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Der Stimmungsindex

Trumps Kurs bleibt unberechenbar

von Christof Schmidbauer

Am gestrigen Handelstag zeigten sich die internationalen Aktienmärkte einmal mehr von ihrer nervösen Seite. In Europa dominierten zunächst rote Vorzeichen – Ausdruck wachsender Unsicherheit und zunehmender Risikoaversion unter den Marktteilnehmern.

Ausschlaggebend war dabei insbesondere die dramatische Entwicklung am US-Anleihemarkt, wo es zu einem regelrechten Ausverkauf kam. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen schossen zeitweise auf 4,5 % nach oben, bei den 30-jährigen Papieren wurde mit einem Anstieg auf 5 % ein Niveau erreicht, das zuletzt während der Pandemiekrise 2020 beobachtet wurde.

Diese ungewöhnliche Korrelation fallender Aktien- und Anleihekurse – also der gleichzeitige Vertrauensverlust in beide Anlageklassen – sendete ein unmissverständliches Alarmsignal. Offenbar reifte im Weißen Haus die Erkenntnis, dass die Kombination aus steigender Panik an den Märkten und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit ein politisches Risiko ersten Ranges darstellt. Donald Trump zog noch während der US-Handelssitzung die Notbremse und ruderte bei seiner Zollpolitik spektakulär zurück. Zwar blieb China von der Kehrtwende ausgeschlossen und muss weiterhin mit Strafzöllen von 125 % leben, doch für über 75 andere Länder kündigte Trump eine 90-tägige Pause und einen einheitlichen Zollsatz von 10 % an.

Die Reaktion der Märkte war heftig – und historisch. Der Nasdaq verzeichnete mit einem Plus von knapp 12 % den stärksten Tagesanstieg seit 2008. Auch S&P 500 und Dow Jones schlossen mit enormen Gewinnen. Die asiatischen Märkte, allen voran der Nikkei, folgten in der Nacht mit kräftigen Aufschlägen.

Trotz dieser spektakulären Erholung bleibt unser apano Börsenstimmungsindex APX tief im neutralen Bereich, knapp an der Schwelle zur Pessimismuszone. Weshalb? Weil der Bruch im Vertrauen tief sitzt. Die Erholung kam nicht aus innerer Stärke der Märkte, sondern aus politischem Opportunismus. US- und japanische Aktienindizes notieren weiterhin unter ihren 200-Tage-Durchschnitten. Die Volatilitätsindizes verbleiben auf erhöhtem Niveau, die Flucht in Gold ist ungebrochen – beides klare Zeichen für ein fragiles Sentiment.

Zudem bleibt Trumps Kurs unberechenbar. Die Zollpause ist genau das – eine Pause, keine Lösung. Der Präsident betont Flexibilität, was aus Sicht der Märkte nichts anderes bedeutet als: Unsicherheit bleibt das neue Normal .

Auch systemische Risiken sollten nicht unterschätzt werden. Der gestrige Stress an den Anleihemärkten dürfte bei Banken und Hedgefonds für erhebliche Schieflagen gesorgt haben. Besonders Anleihenfonds mit Hebelwirkung könnten unter massiven Druck geraten sein. Die volle Wirkung wird sich wohl erst in den kommenden Tagen zeigen.

Wir bleiben daher vorerst vorsichtig. Einzelne Absicherungen werden wir im Tagesverlauf abbauen, doch eine klare Erhöhung der Investitionsquote halten wir angesichts der noch ungeklärten Marktlage nicht für angezeigt. In solchen Phasen gilt: Geduld ist kein Rückschritt, sondern Risikomanagement. Die strukturellen Probleme bleiben ungelöst. Unser APX signalisiert: Die Stimmung ist nicht so euphorisch, wie es die Kursgewinne vermuten lassen. Wer jetzt investiert, sollte das mit kühlem Kopf und einem klaren Sicherheitskonzept tun.

Der apano-StimmungsindexDies ist keine Anlageberatung. Bitte informiert euch vor einer Geldanlage über die Risiken und beachtet unsere Hinweise hier.

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ein Artikel von
Christof Schmidbauer
Christof Schmidbauer hat Erfahrung mit Aktienmandaten seit 1992. Über die Stationen Hornblower Fischer, Berlin & Co., Edmond de Rothschild Private Merchant Bank und der Vermögensverwaltung von der Heydt & Co. AG etablierte er ein Netzwerk auch im asiatisch/pazifischen Raum. Seit 2024 ist er bei der apano GmbH tätig und dort u.a. für die Fondsberatung sowie für den täglich publizierten und bewährten apano-Börsen-Stimmungsindex APX mitverantwortlich.