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BITCOIN

„Warum Investitionen in erneuerbare Energien durch Bitcoin Mining attraktiver werden“ – Im Gespräch mit Rachel Geyer

von Theresa v. Rehlingen-Prinz

Rachel Geyer ist Gründerin von „Les Femmes Orange“ und Teil der Plattform „Terahash space“, die Bitcoin Energy Solutions, Education und Events anbietet. Was das genau bedeutet und wieso Bitcoin Mining zur Energiewende beitragen kann, erklärt Rachel im Interview mit ZASTER-Autorin Theresa von Rehlingen-Prinz.

Wie und wann kamst du zu Bitcoin?

Mein Sohn, der mittlerweile in El Salvador lebt, ist schon mit 16 nach England gezogen, während wir in Südafrika gelebt haben. 2017 besuchte er uns und legte uns Bitcoin ans Herz. Ich dachte damals, keine Zeit dafür zu haben und sagte ihm, dass er für einen relativ niedrigen Betrag Bitcoin als Weihnachtsgeschenk für alle vier Kinder kaufen sollte. Wir haben damals, 2017, natürlich zum Höhepunkt gekauft, weil der Hype so groß war und wir noch wenig Ahnung hatten. Der Kurs ist kurz darauf gefallen und bei den meisten meiner vier Kinder ließ die Begeisterung nach. 

2020, als die Pandemie ausgebrochen ist, mussten wir Südafrika unerwartet verlassen und sind übergangsweise in Dubai gelandet. Mein Sohn ist auch dazu gekommen und wir haben uns immer tiefer in Bitcoin eingelesen – erst dann habe ich das Potenzial von Bitcoin verstanden. Ich denke, dass ich Bitcoin relativ schnell begriffen habe, weil wir schon überall auf der Welt gelebt haben, auch in armen Ländern. Als wir während der Pandemie nach Deutschland zurückkamen, war ich über die Sorgen der Leute erstaunt. Sie jammerten z.B. wegen verpasstem Urlaub, während unsere Mitmenschen in Südafrika pandemiebedingt zum Teil auch gehungert haben. Die damalige Situation in Südafrika hat mir geholfen, Bitcoin’s Use Case für die Welt zu sehen.

Kristian Kläger hat mich letztes Jahr auf dem Bitcoin im Ländle Meetup angesprochen, als er dabei war, eine Bitcoin Plattform (Terahash space) zu bauen und mich als Speaker dabeihaben wollte. Kurz danach habe ich dann voll bei Terahash angefangen, um die Plattform mit aufzubauen. Gleichzeitig wurde das Fundament für Les Femmes Orange gelegt. Bei diesem Bitcoin im Ländle Event, wie bei vielen anderen, waren sehr wenig Frauen präsent. Um genau zu sein, waren von insgesamt 100 Teilnehmern nur ca. fünf Frauen. Daraufhin habe ich alle anwesenden Frauen angesprochen und die Idee für eine weibliche Bitcoinkonferenz gepitcht. So entstand eine Mannschaft von Frauen, um das Debut-Femmes Orange event zu organisieren. Nach nur fünf Wochen Zusammenarbeit startete das erste Event.

Bei diesem Event bestanden die Teilnehmer zu 70% aus Frauen. Es war anders als bei herkömmlichen, technisch fokussierten Konferenzen. Les Femmes Orange ist aber nicht „women only” sondern made by women. Erfahrungen mit Geld und Gesellschaft sind bei Frauen häufig andere Erfahrungen als die von Männern. Deswegen ist es wichtig, dass diese Erfahrungen bei der Bildung berücksichtigt werden und Frauen von Frauen in einem angenehmen Umfeld lernen können. Ich sehe Bitcoin ein wenig wie ein Kind, das von (hauptsächlich) Männern erzeugt wurde und jetzt von Frauen in die Welt gebracht und behütet wird.

Ihr fokussiert euch mit dem Terahash.space auf 3 Kernelemente: Bitcoin Energy Solutions, Education & Event Management. Wie haben sich diese drei Aspekte ergeben?

Anfang Dezember war der Markenname Terahash.Energie GmbH schon eingetragen. Wir wussten, dass Energie das Kerngeschäft abbilden würde, aber auch, dass Bitcoin Education wahnsinnig wichtig ist. Wenn Menschen den Energieteil nicht verstehen, kommen wir nicht weiter. Events braucht es vor allem, weil Berührungspunkte im Lernprozess wichtig sind. Wir Menschen sind soziale Wesen und haben diesen Aspekt wegen Corona zu lange vernachlässigen müssen. In Neusäß haben wir ein Forschungslabor, in dem wir Testreihen zu erneuerbaren Energien durchführen und an Steuerungssoftware arbeiten. Wir arbeiten mit zwei verschiedenen Arten von Minern, Hydro- und Immersion Miner. Das sind nicht die lauten, luftgekühlten Miner, an die man intuitiv denkt. Bei unseren Hydro Minern fließt kaltes Wasser rein, geht durch sechs Miner, kommt warm raus und geht in den Pufferspeicher. Hier kann man die Wärme, die freigesetzt wird, spüren. Da beginnen Menschen oft zu verstehen, warum Mining in Europa für die Energiewende wichtig wird.

