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Der Blick aus Zürich

Software-Aktien notieren im Tief, sind aber immun gegen den Zollkrieg

von Mikey Fritz

Können Sie das Wort „Strafzölle“ auch nicht mehr hören? Den meisten an der Börse geht es genauso. Den Zollkrieg hat niemand gewollt außer Präsident Trump und seiner Administration. Ändern kann man es nicht und die Börse passt sich (wie immer) an das neue Umfeld an. Die Suche nach neuen Opportunitäten hat also längst begonnen und die Software-Aktien sind eine solche. 

Man kann sich dem Thema Zollkrieg durchaus entziehen, denn es gibt einige wenige Branchen, die nicht im Geringsten davon betroffen sind. Dazu zählt unter anderem die Softwarebranche, was natürlich eine breite Definition ist, denn die Industrie ist breit gefächert. Was aber alle reinen Softwarehäuser gemein haben, ist, dass sie nicht unter die angedrohten Zölle der Amerikaner fallen, denen es vorrangig um das „Reshoring“ der Produktion geht. Der Fokus der Trump-Administration auf die Produktion überrascht nicht, denn die größten Softwarehäuser der Welt haben schon ihren Sitz in den USA. Entsprechend ist im Rest des Jahres mit wenigen direkten Einflüssen auf die Softwareunternehmen zu rechnen. 

Der positive Aspekt des Zollkrieges ist, dass die institutionellen Investoren ihre Portfolios alle gleichzeitig über die großen Benchmarks abgesichert haben und somit häufig auch das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wurde. Gute Beispiele dafür liefern Blue Chips aus dem Bereich der Unternehmenssoftware. 

Software-Aktien sind immun gegenüber dem Zollkrieg

SAP liegt als Opportunität auf der Hand. Die Aktien haben in den letzten Wochen in der Spitze ein Viertel ihres Wertes verloren, obwohl das Geschäft durch den Zollkrieg kaum oder überhaupt nicht tangiert werden wird. Ganz im Gegenteil kann man durchaus argumentieren, dass SAP von dem laufenden Investitionsboom in den USA profitieren kann. Denn viele Unternehmen und Konzerne arbeiten bereits an einem Aufbau von neuen Produktionskapazitäten in Amerika, um den Zollstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen. Das benötigt in der Regel auch neue ERP-Systeme oder zumindest eine Ausweitung der bisherigen Systeme. Die Zahlen und der neue Ausblick stehen am 22. April an, aber wir wissen bereits aus dem Bericht zum Geschäftsjahr 2024, dass SAP wieder einen neuen Wachstumspfad gefunden hat, nachdem man viele Jahre nur marginale Zuwächse bei den Umsätzen erreichte. 

Ein „junger“ Konkurrent in den USA ist ServiceNow. Anders als SAP ist man kein ERP-Unternehmen, sondern hat sich von Anfang an darauf fokussiert, Prozesse in Unternehmen zu automatisieren. Und das mit großem Erfolg. ServiceNow hat weniger als ein Drittel der Umsätze von SAP, aber fast zwei Drittel der Marktkapitalisierung der Deutschen. Und das lässt sich auch begründen, denn die Wachstumsrate von ServiceNow ist mehr als doppelt so groß wie die von SAP. Und in dieser Branche bewertet die Börse fast ausschließlich das Umsatzwachstum. 

ServiceNow wächst nicht nur so schnell, weil man einen so starken Vertrieb hat, sondern weil man auch in der Vergangenheit viele wachstumsstarke Unternehmen übernommen und diese integriert hat. Die letzte große Übernahmewelle war 2019/20 und seitdem hat sich der Umsatz mehr als verdreifacht. Die Aktien haben in der Korrektur sogar mehr als -40 % an Wert verloren und haben dabei die Tiefstkurse des vergangenen Jahres wiedergesehen. 

Die Börse schaut auf Wachstum, Wachstum und Wachstum 

Sehr viel spezialisierter ist Salesforce. Im Mittelpunkt steht hier die Handhabung der Kunden- und Mitarbeiterbeziehungen, wobei die cloudbasierten Softwareangebote immer spezialisierter wurden. Analog zu ServiceNow hat auch Salesforce einen wesentlichen Teil seines Umsatzes aus den Übernahmen von zahlreichen Unternehmen in der Vergangenheit gewonnen. Eine der letzten und größten Übernahmen war dabei Slack, die Salesforce im Dezember 2020 für 27,7 Mrd. US-Dollar übernahm. 

