Meine Mutter ist der Hit. Vor ein paar Wochen stolze 84 Jahre alt geworden denkt sie gar nicht daran, ein ruhiges Rentnerleben zu führen. Täglich werkelt sie emsig im Garten ihres blauen Hauses an der Nordseeküste herum. Jede Woche singt sie im Chor und tritt mit ihren Damen bei Veranstaltungen auf. Sie organisiert Kunstausstellungen und gibt ihr gesammeltes Wissen gerne an andere weiter. Neuerdings sogar als Nachhilfelehrerin. Zu einem ihrer letzten Geburtstage wünschte sie sich nicht etwa einen bequemen Lehnstuhl, sondern ein Macbook. Meine beiden Geschwister und ich haben es ihr geschenkt. Weil sie lebenslanges Lernen für das beste Rezept gegen das Altwerden hält, hat sich meine Mum auch mit dem Internet vertraut gemacht.
Meine Mutter schimpft über Digitalisierung: Das Netz ist ihr zu langsam
Jetzt schickt sie Mails in alle Welt, googelt herum, und verfolgt mich sogar in den Sozialen Netzwerken. Meine Mutter schimpft auch mal über die Digitalisierung – aber nicht weil sie sich überfordert fühlt oder weil sie ihr Angst macht: Das Netz auf dem Land ist ihr einfach zu langsam. Aber Dorothee Bär findet sie toll und ist felsenfest davon überzeugt, „dass die da mal Dampf machen wird“. Diese unerschütterliche Zuversicht hat auch mich nachhaltig geprägt.
Weil ihre eigene Schul- und Studienzeit schon ein paar Jährchen her ist, hat sich Mutter Behrendt kürzlich wieder intensiv mit dem Schulstoff von heute beschäftigt. Jetzt ist sie so fit, dass sie mühelos das Abi noch einmal bestehen würde. Ihr aufgefrischtes Wissen setzt sie ein, um Schülerinnen und Schülern an meiner alten Schule in Cuxhaven Nachhilfe zu geben.
Ihren letzten Zögling – der massiv auf der Kippe stand – brachte sie erfolgreich durch alle Prüfungen. Eine Vergütung bekommt die mir bestens bekannte Nachhilfelehrerin übrigens nicht. „Jungen Menschen auf ihrem Weg ins Berufsleben eine Stütze zu sein, macht mich glücklich. Und ihre Dankbarkeit ist der schönste Lohn“, sagt die Frau, die ich verehre seit ich auf der Welt bin.