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Renault-Boss im Knast

Der Star-Manager und sein jähes Ende

von Anton Kleihues

Einer der mächtigsten Manager auf der Welt liegt auf dem Boden. Der geniale Stratege war vor Gier blind geworden. Nun griff in Japan der Rechtsstaat durch und zog einem notorischen Gewinner den Stecker.

Die Vita ist eigentlich zu gut um wahr zu sein. Geboren in Brasilien wuchs Carlos Ghosn als Kind einer christlich-libanesischen Familie im Libanon auf. Nach einem Ingenieurstudium an der Eliteuni École Polytechnique in Paris begann er 1978 bei Michelin und wurde dort bereits 1990 Chef von Michelin North America. Seine Karriere ging weiter steil bergauf. 1996 wechselte der engagierte Manager zum kriselnden Autobauer Renault. Dort drückte er als Executive Vice President umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen durch und brachte den französischen traditionsreichen Autobauer wieder in die schwarzen Zahlen.

Daraufhin wurde er 1999 zum japanischen Autokonzern Nissan geschickt, um auch dort seine Sanierungsmaßnahmen anzuwenden. Begünstigt durch eine existenzbedrohende Krise Nissans hatte sich Renault kurz zuvor mit 44,4 % an Nissan beteiligt. Durch Werksschließungen, Verbesserungen vieler Abläufe und einer Neuordnung der Zulieferkette schaffte es Ghosn wieder, das kränkelnde Autohaus zu retten. 2001 hatte er dann fast alles erreicht. Er erntete die Lorbeeren seiner harten Arbeit und übernahm den Vorstandsvorsitz von Nissan. Nur vier Jahre später erreichte er einen weiteren Höhepunkt seiner unglaublichen Karriere: Er wurde zusätzlich Vorstandschef von Renault und folgte damit Louis Schweitzer. 2016 übernahm er auch noch den Vorstandsvorsitz von Mitsubishi. Ein Jahr später verabschiedete er sich aus dem Vorstand von Nissan, weil er sich auf die Geschäfte von Mitsubishi und Renault zu konzentrieren wollte und wechselte in den Verwaltungsrat.

Vor wenigen Tagen wurde nun wie aus dem Nichts bekannt, dass japanische Behörden Hausdurchsuchungen bei Nissan durchgeführten. Der Autobauer teilte mit, Ghosn habe sein eigenes Einkommen in Jahresabschlüssen zu niedrig angesetzt und damit gegen Finanzmarktregelungen verstoßen. Zeitungsberichten zufolge geht es dabei um rund 40 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren. Außerdem soll der Top-Manager Unternehmensvermögen für private Zwecke genutzt haben. In der Konsequenz kündigte der neue Nissan-CEO an, dem Verwaltungsrat vorzuschlagen, Ghosn unverzüglich zu feuern. Am selben Tag wurde Ghosn in Japan verhaftet.

Der Held der Auto-Industrie soll den eigenen Konzern betrogen haben. Ein krasser Vorwurf. Als Reaktion stürzte die Renault-Aktie in Paris um rund elf Prozent ab. Das traf besonders den französischen Staat als Großaktionär. Mehr als 15 Prozent hält Frankreich an dem prestigeträchtigen Autobauer. Entsprechend prompt reagierte Präsident Emmanuel Macron:

Der Staat wird als Aktionär über die Stabilität der Allianz und der Gruppe wachen.
Emmanuel Macron

13? Unglückszahl!

Bereits im Frühjahr war es unruhig um den großen Ghosn geworden. Dem Staat gefiel als Großaktionär das üppige Salär des Star-Managers nicht. Am Ende der Fehde blieb er zwar am Steuer von Renault-Nissan-Mitsubishi, musste beim Gehalt aber um 30 Prozent abspecken. Dies war vor allem nötig, um ein politisches Zeichen gegen überhöhte Managervergütungen zu setzen. Außerdem wurde da bereits die Nachfolge geregelt: Der für Wettbewerb zuständige Renault-Vorstand Thierry Bolloré sollte Ghosn nachfolgen – ein Termin stand bisher nicht fest.

„Ein Spitzenmanager ist zuallererst jemand, der etwas leistet“, sagte Ghosn häufig. Und sein Erfolg war wahrhaftig imposant: Ghosn ist seit 2005 Vorstandschef von Renault und gilt in Frankreich als einer der erfolgreichsten Manager. Er hat die Renault-Nissan-Allianz mit zuletzt fast elf Millionen verkauften Fahrzeugen zu einem der weltgrößten Autohersteller neben Volkswagen und Toyota gemacht. 2017 verdiente er für seine Leistungen an der Spitze von Renault-Nissan-Mitsubishi etwa 13 Millionen Euro. Ihn scheint dennoch die Gier getrieben zu haben. Die 13 ist eine Unglückszahl. Jetzt sitzt der Star-Manager im Knast.

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Anton Kleihues
Anton studiert Politik in Berlin und liebt es, zu schreiben. Als ZASTER-Redakteur versucht er dabei immer neue, aktuelle und relevante Themen zu behandeln. Am liebsten berichtet er über Politik und Sport.