Neue Bank, neue Liebe

Von Dorfkindern und Sparkassen

von Nils Matthiesen

Jeder Abschied fällt schwer – auch von der Bank, mit der man groß geworden ist. Aber manchmal kann eine Trennung eine Befreiung sein.

Auf dem Dorf gibt es zwei Möglichkeiten, entweder bist du ein Sparkassen- oder ein Raiffeisen-Kind – das wars, mehr gab es nicht und das war auch irgendwie O.K. Was interessierte mich als kleiner Bub die „komische Welt des Geldes“. Haben, nicht haben – eigentlich ganz einfach. Als hochgezüchtetes Sparkassen-Kind wurde ich von klein auf sozialisiert ein Konto bei der Sparkasse – Sparbuch, Jugendkonto, erste eigene Karte – ich fühlte mich erwachsen. Geld abheben wurde zelebriert und ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn ich irgendwo mit Karte bezahlen konnte. Ich stellte damals schon fest, dass mir Bargeld nicht passte. Ständig vergaß ich es in den Hosentaschen und es wurde gewaschen oder ich verschlampte es woanders – einfach weg, zack 10 Euro, dahin – irgendwo in den weiten Welten des zweigleisigen Ostermünchener Bahnhofes.

Nicht nur der Slogan bleibt gleich

So lebte ich, tagein, tagaus mit dem wohlklingenden „Wenn´s um Geld geht – Sparkasse“ entspannt vor mich hin, ich hatte ja mein Girokonto. Der Slogan stammt übrigens aus dem Jahre 1963, klingt gar nicht so lange her, ist es aber. 1963 wurde JFK erschossen, Ludwig Erhard wurde nach dem Rücktritt Konrad Adenauers neuer und zweiter Bundeskanzler der Bundesrepublik, Borussia Dortmund wurde deutscher Meister und in Gesellschaft trank man Bowle. Das dieser Slogan nun auch noch in den späten 90ziger, frühen 00er Jahre irgendwie aktuell war, zeichnet das Bild einer Sparkasse die nur schleppend in das neue Jahrtausend gekommen ist, was mich als damaliger Kunde aber nicht sonderlich störte, bzw. habe ich es nicht einmal gemerkt.

Irgendwie altbacken

Geld kam rein, Geld konnte raus – fertig. Ich hatte auch keine großen Ansprüche an meine Bank, was sich mit dem Älterwerden geändert hat. Kontoauszüge am Automaten holen oder gegen eine Gebühr nach Hause schicken lassen? Kontostand am Automaten checken bevor man einkaufen geht um nicht wieder was zurücklegen zu müssen? Ewige Warteschleifen, mit gruseliger Musik um eine Karte sperren zu lassen? Fühlte sich damals alles schon altbacken und nicht mehr zeitgemäß für mich an. Ich hatte keine Zeit und wollte mich nicht mit solchen Sachen beschäftigen, aber dadurch fing ich an nach Alternativen zu suchen.

Das Neue

Und mit den Direktbanken fand ich sogar mehr als eine Alternative: Die Direktbank! Ich fand sie wie ein helles Licht, ein leise gesungenes, aber dominant klingendes „Ave“. Es war so einfach – Antrag stellen, PostIdent, PIN, Karte – zack, schon hatte ich ein weiteres Girokonto. Online abgewickelt, ohne Filiale, keine nervigen Kontoauszüge, überweisen, Dauerauftrag, Unterkonto, alles ab sofort online – entspannt von der Bank zum Banking und inklusive Kreditkarte. Es war einfach „Die neue Generation Bank“. Somit war die Ära als Sparkassen-Kind endgültig zu Ende. Ich muss gestehen, dass es sich damals seltsam anfühlte – man kannte sich, jahrelang der selbe Berater, gegenseitiges Duzen und das Warten am Bahnhof. Es fühlte sich ein wenig nach Abschied an.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.