinnig relevantes Thema, aber wir sprechen hier nicht nur von NFTs im Sinne von Kunstwerken, sondern eher von der Funktion eines NFTs. Denn ein NFT ist erstmal nur der Besitznachweis von etwas Digitalem. Ein NFT kann alles Mögliche sein, wie zum Beispiel auch eine Mitgliedschaft im WWF. Sehr viele NGOs sind gerade dabei Projekte in diesem Bereich zu verwirklichen, der WWF ging hier auf jeden Fall als Vorreiter mit hinein und der Erfolg gibt ihnen recht, bislang verzeichnen wir knapp 200.000 Euro an Einnahmen. Durch das Web3 ist nun auch das Einbeziehen der Community möglich und diese möchten sämtliche NGOs nun ausbauen und in ihre Entscheidungsprozesse integrieren.

Ich glaube, dass von den reinen Kunstprojekten auf lange Sicht ca. 98 Prozent (!) ihren Wert verlieren werden, trotzdem ist die Funktion von NFTs sehr nützlich und wird wahrscheinlich langfristig überall in unser Leben Einzug erhalten.

Habt ihr schon alle Kunstwerke verkauft?

Zwei Kunstwerke sind bereits komplett ausverkauft, das ist einmal der Vaquita und der Saola. Diese waren auch beide nur sehr begrenzt verfügbar, vom Vaquita gab es 22 Stück und vom Saola 100 Stück. Bei allen anderen Kunstwerken gibt es noch Exemplare, doch es werden täglich weniger und wenn sie ausverkauft sind, sind die ausverkauft, dann werden keine neuen hergestellt. Der Vaquita beispielsweise war schon nach 20 Minuten ausverkauft und wird jetzt schon auf dem Sekundärmarkt gehandelt, das heißt, dass er dort schon verkauft und wiederverkauft wird. Das ist für uns auch sehr gut, da 10 Prozent aller Einnahmen aus dem Sekundärmarkt auch wieder an den WWF gehen.

Das Projekt wurde medial sehr gehyped, war dies für den WWF auch abseits der Einnahmen für die Hilfsprojekte dienlich?

Der WWF ist durch dieses Projekt in gewisser Weise in die Rolle des Technologieführers geschlüpft, wodurch plötzlich auch in anderen Bereichen über ihn berichtet wurde. Dadurch hat der WWF auf Technologieblogs oder in Kryptomagazinen stattgefunden, wodurch die Thematik des Tier- und Artenschutzes auch für eine ganz andere Gruppe von Menschen zugänglich gemacht. In dieser Hinsicht haben wir dem Thema Artenschutz mehr Aufmerksamkeit verleihen können.

Krypto gilt allgemein als Klimakiller wie habt ihr dieses Problem gelöst?

Der schlechte Ruf kommt daher, dass z.B. sehr viele Rechenoperationen notwendig sind, um einen Bitcoin herzustellen und genauso verhält sich das auch mit der Währung Ethereum. Das Problem war eingangs, dass die meisten dieser NFTs auf der Ethereum-Blockchain lagen und auch mit Ethereum verkauft wurden. Deswegen habe ich am Anfang viel recherchiert, wie man diesen Prozess energiesparender gestalten könnte und eventuell sogar CO2-neutral. Der klassische CO2-Zertifikate Kauf, den viele Unternehmen praktizieren kam für mich nicht in Frage, da ich das mehr für Augenwischerei halte, denn die Umwelt wird dann ja trotzdem geschädigt. Insofern habe ich nach Blockchains gesucht die umweltfreundlicher sind.

Dann bin ich auf Blockchains gestoßen, die nach dem sogenannten „Proof of Stake“ Verfahren arbeiten, welches deutlich umweltfreundlicher ist. Fündig geworden bin ich bei einer Blockchain namens „Polygon“, welche genau das Thema niedrigen Energieverbrauch in den Fokus gerückt hat. Außerdem haben wir nicht Ethereum als Währung genommen, sondern USDC, eine Kryptowährung, die an den Kurs des US-Dollars gekoppelt ist und damit sehr stabil im Kurs. Dieses energiebewusste Vorgehen war auch besonders unseren Künstlern wichtig. Dadurch ist der zugrunde legende Prozess quasi fast klimaneutral abgelaufen.

ein Artikel von
Pauline Brinkmann
Pauline studiert in Potsdam und Lausanne Rechtswissenschaften. Ihr besonderes Interesse gilt jedoch nicht Mietverträgen, sondern politischen und gesellschaftlichen Prozessen.