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GELD MACHT (UN)GLÜCKLICH?!

Warum viel Geld nicht automatisch glücklich macht

von Nils Matthiesen

Wer viel Geld hat, ist glücklich. Diese einfache Formel geht aber in vielerlei Hinsicht nicht auf, wie diverse Beispiele zeigen.

Viel von uns streben nach Reichtum. Wer will schließlich nicht ein prall gefülltes Bankkonto haben?  Keine Sorgen mehr um den Job, überzogene Konten und eintrudelnde Rechnungen, stattdessen pompöse Villa, dickes Auto und Luxus pur. Tatsächlich macht viel Geld aber nicht automatisch glücklich. 

Menschen, die ihren Reichtum verfluchten

Als kleiner Junge verstarb seine Mutter, sein Vater steckte ihn ins Waisenhaus. William “Bud” Post hatte wahrlich keinen leichten Start ins Leben. Auch später erging es ihm nicht viel besser, lange Zeit fristete er sein Dasein als Herumtreiber, der sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt. Dann kaufte er sich 1988 einen Lottoschein – mit gerade einmal 2,46 Dollar auf dem Konto. Wenig später waren es unfassbare 16,2 Millionen. Ging es Post jetzt besser? Eher nicht. Keine fünf Jahr nach dem Lottogewinn lautete seine bittere Erkenntnis: „Jeder träumt davon, Geld zu gewinnen, aber niemand erkennt die Albträume und Probleme, die damit einhergehen“.

Post hatte keinen Erfolg mit Investitionen in ein Restaurant und eine Flotte von Gebrauchtwagen. Zudem kaufte er auch ein Flugzeug, obwohl er keinen Pilotenschein hatte. Diverse Ex-Frauen verklagten ihn. Und sein eigener Bruder heuerte sogar einen Auftragskiller an, damit er im Falle seines Todes ein dickes Erbe einstreicht. Das gelang zwar nicht, nichtsdestotrotz war Post innerhalb weniger Monate bankrott und lebte fortan von Sozialhilfe und Lebensmittelmarken. Er starb 2006 völlig verarmt. Auf die Frage, wie es sich angefühlt habe, den Jackpot zu knacken, entgegne Post später: „Ich wünschte, es wäre nie passiert. Es war ein absoluter Albtraum. Ich war viel glücklicher, als ich pleite war.“

Reichtum als Risiko

Studien zeigen, dass Lotteriegewinner generell anfälliger für Drogen- und Alkoholmissbrauch, Depressionen, Scheidung, Selbstmord oder Entfremdung von ihrer Familie sind. Entsprechend gibt es immer wieder Geschichten über Lottogewinner, die ihre Millionen verprasst haben. Wie der englische Müllmann Mickey Carroll, der mit 19 Jahren umgerechnet 15 Millionen Euro gewann. Das Geld steckte er in Alkohol, Drogen und Sex. Nach 10 Jahren war er finanziell am Ende und arbeitete wieder als Kohlehändler. Der Zeitung Mirror sagte er, dass er seitdem wieder glücklicher sei als mit den Millionen. Ähnlich erging es David Edwards, der 41 Millionen US-Dollar gewann. Innerhalb von fünf Jahren gab er alles aus. 12 Jahre später war er krank, arm, allein und verstarb mit nur 58 Jahren allein in einem Hospiz. 

Drei Beispiele, die zeigen: Auf einmal über große Summen Geld zu verfügen, überfordert viele. Denn die meisten Menschen kaufen Lotterielose, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was passiert, wenn man tatsächlich abräumt. Viel Geld zu haben ist klasse, aber bedeutet auch Verantwortung. Wie die Geschichte lehrt, haben viele Menschen Schwierigkeiten damit umzugehen und scheitern. 

Geld allein macht nicht glücklich

Die Beispiele zeigen darüber hinaus: Geld allein macht nicht glücklich. Das bestätigt auch die Wissenschaft. Forschungen weisen darauf hin, dass unsere Gene und unsere Persönlichkeit schon einmal rund 50 Prozent unserer Zufriedenheit beeinflussen, zudem spielen Faktoren wie Gesundheit, Beziehungen und Job eine gewichtige Rolle. Geld spielt zwar auch eine Rolle, aber fürs perfekte Glück reiche ein Jahreseinkommen von rund 90.000 Euro. Inflationsbereinigt sind es 2022 wohl um die 115.000 Euro. Viel interessanter aber: Sobald diese Einkommensschwellen überschritten werden, beginnen das emotionale Wohlbefinden sowie die Lebenszufriedenheit zu sinken. Offenbar leidet das Glück durch den Stress und den hohen Zeitaufwand, der mit hoch dotierten Jobs oft einhergeht. Und: Viel Geld kann zwar viele Probleme lösen, es schafft aber auch viele neue. 

Jung und reich = Problem

Zu früh reich zu werden stellt eine weiteren Problemfaktor dar, Boris Becker, viele weitere Top-Sportler und erfolgreiche Schauspieler und Pop-Stars lassen grüßen. Der Schauspieler George Clooney äußerte sich in einem Interview zu diesem Thema: „Ich war 34, bevor ich [berühmt] wurde. Und ich war schon oft gescheitert. Nachdem ich viel versagt hatte, verstand ich, wie viel Glück Erfolg bedeutet. Denn es geht nicht nur um deine Genialität. Das Glück hat einen großen Anteil daran. Ich glaube, der Grund, warum viele junge Leute so viel Mist bauen, ist, dass sie oft nicht den Luxus hatten, den ich hatte, wichtige Beziehungen, Meinungen und Lebenserfahrungen zu machen, bevor ich Erfolg hatte.“

Wenn man als junger Mensch bereits einen Haufen Geld verdient, fehlt die Zeit, sich an den Reichtum zu gewöhnen. Die meisten Menschen verbringen ihr ganzes Leben damit, sich langsam ein Vermögen aufzubauen, indem sie regelmäßig sparen und die Karriereleiter hinaufklettern. Dadurch haben sie Zeit, sich stetig an die neuen Umstände zu gewöhnen. Menschen, die in kurzer Zeit zu großen Geldbeträgen kommen, fehlt diese Anpassungszeit. Viele scheitern daran. 

Geld: Es kann nie genug sein

Dazu kommt, dass Menschen offenbar nie genug haben können. Der Glücksforscher Michael I. Norton veröffentlichte vor einigen Jahren eine Studie, in der er 2.000 Millionäre auf einer Skala von 1 bis 10 fragte, wie glücklich sie seien. Zudem wollt es wissen, wie viel mehr Geld erforderlich sei, um den Wert 10 zu erreichen. Viele der Befragten verfügten über ein Nettovermögen von weit über einer Million US-Dollar. Das Vermögen spielt laut Norton aber wohl keine Rolle. Nahezu alle Befragten gaben an, dass sie zwei- bis dreimal so viel Vermögen bräuchten, um rundum glücklich zu sein.

Fazit

Viel Geld bedeutet nicht automatisch viel Glück. Wer sich gut ernähren kann, ein Dach über dem Kopf hat und bei Notfällen nicht gleich aus der finanziellen Bahn gerät, sollte sich glücklich schätzen. Mehr Geld kann das Leben zwar in vielerlei Hinsicht komfortabler, aber nicht automatisch glücklicher machen.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.