Eier aus Stahl gefragt

Warum es so schwer ist, mit Einzelaktien reich zu werden

von Nils Matthiesen

Apple, Amazon, Tesla: Nur einige Beispiele von Aktien, die durch die Decke gegangen sind. ZASTER erklärt, warum es so schwierig ist, von solchen Börsenhypes zu profitieren.

Stell Dir vor, du investiert 1.000 Euro und hast einige Jahre später ausgesorgt. Wer zum Beispiel zum Börsenstart von Coca-Cola im Jahr 1919 nur 40 US-Dollar in eine einzige Aktie investiert hätte, wäre diese jetzt mehr als 400.000 US-Dollar wert. Damit nicht genug: Wer zudem alle Dividendenausschüttungen in die Aktie reinvestiert hätte, würde nun einen Aktienwert von über 10 Millionen US-Dollar im Depot haben.

Oder Amazon: Wer das Potential erkannt und beim Börsenstart 1997 direkt dabei war, kann sich jetzt die Hände reiben. Amazon Inc. war neben Apple das zweite Unternehmen, das einen Marktwert von über 1 Billion US-Dollar erreichte. Das war nicht immer so. Als Amazon 1997 zum ersten Mal an die Börse ging, lag der Aktienkurs bei nur 18 US-Dollar pro Aktie – heute steht er bei rund 3.250 US-Dollar. Anders ausgedrückt: Hättest du damals 1.000 Euro in Amazon gesteckt, hätten die Aktien heute einen Wert von 180.000 Euro.

Mehrere ähnliche Unternehmen im Technologiesektor, darunter Netflix, Apple, Alphabet (Google) und Facebook, haben gigantische Renditen erzielt, aber Amazon führt diese Spitzengruppe an.

Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Amazon ist ein typisches Beispiel für „Hätte ich doch vor einigen Jahren die Aktie gekauft…“. Doch was sich in der Retrospektive so einfach und logisch anhört, ist tatsächlich unglaublich schwierig: Nämlich die Börsenstars von morgen zu finden. Schließlich sind an den Börsen weltweit mehr als 50.000 Unternehmen gelistet. Hier die Perlen zu finden, grenzt sprichwörtlich der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Schließlich sind auch jede Menge Nieten dabei.

Amazon: Runter um über 90 Prozent

Noch viel schwieriger: Die Nerven zu haben, die Investitionen durchzuziehen. Denn wenn wir uns die Kurse von absoluten Traumaktien einmal genauer anschauen, wird schnell deutlich: Selbst die besten Titel haben tiefe Täler durchschritten – auch Amazon. Im Zuge der Dotcom-Blase rund um die Jahrtausendwende schmierte die Aktien komplett ab, genau genommen von 105 Euro auf knapp unter 7 Euro. Das entspricht einem Rückgang von rund 95 Prozent!

Das war aber bei weitem nicht der einzige Rückschlag. Um über die Hälfte ging es 2005 runter, um 58 Prozent in 2008 und immer mal wieder um 25 Prozent. Sprich: Amazon-Anleger brauchten nicht nur ein feines Näschen für Aktien, sondern auch Nerven aus Stahl. Denn das große Problem mit solch großen Kursverlusten ist, dass keiner weiß, ob sich die Kurse jemals wieder erholen. Denn das ist alles andere als sicher. Ganz im Gegenteil erholen sich viele Unternehmen nie mehr von solchen Rückschlägen und vegetieren fortan als sogenannte Penny-Stocks vor sich hin oder verschwinden letztendlich vollständig.

Rückgang um 95 Prozent: Der Kurs der Amazon-Aktien um die Jahrtausendwende.
Rückgang um 95 Prozent: Der Kurs der Amazon-Aktien um die Jahrtausendwende.

Auch die besten Aktien stürzen ab

Amazon mit seinen großen Kurschwankungen ist dabei keine Ausnahme. Es gibt vieler solcher Beispiele. Etwa Microsoft, heute eines der wertvollsten Unternehmen der Welt: Die Aktie fiel im Zuge der Dot-Com-Blase um fast 75 Prozent. Es dauerte unfassbare 17 Jahre, bis der Kurs wieder das Niveau von Ende 1999 erreichte. Zwischenzeitlich ging der Kurs mehrmals auf Talfahrt, beispielsweise 2008 um 56 Prozent.

Noch ein Beispiel: Monster Beverages. Im Vergleich zu den Aktien des Energydrink-Herstellers sehen selbst Amazon und Microsoft lahm aus. Keine andere Aktie ist in diesem Jahrtausend so gestiegen. Während die US-Techgiganten Amazon und Apple ihre Kurse „nur“ um ein paar Tausend Prozent steigern konnten, kletterte der Kurs des Energydrink-Unternehmens in den letzten 20 Jahren um rund 125.000 Prozent. Aus den bereits zitierten 1.000 Euro wären also im Idealfall 1.25 Millionen Euro geworden. Aber auch dieser Highflyer unter den Highflyern ist viermal um mehr als 60 Prozent gefallen, zweimal davon um über 90 Prozent. Ähnliche Geschichten ließen sich über Börsenstars wie Tesla, Netflix und Apple erzählen.

Kursabstürze: Das unbekannte Wesen

Wenn wir heute auf die Kurse dieser Erfolgsaktien blicken, lässt sich ganz einfach sagen „Logisch, dass die Kurse sich so entwickelt haben.“ Aber Rückschläge sind aus der Retrospektive viel einfacher zu verkraften, als wenn man sie gerade erlebt. Du weißt schließlich nie, wie lange es abwärts geht, ob es noch schlimmer wird und ob es überhaupt irgendwann wieder nach oben geht.

Fazit

Die besten Aktien herauszupicken ist schwer genug. Die Eier zu haben, sie auch langfristig zu halten, ist noch viel schwieriger.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.