Im Hinblick auf die Stellung an der Börse zählt Salesforce zu den „reifen“ Softwareunternehmen. Man bewegt sich im Hinblick auf den Jahresumsatz und die Wachstumsrate auf Augenhöhe mit SAP, wird aber etwas geringer bewertet, da SAP „berechenbarer“ ist. Entsprechend gaben die Aktien von Salesforce in der jüngsten Korrektur auch stärker als die Deutschen ab. In der Spitze fiel die Marktkapitalisierung um mehr als -35 %. 

Eine Spezialität ist Intuit, die sich vor allem um die Belange von kleinen und mittleren Unternehmen kümmert. Angefangen hat man mit inzwischen allseits bekannten Softwareprodukten wie Quick Books und Turbo Tax. Das Unternehmen hat diese Blockbuster genutzt, um eine ganze Suite an Softwareangeboten zu erstellen, die die Bedürfnisse und den Bedarf von KMUs abdecken. Man ist noch nicht fertig, hat aber mit der Akquisition von MailChimp einen großen Schritt in die Bereiche Werbung, Marketing und Kundenkommunikation gemacht. 

Der Erfolg gibt Intuit recht. Im jüngst abgelaufenen Quartal wuchs man um 17 % auf 4 Mrd. US-Dollar und konnte das operative Ergebnis um 61 % auf 593 Mio. US-Dollar steigern. Günstig sind die Aktien nicht, aber das Geschäftsmodell funktioniert seit Jahrzehnten ausgezeichnet und wächst immer noch zweistellig. Was will man mehr? Von der letzten Spitze im November aus gemessen haben die Aktien in der aktuellen Korrektur bis zu einem Viertel ihres Wertes verloren, obwohl sie wenig mit den Zollstreitigkeiten der Trump-Administration zu tun haben. Ganz im Gegenteil: Intuit kann sogar durchaus von dem laufenden Investitionsboom in den USA profitieren, denn mit jedem neuen Unternehmen, das seine Produktion auf der grünen Wiese aufbaut, bildet sich auch ein großes Ökosystem aus kleinen und mittleren Unternehmen, die alle Unterstützung durch Dienstleister wie Intuit brauchen. 

Auch Deutschland hat attraktive Software-Aktien

Neben SAP hat auch Deutschland noch weitere attraktive Softwareunternehmen, die zuletzt unter die Räder gekommen sind. Zu den wirklich bedeutenden deutschen Softwareperlen zählt beispielsweise Atoss Software, die sich um das Management von Mitarbeitern kümmern. Im Gegensatz zu SAP hat man den Wandel zu einem SaaS-Geschäftsmodell recht schnell und vor allem auch mit Erfolg geschafft. Im vergangenen Jahr ein Plus von 13 % beim Umsatz auf 170,63 Mio. Euro, wobei das Cloud- und Subskriptionsgeschäft überproportional um 37 % wuchs. Auch die Profitabilität wuchs stark um 27 % auf 45,45 Mio. Euro.

Die Aktien haben seit dem Sommer 2024 einen langen Abwärtstrend gesehen, der jedoch jüngst gebrochen wurde. Die Bären stukkten den Kurs im April noch einmal bis auf 110 Euro, womit sich die Korrektur auf rund ein Viertel der Marktkapitalisierung belief. Doch die Bären wurden im Anschluss sofort wieder von den Bullen überrannt, die die Papiere am Boden aufsammelten.

Insgesamt gilt für die Softwareunternehmen in Amerika und Europa, die Lösungen und Dienstleistungen für Unternehmen anbieten, dass die Nachfrage ungebrochen hoch bleiben wird. Insbesondere der Drang zur Automatisierung hat nicht an Kraft verloren und würde sogar in einer Rezession, wie sie manche Anleger fürchten, das Geschäft der meisten Softwarehäuser tragen. Der wichtigste Punkt, der aktuell für diese Softwarehäuser spricht, ist jedoch, dass sie direkt mit dem Zollstreit der Trump-Administration nichts zu tun haben, aber im Zweifel sogar von dem dadurch ausgelösten Investitionsboom in den USA profitieren werden könnten. 

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Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Mikey Fritz an der Börse. Seine Karriere begann er als Wirtschaftsredakteur für die n-tv „Telebörse“. Es folgte die Gründung der FM Research in Berlin, welche Privatkunden und institutionelle Kunden mit eigenem Kapitalmarkt-Research beriet. Vor 15 Jahren setzte er einen neuen Schwerpunkt auf das Portfoliomanagement bei großen Vermögensverwaltern in der Schweiz und Deutschland sowie auf die Beratung von Finanzinstituten. Die Redaktion des Zürcher Finanzbriefes ist und bleibt aber sein Steckenpferd.