In den letzten zwei Jahren wurden mehr als 30 Videospielstudios weltweit geschlossen. Darunter auch sehr große und bekannte Studios wie Firewalk (Sony), wo mehr als 210 Arbeitsplätze gestrichen wurden, aber auch Neon Koi (Sony) und Cliffhanger (Electronic Arts). Studioschließungen sind grundsätzlich nichts Ungewöhnliches, da sie eher wie Projektgruppen aufgebaut sind. Man findet sich zusammen, um ein mehrjähriges Projekt auf die Beine zu stellen und bleibt zusammen, wenn es ein Erfolg wird. Anderenfalls gibt es entsprechende Anpassungen bis hin zur Auflösung. Auffällig ist jedoch, dass in der jüngsten Vergangenheit viele mittlere und große Studio harsche Misserfolge hatten.
Hinter den zahlreichen Studioschließungen standen drei Faktoren: 1) mangelnde Qualität, 2) Politisierung der Inhalte und 3) mangelnde Innovationen. Die mangelnde Qualität kann direkt auf die Covid-Jahre zurückgeführt werden, wo Homeoffice-Arbeit der Standard wurde, was die Produktivität der Projekte massiv beeinträchtigte. Die Politisierung der Inhalte, wo insbesondere DEI-Themen (Diversity, Equity und Inclusion) in die Spielinhalte hereingebracht wurden, stieß auf breite Ablehnung in der Community, die für Spaß bezahlt, aber nicht für ihr sauer verdientes Geld auch noch belehrt werden will. Die mangelnde Innovationskraft der Studios ist hingegen ein Dauerbrenner. Das Recycling von Inhalten stößt der Community immer stärker auf, da es so verbreitet ist.
Floppt ein Spiel, sind schnell hohe Millionenbeträge weg
Einer der größten Flops der jüngeren Zeit ist Concord gewesen. Das Shooter-Spiel soll Sony mehr als 400 Mio. US-Dollar in der Entwicklung gekostet haben und wurde im August 2024 nach acht Jahren Entwicklungszeit auf den Markt gebracht. Die Resonanz der Community war jedoch derart ablehnend, dass Concord nicht nur ein Misserfolg wurde, sondern Sony nur einen Monat später den Stecker zog, das Spiel vom Markt nahm und den Kunden eine Rückzahlung des Kaufpreises anbot. Eine solche Einzelfallbetrachtung führt allerdings etwas in die Irre, denn insgesamt geht es der Branche gut, aber es könnte durchaus besser gehen.
Sony Interactive Entertainment ist mit einem Jahresumsatz von knapp 31 Mrd. US-Dollar und einem operativen Gewinn von 2,7 Mrd. US-Dollar mit Abstand die Nr. 1 in der Branche. Dahinter stehen selbstverständlich vor allem das starke Konsolengeschäft und das Servicegeschäft. Das Studio-Geschäft ist im Kern ein globales Netzwerk von verschiedenen Studios wie Insomniac, Naughty Dog oder Bungie, die alle ihre Spezialitäten haben und nach Bedarf einzeln oder in Kooperation an Projekten arbeiten. Insgesamt erreicht SIE rund 124 Millionen monatlich aktive Benutzer. Direkt an dem Erfolg partizipieren kann man als Aktionär bedauerlicherweise nicht, sondern muss in diesem Fall auch noch den restlichen Sony-Konzern mitkaufen.
Etwas dichter dran ist Tencent. Weniger bekannt in Europa, da man vor allem den asiatischen Markt bedient, der jedoch riesig ist. Insbesondere der chinesische Markt ist sehr groß. Die Spiellust der Chinesen ist so hoch, dass Peking seit mehreren Jahren aktiv in die Freizeitgestaltung seiner Bürger eingreift. Minderjährige müssen sich beispielsweise mit ihrem vollen Namen registrieren und haben ein „Nachtspiel-Verbot“, das von 22 bis 8 Uhr geht.
