Selbstbestimmt sterben

Was kostet eigentlich… Sterbehilfe?

von Moritz Weinstock

Der Wunsch nach einem selbstbestimmten Lebensende wird vielen schwerkranken Menschen zur zusätzlichen Belastung. Denn die gesetzlichen Hürden dafür sind hoch. Und die Kosten?

Von 2015 bis heute war das Gesetz für Sterbehilfe in Deutschland klar. Denn mit dem Paragraf 217 des Strafgesetzbuchs galt: „Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt …, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Unternehmen sowie Ärzte, die dies durchführten bzw. entsprechende Mittel geschäftsmäßig anboten, bewegten sich damit nicht mehr in einer rechtlichen Grauzone – sie wurden zu Straftätern.

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Dass ebendieses Gesetz jedoch mit den Grundrechten eines Menschen nicht zu vereinbaren ist, wurde mit der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts festgelegt. Denn wenn die Würde des Menschen unantastbar ist, so muss es auch die selbstbestimmte Verfügung über das eigene Leben sein. Heißt: Jeder Mensch hat das Recht und die Freiheit „sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen“.

Das Gesetz von 2015 wurde damit als nichtig und verfassungswidrig erklärt, doch was bedeutet der Entscheid genau? Ist Sterbehilfe bzw. Beihilfe zur Selbsttötung in Deutschland nun wieder möglich und wenn ja, was kostet sie eigentlich?

Wie das ZDF erklärt, stehe Sterbehilfe noch nicht zur freien Disposition. So könne der Einzelne seine Entscheidung zur Selbsttötung ohne Dritte nicht umsetzen. Auch ein Anspruch auf Sterbehilfe bestehe demnach nicht, Ärzte dürfen selbst entscheiden, ob sie selbige leisten wollen oder nicht.

Gesetzeslage in europäischen Ländern

Während beispielsweise in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien, Irland, Dänemark, Ungar und der Slowakei lediglich die passive Sterbehilfe erlaubt ist, also der Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen, gelten in der Schweiz, Belgien, Luxenburg und den Niederlanden liberalere Gesetze.

Vor allem letzteres Land ist dem Thema besonders offen gegenüber eingestellt. Denn in den Niederlanden ist in speziellen Fällen sogar aktive Sterbehilfe, also die direkte Injektion todbringender Substanzen durch Ärzte, erlaubt.

Die Schweiz und BENELUX-Staaten gewähren neben passiver und indirekter Sterbehilfe auch den ärztlichen assistierten Suizid. Gemeint ist damit die Bereitstellung todbringender Präparate. Allerdings müssen Patienten, die den Wunsch danach äußern, in der Lage sein, sie auch selbst einzunehmen bzw. den Hahn für Infusionen zu öffnen.

Freitod-Begleitung muss Voraussetzungen erfüllen

In der Schweiz gibt es die Patientenverfügungs- und Sterbehilfe-Organisation „Exit„, die mit über 120.000 Mitgliedern zu den größten der Welt im Bereich der Sterbehilfe zählt.

Ihr zufolge müssen Menschen, die sich für den Freitod entscheiden, zunächst einige Voraussetzungen erfüllen. So ist es in der Schweiz per Gesetz unablässig, dass die sterbewillige Person:

  • weiß, was sie tut (Urteilsfähigkeit)
  • nicht aus dem Affekt handelt und die möglichen Alternativen kennt (Wohlerwogenheit)
  • einen dauerhaften Sterbewunsch hegt (Konstanz)
  • von Dritten nicht beeinflusst wird (Autonomie)
  • den Suizid eigenhändig ausführt

Erst wenn diese Kriterien erfüllt sind, kann weiter vorgegangen werden.

Aber was kostet Sterbehilfe nun?

Während „Exit“ bei einer Mitgliedschaft von mehr als drei Jahren (pro Jahr 45 CHF, etwa 42 Euro; Lebenslange Mitgliedschaft: 1100 CHF, etwas 1042 Euro), die Kosten für den Freitod komplett übernimmt, geht es bei manch anderem Anbieter deutlich kostspieliger zu:

So verlangt „Dignitas„, ein weitere Anbieter aus der Schweiz für die Freitod-Begleitung von seinen Mitgliedern zusätzlich zur Mitgliedschaft (Eintrittsgebühr: 200 CHF, ca. 188 Euro; Jahresbeitrag: min. 88 CHF, ca. 82 euro) „einen Vorschuss von insgesamt CHF 10’500.–, wenn DIGNITAS auch die Bestattungsfragen regelt, und von insgesamt CHF 7’500.–, wenn DIGNITAS weder mit Behördengängen noch mit Bestattungsfragen zu tun hat.“ Umgerechnet in Euro ergeben sich hierfür also Kosten zwischen 7000 und knapp 10000 Euro.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.