Kristian Kläger, Terahashs Founder ist außerdem Mittelständler. Er führt drei Unternehmen in der dritten Generation. Eines dieser Unternehmen in Augsburg ist eine Kunststoff-Produktionsstätte. Da Kunststoff extrem viel Wärme braucht, hat er schnell bemerkt, wie er die Wärme von Bitcoin Mining auch für seinen Betrieb nutzen kann.

Ich will mich heute vor allem auf den Energy Bereich fokussieren, terahash.energy is ein führender Anbieter von Energiemanagement-Dienstleistungen für Unternehmen. Was bedeutet das konkret?

Wir analysieren, ob es sich für Unternehmen lohnt, Bitcoin Mining als Teillösung für Ihre Energiebedürfnisse einzusetzen. Konkret bedeutet das, dass wir Menschen, die Unternehmen haben, dabei helfen, maßgeschneiderte Mining-Lösungen zu integrieren. Beim Bitcoin-Mining gibt es beachtenswerte Faktoren, die die Rentabilität beeinflussen, wie zum Beispiel den Preis der ASIC-Miner, der so stark fluktuiert wie der Preis von bitcoin selbst. Auch die Bitcoin Difficulty Rate (die Difficulty Rate zeigt wie viel Energie eingesetzt werden muss, um bitcoin zu Minen) ist enorm wichtig für die Errechnung der gebrauchten Energieleistung. Für Firmen ohne tiefgehendes Wissen ist es daher sehr schwer auszurechnen, ob sich das Minen für sie lohnt. Wir errechnen, was es sie kosten würde und wie viel Einnahmen man generieren könnte, wenn man die gewonnene Energie in Miner laufen lassen würde, anstatt in das Netz einzuspeisen. In Europa brauchen wir intelligente Lösungen, um unsere Bedürfnisse an erneuerbaren Energien zu decken. Wir glauben, dass Bitcoin Mining dabei eine wichtige Rolle spielen wird. Wir brauchen intelligente Lösungen, in denen wir bestehende und neue Energien zusammenschließen und das Bitcoin Mining dazu nutzen, den verbleibenden Rest auszunutzen. Man könnte Solarplatten auf dem Dach anbringen und die erzeugte Energie für einen Wärmespeicher und den Überschuss für Bitcoin Miner nutzen. Um optimal zu laufen, braucht das Ganze eine intelligenten Steuerung. 

Über die Steuerung wird auch gerechnet, wie viel Energie durch die jeweiligen Wetterbedingungen vorhanden sein wird. Daraufhin kann man entscheiden, wie viel man für Hauswärme oder eben auch Bitcoin-Mining nutzen will. Wir arbeiten hierfür gerade an einer Softwarelösung mit Partnern. In Ostdeutschland haben wir auch einen zweiten Standort, auf dem gerade ein großes Feld mit Solaranlagen versehen wird. Darüber hinaus werden wir auch mit Hochschulen zusammenarbeiten, um noch tiefer forschen zu können.

In Deutschland gibt es deutlich mehr erneuerbare Energie Installationen als Leistung, die insgesamt abgenommen werden könnte, da auch an Tagen mit wenig Wind und Sonne die Nachfrage gedeckt sein muss. So kommt es oft zu einem Überschuss an Energie, dessen Leistung nicht gebraucht wird. Wie kommen Bitcoin-Miner hier ins Spiel?

Miner können eine wichtige Rolle beim Ausbau erneuerbarer Energien spielen. Erneuerbare Energien erfordern ein Riesen-Investment und es dauert mehrere Jahren, bis zum Beispiel eine Solaranlage an das Energie-Netzwerk angeschlossen werden kann. Hohe Anfangsinvestitionen und eine lange Dauer bis zu Erträgen macht Investments in regenerative Energien unattraktiv. Bitcoin Mining kann die Investition attraktiver machen, da es extrem flexibel ist. Ein Container von Minern kann auch an nur zu Teilen fertig gebaute Solaranlagen angeschlossen werden und Strom abnehmen. So kann ein Investor schon vor Vollendung der Anlagen Geld verdienen. Außerdem kann Bitcoin Mining verhindern, dass nutzbare Energie einfach verpufft. Man hat also schon während der Bauphase der Installationen die Möglichkeit, als Investor Geld zu verdienen. Momentan funktioniert das Bauen von erneuerbaren Energien wie Solaranlagen oder Windparks nur durch Subventionen, sprich durch Steuergelder. Durch das Bitcoin-Mining wird der Bau von Solaranlagen frühzeitig wirtschaftlich. 

