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KONSUM

Wie hat sich unser Konsumverhalten seit der Corona-Pandemie verändert? 

von Theresa v. Rehlingen-Prinz

Die COVID-19-Pandemie hat das Leben von Verbrauchern auf der ganzen Welt auf den Kopf gestellt. In Deutschland und vielen anderen Ländern machen sich die meisten Haushalte Sorgen um die eigene Gesundheit und ihre Finanzen. Auf COVID-19 folgte der Russland Ukraine Krieg. Das führte zu neuen Logistik- und Produktionsengpässen und somit auch steigenden Endpreisen.

Durch Corona entstand erstmalig eine unübersehbare Wir-Kultur. Menschen halfen sich gegenseitig, gingen für Risikogruppen einkaufen, fertigten an den heimischen Nähmaschinen Mundschutzmasken und Unternehmen produzierten statt alkoholischer Getränke oder Parfüms zeitweise Desinfektionsmittel. Die Corona-Krise führt unmissverständlich vor Augen, dass der Mensch nicht allein als Einzelkämpfer gegen das Virus und seine Folgen ankommt, sondern nur als Teil einer Gruppe, als Teil der Gesellschaft.  

Einer Umfrage von Mckinsey zu Folge war auch gleichzeitig eine sinkende Marken-Loyalität zu verzeichnen. Das heißt konkret, dass Verbraucher neue Händler und Marken probierten und nicht aus Gewohnheit handelten. Knapp zwei Drittel der Verbraucherinnen und Verbraucher haben (62%) seit der Pandemie beim Konsum ein anderes Einkaufsverhalten ausprobiert. Bei der Generation Z sind es sogar 72%. Die Loyalität zu vertrauten Marken, Händlern und Kanälen hat deutlich abgenommen. So haben 34% einen neuen Laden oder Händler-Webseite ausprobiert, davon wollen 79% dieses Verhalten auch nach der Pandemie beibehalten. „Die Unternehmen müssen sich darauf einstellen, die Bedürfnisse der Kunden noch besser zu bedienen. Sie schauen bei der Wahl eines Produkts oder Händlers genauer hin: Sowohl auf den Preis als auch auf die Qualität und den Komfort. Dieser Trend hat sich durch die Pandemie verstärkt“, sagt Markenexperte Perrey.  

Der Hauptgrund für die Wahl eines anderen Händlers seien niedrigere Preise und bessere Angebote. Aber auch Komfort und Verbraucherfreundlichkeit sind entscheidend. 33% geben Purpose und Werte als Grund an – sie unterstützen beispielsweise lokale Händler oder Marken und legen Wert auf Nachhaltigkeit.  

Wenig überraschend kaufen Konsumenten auch nach der Corona-Pandemie verstärkt online. Insbesondere in der Kategorie Bekleidung geben 75% der Konsumenten an, erst seit Beginn der Pandemie online einzukaufen. Schuhe kaufen 61% neuerdings online, Bücher 59%, Vitamine 49%. Insbesondere Komfortkriterien wie Lieferdauer und Retoure-Optionen gewinnen bei der Kaufentscheidung an Bedeutung. 

Kurzfristig lag die Kaufabsicht vor allem auf Erlebnis-Kategorien wie Reisen, Events oder Außer-Haus-Entertainment. Auf andere Produktgruppen wie Schmuck, Bekleidung oder Elektronik trifft das nicht zu. Durch die wirtschaftlichen Folgen der aufeinanderfolgenden Krisen, tendieren Menschen trotzdem dazu, eher sparsam mit ihrem Vermögen umzugehen. 

Auch wenn Deutschland für eine schnelle Konsumerholung gut aufgestellt ist, sank die Stimmung der Verbraucher über die letzten Monate auf ein Rekordtief. Nach Angaben des Forschungsunternehmens GfK liegt das vor allem an steigenden Produktpreisen und dem Russisch-Ukrainische Krieg. Nach den Krisen wird es für Unternehmen mehr denn je darum gehen, Nähe zu ihren Kunden aufzubauen und mit ihnen ins Gespräch zu treten – auch mithilfe technologischer und digitaler Lösungen, die im Kontext der Krisen entwickelt wurden, und nun nachhaltig implementiert werden müssen. 

Für Unternehmen wird es vorrausichtlich auch im Nachhinein entscheidend sein, sich weiterhin als wichtige Stützen der Gesellschaft einzubringen und einen echten gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. Sinnhaftigkeit und Resonanz werden zunehmend zur neuen Markenwährung. Starke Marken bilden dabei Ankerpunkte in einer volatilen Welt, indem sie Orientierung stiften und echte Resonanzbeziehungen erlebbar machen. Sinnstiftung, Integrität und Verantwortung sowie die Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen werden dabei mehr denn je im Fokus stehen. Marken werden sich immer mehr als „Wert-Schöpfer“ verstehen, die mit Menschen über geteilte Sinn- und Wertesets verbunden sind. Aus Touchpoints werden Trustpoints. Marken, die sich dieser neuen Verantwortung stellen, werden in der Wirtschaft nach Corona mächtiger denn je sein. 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die dramatischen Ereignisse seit dem Beginn der Covid-19 Pandemie gravierenden Einfluss auf das Konsumverhalten der Menschen haben. Ende 2021 sah sich ein Großteil wieder in ein „normales“ Leben zurückkehren, bevor sich Krieg und dessen wirtschaftliche Effekte bemerkbar machten. Die Angst vor einer ungewissen Zukunft spiegelt sich in dem Konsumverhalten der Deutschen wieder und auch die Angst vor einer möglichen Rezension schwingt deutlich mit.

Ende 2021 war ein Aufschwung in dem Konsumverhalten der Deutschen zu verzeichnen, doch nun befinden wir uns in einem Konsum-Rekordtief. Menschen waren dazu gezwungen, sich mit ihrem für selbstverständlich gehaltenen Lebensstil vor der Pandemie auseinanderzusetzen. Der Wunsch nach Digitalisierung und Nachhaltigkeit bestand schon vor 2020, aber die Pandemie hat die systemischen Probleme schonungslos aufgedeckt und ein stärkeres Bewusstsein etabliert. Seitdem wird eine Umsetzung der Digitalisierung wesentlich schneller vorangetrieben. Historisch gesehen haben Menschen in extremen Situationen oder neuen Realitäten ihre Wertesysteme und Handlungen oft verändert. Deshalb bleibt es abzuwarten, ob und wie schnell sich der Konsum erholt.  

ein Artikel von
Theresa v. Rehlingen-Prinz
Theresa ist Kommunikationstrategin und Texterin. Davor arbeitete sie national und international im Venture Capital Bereich. Nebenbei beschäftigt sie sich auch viel mit weniger prominenten Alternativanlagen wie z.B. Kryptowährungen.