Auch gilt während der Woche eine tägliche Zeitbegrenzung von höchstens 90 Minuten pro Tag. Dennoch hat es Tencent geschafft, sein Videospielgeschäft kräftig auszubauen. Zu den hauseigenen Franchises zählen Titel wie Honor of Kings, PUBG Mobile und Call of Duty (Mobile). Die Beteiligungen an ausländischen Studios sind aber nicht weniger erfolgreich, wo man bei Titeln wie League of Legends, Clash of Clans, Valorant und Fortnite mitmischt. Die Aktien entwickeln sich ausgezeichnet, was unter anderem an einer vorangegangenen langen Bewertungskorrektur und einer Renaissance chinesischer Aktien liegt.
Microsoft ist selbstverständlich in den Top 3, aber für den Investor kaum von Interesse. Obwohl das Xbox-Geschäft sehr erfolgreich ist, spielt es im Verhältnis zum restlichen Konzerngeschäft keine nennenswerte Rolle.
Größe ist nicht alles – auch kleinere Studios sind attraktiv
Ein Pure Play ist hingegen Nintendo, die derzeit mit der Switch 2 einen Riesenerfolg feiert. Die Community hat lange auf die neue (Hybrid-)Konsole gewartet und zeigt sich begeistert. Nintendo verkaufte in den ersten vier Tagen weltweit mehr als 3,5 Millionen Konsolen, womit die Switch 2 ganz offiziell die am schnellsten gestartete Nintendo-Konsole ist. Dahinter steht selbstverständlich auch, dass Nintendo ein großes Portfolio an Titeln hat, die sofort mit der Switch 2 gespielt werden können. Die starke Performance der Aktien wiederum resultiert aus der Erwartung, dass sich die Umsätze im laufenden Fiskaljahr 2026 mehr als verdoppeln werden. Aber Vorsicht: Im kommenden Fiskaljahr wird nur mit einem kleinen Wachstum von etwas mehr als 13 % gerechnet.
Ein Evergreen ist und bleibt Take-Two Interactive Software. Die Aktien sind das Einfallstor, um an dem Erfolg des Rockstar Games Studio zu partizipieren. Das Studio ist inzwischen legendär und steht für originellen Content, extreme Detailverliebtheit und langanhaltenden Spaß. Im Gegenzug muss die Community im Zweifel eine Dekade und länger warten, bis ein neues Spiel bzw. ein Nachfolger auf den Markt kommt. Zudem ist Rockstar Games im Hinblick auf seine Termine chronisch unzuverlässig. Der Launch für Grand Theft Auto VI wurde jüngst vom 4. Quartal 2025 auf das 2. Quartal 2026 verschoben. Ein geplatzter Termin von vielen. Die Börse nimmt es jedoch gelassen, denn GTA VI wird ohne jeden Zweifel ein neuer Blockbuster werden.
Last but not least verdienen die Aktien von Roblox die Aufmerksamkeit der Anleger. Die Plattform lebt von ihrer Offenheit und ihren schier unendlichen Möglichkeiten. Nicht gebunden an eine spezielle Hardware und offen für alle Entwickler und Studios, ist Roblox ein Eldorado und verfügt damit über etwas, womit sich die anderen Plattformen zeitweise schwertun: innovativen neuen Content. Und das sieht man vor allem an den Wachstumsraten von Roblox und der steigenden Zahl der Spieler.
Eine positive Dynamik, die zuletzt deutlich an Schwung gewann. Im 1. Quartal ein Umsatzplus von 29 % auf 1,04 Mrd. US-Dollar und die Bookings (Umsätze + Anzahlungen) kletterten sogar um 31 % auf 1,21 Mrd. US-Dollar. Alle jeweils Rekorde. Gleichzeitig verzeichnete man im Durchschnitt 97,8 Millionen (+26 %) täglich (!) aktive Spieler. Das ist Weltklasse und zeigt die hohe Attraktivität der Plattform in einfacher und direkter Form. Die Aktien gehen entsprechend steil und sind aktuell sehr heiß gelaufen.
Die Börse ist bei der Videospielbranche einen Schritt weiter. Während sich die Studios die Wunden lecken und den versunkenen Millioneninvestitionen hinterhertrauern, preist die Börse derzeit ein Umdenken bei den Spieleinhalten, eine wieder steigende Produktivität und zukünftige Blockbuster in die Kurse der Aktien ein. Die Branche verzeichnet eine Delle, aber die Zukunft verspricht neues Wachstum und hohe Gewinne.