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UNGLEICHHEIT

Vermögensteuer: Fluch oder Segen für mehr soziale Gerechtigkeit?

von Isabella Müller-Reinhardt

Lasst uns mal über ein sehr strittiges Thema reden: Die Vermögensteuer. Mich betrifft sie Gott sei Dank nicht. Warum? Nun, ich war so schlau und habe schon vor vielen Jahren meine ganze Kohle ins Ausland geschafft. Die Bahamas sind ein wunderbarer Ort. Tolle Strände, schönes, klares Wasser und mein Geld vermehrt sich dort quasi von ganz alleine.

Kleiner Scherz. Ich habe kein Vermögen. So wie die meisten von uns. Und genau das ist ja das große Problem. Denn die Privatvermögen sind in Deutschland sehr ungleich verteilt. Die zehn reichsten Prozent in Deutschland besitzen rund 60 Prozent (!) des Gesamtvermögens. Dem reichsten Prozent gehört etwa 18 Prozent. Wer in Deutschland ein Vermögen von mehr als 722.000 Euro hat, gehört schon zu den oberen 5 Prozent. Wobei Vermögen hier natürlich nicht nur das Geld auf dem Festgeldkonto ist. Alles was Blingbling macht, an der Wand hängt, in der Garage steht oder bewohnbar ist, zählt zu den Vermögenswerten: Immobilien, Kunst, Schmuck, Autos, Flugzeuge, Aktien, Wertpapiere und vielleicht sogar Chanel Handtaschen.

Und da die Vermögensteuer, die es in Deutschland seit 1997 nicht mehr gibt, nur einen kleinen Teil der Bevölkerung betreffen würde, sind auch die neuesten Umfragen der Bertelsmann Stiftung nicht überraschend. 76,5 Prozent der Befragten sprachen sich ganz klar für eine Vermögensteuer für „Reiche“ aus. Die Umfrage ist allerdings schon ein Jahr her. Die vergangenen Monate dürften diese Meinung noch verschärft haben. Durch die Energiekrise und die allgemeine Preissteigerung wird die soziale Ungleichheit in Deutschland noch deutlicher. 

Aber würde eine Vermögensteuer wirklich Sinn machen? Ab wieviel Vermögen müsste man zahlen? Und wie viel? 

Die Grünen sprachen in ihrem Wahlprogramm zur Bundestagswahl im vergangenen Jahr von 1 Prozent Steuer jährlich ab einem Vermögen von 2 Millionen Euro. Das klingt für mich fair. Wer mehr als 2 Millionen Euro (sehr viel Geld) besitzt, wird ja wohl 1 Prozent davon (20.000 Euro) im Jahr abgeben können?

Wenn es aber wirklich so einfach wäre, wie es klingt, gäbe es nicht ständig Diskussionen und Streit um das Thema. Die FDP fürchtet zu hohe Belastungen für Betriebe und glaubt, die Vermögensteuer würde zu dem noch Investitionen verhindern. Dadurch stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel und das wiederum könnte nur für noch mehr soziale Ungerechtigkeit sorgen.

Fakt ist, die Schere zwischen reich und arm wird in Deutschland immer größer. Experten schätzen, eine Vermögensteuer würde um die 20 Milliarden Euro (!!) in die Kasse spülen. Aber ob diese Einnahmen am Ende tatsächlich für mehr Gerechtigkeit sorgen, und den sozialen Frieden bringen kann wohl niemand genau vorhersehen.

Wäre es wirklich so einfach, wären sich wohl alle Entscheidungsträger und Parteien mal zur Abwechslung einig.

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Isabella Müller-Reinhardt
Isabella Müller-Reinhardt

Die in Madrid aufgewachsene Münchnerin arbeitet seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren als Sportmoderatorin für verschiedene deutsche und englische Fernsehsender. Zu den Stationen Müller-Reinhardts zählen unter anderem ARD, ITV, Sport1, Sky und Arena. Zudem plaudert sie in einem Podcast über „Weiberkram“, schreibt diverse Sportkolumnen und hat mit "Mensch Trainer" im Sommer 2020 ihr erstes Buch veröffentlicht.