Wie glücklich macht Geld?

Das Wichtigste, das du spenden kannst: Trost!

von Moritz Weinstock

ZASTER-Kolumnist Frank Behrendt sieht am Flughafen eine weinende Frau. Statt weiter zu gehen, fragt er sie, ob er ihr helfen kann… Über einen stillen, schönen Moment mitten in der Hektik des Alltags

Ich mag Flughäfen, die Atmosphäre dort, das Kommen und Gehen. Wenn ich noch Zeit bis zum Abflug habe, setze ich mich gerne irgendwo hin und beobachte die Menschen. Kürzlich steuerte ich den Wartebereich „K“ am Münchner Flughafen an. Es war leer dort und erstaunlich ruhig. Deshalb fiel mir sofort das leise Schluchzen auf, das aus Richtung der Fensterfront kam. Draußen schien noch die Sonne, drinnen weinte eine junge Frau. Ich bin so erzogen worden, dass ich immer frage, ob ich helfen kann, wenn es jemandem augenscheinlich nicht gut geht. Ich sprach sie also an. Sie war Brasilianerin und hieß Pilar. Genau wie die Hauptfigur aus einem Buch von einem meiner Lieblings-Schriftsteller, Paulo Coelho: „Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte.“

Als ich ihr von meiner Tochter erzählte, lächelte sie

Unsere Kommunikation verlief problemlos, ich sprach ihre Muttersprache, weil ich selbst in ihrer Heimat aufgewachsen bin. Auch wenn ich eher selten Portugiesisch spreche, verstehe ich fast alles und kann mich passabel verständigen. Was mit ihr los war? Sie hatte am Telefon die schreckliche Nachricht erhalten, dass ihre Großmutter in Sao Paolo überraschend verstorben war. Sie hatte ein enges Verhältnis zu ihr gehabt, war bei ihr aufgewachsen. Die Oma war immer ihre wichtigste Wegbegleiterin gewesen. Ich erzählte Pilar von meiner kleinen Tochter. Und dass sie immer, wenn sich der Himmel rot färbt, erklärt, dass ihr verstorbener Opa Hans da oben gerade ganz bestimmt grillen würde.

Trost spenden kostet nichts – aber gibt so viel

Pilar lächelte und sagte: „Avó agora está tricotando no céu“ – Oma strickt jetzt im Himmel. Das war zu Lebzeiten ihre Lieblingsbeschäftigung gewesen. Ihr Flug wurde aufgerufen. Mit „Vai com deus“ – Geh mit Gott – hatte mich unser Kindermädchen in Rio de Janeiro jeden Morgen verabschiedet, wenn ich mich auf den Weg in die Schule unterm Zuckerhut machte. Jetzt sagte ich es zu dem Mädchen aus Brasilien, dem ich ein klein wenig Trost gespendet hatte. Ich sah ihr nach. Sie drehte sich noch einmal um und winkte mir zu. Draußen färbte die untergehende Sonne den Himmel in milde Rottöne. Da oben wurde bestimmt wieder gegrillt.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.