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Wie glücklich macht Geld?

Werte-Wandel: Geld allein macht nicht mehr glücklich

von Frank Behrendt

Kürzlich verlängerte der Fußballspieler Leonardo Bittencourt vom Bundesligisten Werder Bremen seinen Vertrag vorzeitig. Kein untypischer Vorgang, in der Regel geht es dabei vor allem um Geld. Aber der sympathische Spieler mit brasilianischen Wurzeln gab eine Antwort, die aufhorchen ließ: „Es war eine Gefühls- und keine Zahlen-Entscheidung“, erklärte der zweifache Familienvater auf der Pressekonferenz und ergänzte: „Geld habe ich nie in den Vordergrund gestellt.“

Bemerkenswert, in einer Zeit, in der Spielerberater mit den Managern der führenden Vereine um astronomische Ablösesummen und Gehälter zocken. Natürlich ist eine angemessene faire Vergütung im Berufsleben wichtig – vor allem wenn es um die nächste Karrierestufe, Weiterentwicklung oder einen Wechsel geht.

Das führende Jobportal StepStone analysiert regelmäßig alles rund um das Thema Vergütung und gibt jedes Jahr den Gehaltsreport mit den neuesten Erkenntnissen heraus. Der aktuelle für das Jahr 2022 zeigt: Das Gehalt ist und bleibt einer der wichtigsten Faktoren bei der Jobentscheidung. Aber: Während früher in vielen Unternehmen noch ein extrem großes Geheimnis um die Vergütung gemacht wurde, ist der Wunsch nach Transparenz inzwischen so groß wie nie. Die – vor allem jungen Menschen -wollen nicht immer mehr Geld, aber sie wollen immer mehr wissen!

StepStone CEO Dr. Sebastian Dettmers sagte dazu in der Wirtschaftswoche: „Das Gehalt ist die Nummer-1-Information, nach der Menschen suchen. Oft bekommen sie diese aber viel zu spät oder gar nicht. Denn das Gehalt ist in Deutschland weiterhin ein Tabuthema. Unser Ziel ist es, Orientierung zu schaffen für Menschen, die sich verändern wollen.“ Spannend ist, dass obwohl der Faktor Geld in Bezug auf den Informationsbedarf eine große Rolle spielt, die Vergütung selbst aber nicht der alleinige Faktor ist, der die Zufriedenheit steigen lässt.

Der Soziologe Martin Schröder hat sich intensiv mit der Materie beschäftigt und kommt zu der Erkenntnis, dass die „magische Grenze“ für Zufriedenheit bei etwa 2.200 Euro, netto, im Monat liegt. Ab dieser Zahl wächst die Zufriedenheit nicht mehr im Gleichklang mit dem zunehmenden Gehalt. Andere Dinge wie soziale Kontakte, eine glückliche Partnerschaft oder enge Freunde, sorgen dagegen für persönliche Happiness-Moves auf der Statistik-Skala des Sozio-ökonomischen Panels.

Diese jährliche Umfrage mit insgesamt mehr als 80.000 Teilnehmern läuft bereits seit 1984. Eine ihrer Erkenntnisse: Geld bleibt ein wichtiges Basis-Gut, aber die Soft-Assets werden immer wichtiger: Individuelle Wertschätzung, eine sinnvolle Tätigkeit auszuüben, idealerweise in einem Unternehmen mit einem greifbaren Purpose und einer hohen gesellschaftlichen Verantwortung. Ebenso relevant: Chef:innen zu haben, die einen maximal inspirieren und persönlich in jeder Hinsicht weiterbringen.

Tough Times für Companies, die keine Lust auf Veränderungen haben. Im Kampf um die immer knapper werdenden Mitarbeitenden muss man mehr denn je überzeugende Argumente liefern. Kürzlich war ich Gast an einem Gymnasium. In einer Projektwoche ging es an der Schule um berufliches Glück. Die junge Lehrerin hatte das Projekt angestoßen, um die Jugendlichen, die im kommenden Jahr die Schule verlassen um mit ihrem Studium oder einer Ausbildung konkreten Kurs auf ihre berufliche Zukunft zu nehmen, für die richtige Berufswahl zu sensibilisieren. Neben zwei Berufsberater:innen, einem Soziologen und dem Personalchef eines Konzerns war ich auf Wunsch der Schüler:innen als provokante Person dabei. Im Unterricht hatten sie zuvor über mein Buch und seine provokante Headline „Liebe dein Leben und nicht deinen Job“ debattiert. Auf mich wartete also ein heißer Stuhl. In der spannenden Diskussion kam heraus, dass die jungen Menschen vor allem nach einem Sinn in ihrer Tätigkeit suchten.

Nahezu alle im Kurs waren glühende Fans von Patagonia-Gründer Yvon Chouinard, der kürzlich für große Aufmerksamkeit sorgte, als er seine Firma verschenkte, um die Erde zu retten. Dass ein erfolgreiches Unternehmen durch seine neue Stiftungs-Struktur einen gemeinnützigen Zweck erfüllen soll und künftig ihren Profit für den Umweltschutz eingesetzt, beeindruckte die jungen Leute nachhaltig. Wäre jemand aus der Patagonia-Personalabteilung anwesend gewesen, 30 Arbeitsverträge wären sofort locker drin gewesen. Beim Thema Geld wurde heiß diskutiert: Fair sollte die Vergütung sein, nachvollziehbar und transparent. Leistung soll sich lohnen, aber nicht alleiniger Anreiz sein und schon gar keinen Druck ausüben. Ganz schön viel an Anforderungen. Für einen Lacher in der inspirierenden Session sorgte die Lehrerin, als sie zur Einleitung für die Abschluß-Diskussion verschiedene Statements zum Thema Geld von diversen Prominenten an die Leinwand projizierte. Eines stammte vom legendären US-Schauspieler und Komiker Danny Kaye: „Geld allein macht nicht glücklich. Es gehören auch noch Aktien, Beteiligungen, Gold und Grundstücke dazu.“

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.