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TEMPOLIMIT?

Tempolimit. Wenn nicht jetzt, wann dann?

von Isabella Müller-Reinhardt

Was haben Deutschland, Somalia, Myanmar, Haiti, Bhutan und Mauretanien gemeinsam? Richtig, kein Tempolimit. 

Jetzt ist es allerdings so, dass in vielen, der oben genannten Länder die miesen Straßenverhältnisse ein Rasen unmöglich machen. Nicht so in Deutschland. In unserem Land gibt es insgesamt 122 Autobahnen (!!), die zusammen auf eine Länge von 13.200 Kilometer kommen. Damit ist unser Autobahnnetz übrigens das viertlängste der Welt. Und wenn wir mal von vorübergehenden Tempolimit wegen Baustellen absehen, gilt auf 70% der Autobahnen in Deutschland freie Fahrt. 

Seit Jahren schon sorgt eine mögliche Geschwindigkeitsbegrenzung auf Deutschlands Autobahnen für Diskussionen. In der Politik, in jedem Wahlkampf aber auch beim Stammtisch. Die derzeitige Energiekrise sorgt jedoch dafür, dass das Thema besonders hochkocht. Zu Recht! Immerhin sollen wir alle momentan Energie sparen wo nur irgendwie möglich. 

Waschlappen, Heizung aus, dicker Pullover, keine Weihnachtsbeleuchtung, Stoßlüften. Es hagelt derzeit nur so von Energiespartipps dabei würde ein einfaches Tempolimit gleich mehrere Probleme gleichzeitig lösen.

Wer langsamer fährt, verbraucht weniger Sprit

Je schneller ein Fahrzeug unterwegs ist, desto größer ist der Luftwiderstand. Und je größer der Luftwiderstand ist, desto mehr Energie, sprich Sprit wird benötigt. Laut ADAC verbraucht ein Mittelklasseauto um bis zu zwei Drittel mehr Sprit wenn es mit 160km/h statt nur mit 100km/h fährt. Bei E-Autos verhält es sich übrigens nicht anders. Auch hier gilt, je schneller ein Auto fährt, umso mehr Strom verbraucht es.

Wer langsamer fährt, verursacht weniger CO2

Bei einem Tempolimit von 130km/h würde sich der CO2-Ausstoß um 1,9 Millionen Tonnen  im Jahr reduzieren. Bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 100km/h würden sich die Emissionen sogar um 5,4 Millionen Tonnen reduzieren. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage befürworten 57 Prozent der deutschen Autofahrer eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf deutschen Autobahnen. 39 Prozent der Befragten sprachen sich gegen ein Tempolimit aus.

In unserer Ampelregierung steht es dagegen 2:1. SPD und Grüne sind klar dafür, die FDP natürlich dagegen. Aber wusstet Ihr, dass es in Deutschland schon mal eine Geschwindigkeitsbegrenzung gab? Auch wegen einer weltweiten Krise? Die Geschichte wiederholt sich. 

Ölkrise, 1973. Damals wurde das sogenannte Energiesicherungsgesetz erlassen. Es gab vier autofreie Sonntage und ein auf sechs Monate begrenztes Tempolimit. 100km/h auf Autobahnen und 80km/h auf Landstraßen. 

Mir sind übrigens keine Geschichten bekannt, dass dieses Gesetz der Menschheit und ihrem Sinn für Freiheit in irgendeiner Weise Schaden zugefügt hätten. Und wisst Ihr wer damals die Regierung gestellt hat? Die SPD und – ACHTUNG – die FDP.

Daher meine Frage: Ist möglicherweise der Einfluss der Automobilhersteller auf die FDP in den letzten 50 Jahren gewachsen? Vielleicht wäre ja ein zeitlich begrenztes Tempolimit ein erster Anfang. Sechs Monate ohne Vollgas sollten auch für Christian Lindner und Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt machbar sein.

ein Artikel von
Isabella Müller-Reinhardt
Isabella Müller-Reinhardt

Die in Madrid aufgewachsene Münchnerin arbeitet seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren als Sportmoderatorin für verschiedene deutsche und englische Fernsehsender. Zu den Stationen Müller-Reinhardts zählen unter anderem ARD, ITV, Sport1, Sky und Arena. Zudem plaudert sie in einem Podcast über „Weiberkram“, schreibt diverse Sportkolumnen und hat mit "Mensch Trainer" im Sommer 2020 ihr erstes Buch veröffentlicht.