Wenn die Anlage fertig gebaut ist, ans Netz geschlossen werden kann und Energie im Überschuss vorhanden ist, besteht weiterhin die Möglichkeit zu Minen. Beim Bitcoin Mining liegt der Vorteil darin, dass die Miner in einer Nanosekunde ein- und ausschalten können. Das heißt, wenn Energie für private Haushalte oder für die Industrie benötigt wird, können die Miner abgeschaltet werden. Aktuell sind die größten Probleme bei Strom aus erneuerbaren Energien die langen Investitions-Zeiträume, die Speicherung und der Transport. Wenn man eine große Solarfarm oder Windfarm hat und in der Nähe keine Fabrik oder Haushalte sind, geht derzeit noch sehr viel Energie verloren. Durch Miner kann sie direkt, ohne Ortsabhängigkeit genutzt werden.

Wieso können Miner deiner Meinung nach zur Energiewende beitragen?

In Deutschland wird es nicht so einfach sein unseren Strombedarf durch erneuerbare Energien abzudecken, da wir nicht genug Sonne und Wind haben. Hinzu kommt, dass es sich für Investoren lohnen muss, was es, wie gesagt, gegenwärtig über eine lange Zeit nicht tut. Hier kommt Bitcoin Mining als Teil der Lösung ins Spiel.

Ich denke aber nicht, dass es über Nacht passieren wird, weil jeder Standort andere Bedingungen hat, der unterschiedliche Infrastruktur und Lösungen braucht. In Texas beispielsweise, wo es viel Wind und Sonne gibt, könnte Bitcoin gepaart mit Windrädern und Solar-Farms sehr schnell zur Energiewende führen. 

In Deutschland wird es nicht so einfach sein, da wir nicht genug Sonne und Wind haben. Um genügend erneuerbare Energien zu erzeugen, um, unseren Energiebedarf zu decken, muss es sich für Investoren lohnen. Hier kommt Bitcoin Mining ins Spiel – als Teil der Lösung.

Wieso glaubst du, hat Bitcoin so einen schlechten Ruf, wenn es zur Energie Thematik kommt?

Weil viele Leute über Bitcoin schlecht informiert sind. Menschen glauben fast alles, was sie lesen und Journalisten haben oft nicht genug Zeit, um Bitcoin und Energie wirklich zu verstehen. So leidet die Qualität an der Quantität. Außer fehlender Bildung spielt Angst auch eine große Rolle. Menschen haben oft Angst vor Änderungen und wollen, dass die Welt so bleibt wie sie ist – auch wenn sie nicht gut ist. 

Das anfängliche Problem bei Bitcoin ist oft, dass dahinter weder eine Firma noch ein Mensch steht. Man könnte im Internet schauen, aber da muss man mit den Quellen vorsichtig sein. Gerade die Leute in meinem Alter sind deswegen anfänglich eher scheu. Dadurch das Terahash ein reguliertes Unternehmen ist, fallen diese Scheu und Vorurteile oft schon schnell ab. Ich denke, dass Bitcoin als besseres Geldsystem, viel Energienutzung wert ist und den Ausbau von erneuerbaren Energien vorantreiben wird.

Auf eurer Homepage sprecht ihr von Bitcoins Abwärme und dem potenziellen Nutzen dessen. Was ist damit gemeint?

Beim Bitcoin Mining entstehen zwei Produkte: bitcoin und Wärme. Letztere wird von den Geräten beim Mining freigesetzt. Man kann die Wärme entweder nutzen oder sie verpuffen lassen. Schwimmbad-Betreiber, die viel warmes Wasser brauchen, Fabriken, oder Greenhouses könnten davon Gebrauch machen. Es macht Sinn, einen Weg zu finden, wie man die Wärme nutzen kann anstatt sie verpuffen zu lassen. Damit könnten wir in Europa mit wind- und sonnenstarken Ländern auch wieder mithalten und   günstigere Energiepreise erreichen. Es ist ein globaler Machtkampf und wenn ein Land Energie für zwei Cent pro Kilowattstunde bekommen kann, und wir in Deutschland für 40 Cent, dann ist Deutschland langfristig nicht konkurrenzfähig. Jetzt geht es darum zu schauen, wie wir nutzen können, was wir zuvor versagt haben zu nutzen, um global konkurrieren zu können.

ein Artikel von
Theresa v. Rehlingen-Prinz
Theresa ist Kommunikationstrategin und Texterin. Davor arbeitete sie national und international im Venture Capital Bereich. Nebenbei beschäftigt sie sich auch viel mit weniger prominenten Alternativanlagen wie z.B. Kryptowährungen.