Wie glücklich macht Geld?

Wenn der finanzielle Absturz einen Top-Manager wohltuend erdet

von Moritz Weinstock

ZASTER-Kolumnist Frank Behrendt über den Sinneswandel des Thomas Middelhoff und warum es wichtig ist, zufrieden in den Spiegel blicken zu können.

Es war früher immer mein Wunsch, zum Fernsehen zu gehen. Ende der 90er-Jahre war ich da, bei RTL. Dr. Helmut Thoma hatte mich eingestellt. Leider hatten wir nur eine kurze Zeit miteinander, denn der inspirierende TV-Macher verließ das Unternehmen. In Gütersloh, am Stammsitz der Konzernmutter Bertelsmann, würde auf jedem Baum ein Controller sitzen, soll der selbstbewusste Fernseh-Boss mal gesagt haben.

Ich selbst habe dort damals im erlesenen Kreis des Führungsnachwuchses keine Finanzer getroffen, aber dafür durfte ich ihn live erleben: „Big T.“, Dr. Thomas Middelhoff. Er hatte den langjährigen Bertelsmann-Lenker Mark Wössner abgelöst und seitdem tickten die Uhren im beschaulichen Westfalen anders. Middelhoff gab den Welt-Manager, flog ständig im Firmen-Jet um den Globus, machte Mega-Deals. Immerhin fand er damals kurz die Zeit, sich mit uns abzugeben. Er parlierte englisch, obwohl alle anderen im Raum deutsch sprachen. Egal, es war wohl cooler.

Schonungslose Selbstkritik

Der große Zampano Middelhoff war dann irgendwann weg und heuerte als Retter bei Arcandor (zuvor KarstadtQuelle) an. Es wurde sein Waterloo, denn auch privat verlor er sein gesamtes Vermögen. Der tiefe Fall eines Superstars. Nun hat er ein Buch geschrieben: „Schuldig“ heißt es. Ich habe es gerade gelesen und war von der schonungslosen Selbstkritik beeindruckt. Das Werk sei auch anderen Managern zur Lektüre empfohlen, denn dass Hochmut vor dem Fall kommt, zeigt nicht nur die Middelhoff-Story.

Der einst arrogante „Big T.“, der selbstherrlich über allen anderen Erdbewohnern schwebte, ist nach seiner harten Landung wieder Mensch geworden – unter anderem durch den Glauben und das Studium der Bibel während seines Gefängnisaufenthaltes.

„Glück, Dankbarkeit und Demut“ hat er das letzte Kapitel seines Buches genannt und beschreibt darin, dass er „nach herausfordernden und leidvollen Etappen“ wieder der geworden ist, der er Mitte der 70er-Jahre war: Ein Mann, der wenig Geld hat, aber unter dem Motto „Ich bin ich“ zufrieden in den Spiegel sieht.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.