© II.studio / Shutterstock.com
WAS HÄLTST DU VON...?

Was hältst Du von…Teamviewer?

von Martin Barwitzki

Halloween ist vorbei, der Albtraum für Teamviewer-Aktionäre vielleicht auch? Wie steht‘s um das Hype-Papier 2020? Zaster sagt es Dir.

„Das Aktienkurs-Massaker“ oder „From Hero To Zero“ wären zwei passende Filmtitel um die derzeitige Stimmung rund um Teamviewer zu beschreiben.

Dabei sah die Börsenwelt für den Fernwartungs- und Videokonferenzanbieter im Jahr 2020 noch so rosig aus. Als Coronaprofiteur eilten die Aktien im vergangenen Jahr noch von Gipfel zu Gipfel und erreichten im Juli 2020 ihr Allzeithoch von 55 Euro. Überall glückliche Gesichter dank der Erfolgsstory made in Germany.

Nicht nur Privatanleger jubelten: Der Finanzinvestor Permira, der das Unternehmen 7 Jahre zuvor für 870 Millionen Euro gekauft hatte, machte seit dem Börsengang im Jahr 2019 mit dem Verkauf seiner Anteile reichlich Zaster. Dank IPO und vier Aktienplatzierungen nahm die britische Private-Equity-Gesellschaft bis Mitte Februar 2021 um die 5,6 Milliarden Euro ein und ist immer noch mit rund 20 Prozent der größte Anteilseigner.

Ebenfalls freuen durfte sich Teamviewer-CEO Oliver Steil. Dank eines Management-Beteiligungsprogramm in Form von Aktien stieg sein eigentliches Gehalt von 900.000 Euro im vergangenen Jahr auf 71,7 Millionen Euro.

Mit dem Erfolg wuchsen allerdings auch die Erwartungen. Und diese konnten leider nicht mehr erfüllt werden. Bereits im zweiten Quartal konnten die Schwaben sowohl beim Gewinn als auch beim gebuchten Umsatz (Billings) nicht mehr das Wachstum liefern, dass so mancher Anleger während der Hochzeit der Corona-Pandemie gewöhnt war. Teamviewer setzte zudem auf Wachstum und kündigte massive Marketingausgaben an. So prangt das Teamviewer-Logo in den nächsten fünf Jahren auf dem Trikot des Fußballvereins Manchester United. Kostenpunkt: Etwa 46 Millionen Euro pro Jahr. Damit nicht genug: Gleichzeitig wurden die Göppinger drittgrößter Sponsor beim Formel-1-Stall Mercedes. Doch statt Begeisterung gab es die volle Breitseite Skepsis von den Anlegern.

Mit unerwartet schwachen vorläufigen Zahlen für das dritte Quartal, einer Gewinnwarnung für das Gesamtjahr und runtergeschraubten Prognosen brachen dann alle Dämme. Mittlerweile ist die Aktie für 12,59 Euro zu haben und damit ganze 77 Prozent zum Hoch abgerutscht. Dementsprechend ist die Stimmung derzeit im Keller. Reihenweise änderten die Analysten ihre Einschätzungen. Beim Blick auf die App von Trade Republic steht das durchschnittliche Kursziel gerade bei 20,78 Euro. Zwei Drittel rät zum Halten der Aktie, während 28 Prozent immer noch optimistisch „Kaufen“ sagt.

UBS-Analyst Hannes Leitner hielt in einer Studie auch die neuen Ziele für 2022 und 2023 für sehr ambitioniert. Für Gustav Froberg von der Privatbank Berenberg dürfte Teamviewer auch weiterhin ordentliche Barmittel erwirtschaften, allerdings werde das Wettbewerbsumfeld härter. Analysten wie Anleger warten nun auf News beim Kapitalmarkttag am 10. Oktober.

Bis dahin gibt es bereits erste Veränderungen bei Teamviewer.  Anders als bei CEO Oliver Steil wird der Vertrag von Finanzvorstand Stefan Gaiser nicht mehr verlängert. Zudem sucht man die Öffentlichkeit. So gab Steil jüngst dem Magazin „Focus Money“ ein Interview. Dort entschuldigte er sich bei den Aktionären, die zu Recht aufgrund der gekappten Prognosen unglücklich seien. „Die allzu ambitionierten Pläne waren nicht das Richtige. Jetzt haben wir sie insoweit korrigiert, dass wir die Zahlen liefern können, so der Unternehmenslenker.

Gleichzeitig wies er darauf hin, dass das MDax-Unternehmen nach wie vor zweistellig wachse, die Nettoverschuldung sehr gering sei und der Konzern weiterhin „hochprofitabel“ arbeite.

Für weitere Kursfantasie soll das Geschäft mit Augmented Reality sorgen. In diesem Bereich übernahm der Konzern zuletzt die Firmen Ubimax und Upskill. Ziel ist es mit Datenbrillen und anderen mobilen Geräten die Steuerung und Wartung von Maschinen, Industrieanlagen und anderen Bereichen weiter zu vereinfachen und im Geschäft mit Großkunden zu wachsen. Hierzu kooperiert Teamviewer beispielsweise künftig mit Google und bringt seine Lösungen in die Google Cloud.

Mit Blick auf die Marketing-Offensive bleibt abzuwarten, ob und wie diese zündet. Weltweit kennen jetzt zumindest 1,1 Milliarden Fans der „Red Devils“ das 1200-Mann-Unternehmen aus Göppingen. Dazu kommen nochmal die 362 Millionen Follower von Fußball-Superstar Christiano Ronaldo, der sich bereits mehrfach im Teamviewer-Trikot bei Instagram gezeigt hat.

Viel Potenzial vs. schlechte Stimmung. Es bleibt spannend, wann die Aktie die Talsohle durchschreitet und ob Teamviewer nochmal die Massen begeistern kann.

ein Artikel von
Martin Barwitzki
Martin Barwitzki ist Kolumnist bei Zaster. Der Wirtschaftsjournalist startete seine Karriere mit einem Volontariat bei der Nachrichtenagentur dpa-AFX. Danach war er lange Jahre für das Handelsblatt tätig. Zuletzt war er Redakteur beim FINANCE-Magazin.