Neue Erkenntnisse

So viel Geld brauchst du wirklich für den Notfall

von Nils Matthiesen

Für den Notfall spart niemand gerne, es ist aber wichtig. Aber wie groß sollte die eiserne Reserve sein? Zwei Wissenschaftler verblüffen nun mit einer neuen Empfehlung.

In der Regel empfehlen Experten, drei bis sechs Monatsgehälter in der Hinterhand zu haben, um schlechte Zeiten wie Arbeitsplatzverlust, unerwartete Reparaturen oder schwere Krankheiten problemlos überstehen zu können. Generell gilt die Devise: Je mehr, desto besser. Die Ökonomen Emily Gallagher und Jorge Sabat stellen diese goldene Sparregel aber jetzt in Frage. Sie sind der überraschenden Meinung: Es reicht ein viel kleinerer Notfallgroschen.

Oft wenig Ersparnisse für den Notfall

Ihre Empfehlung fällt in der Tat viel geringer aus: Schlappe 2.467 US-Dollar, also umgerechnet rund 2.225 Euro sollen für Notfälle reichen. Um auf diese Zahl zu kommen analysierten die Wissenschaftler Finanzinformationen von mehr als 70.000 Haushalte mit niedrigem Einkommen (bis maximal 30.000 US-Dollar). Ihre Erkenntnisse:

  • Die meisten US-Bürger hätten bei einem Notfall nicht einmal 400 Dollar (ca. 360 Euro) zur Verfügung. In Deutschland sieht es ähnlich aus. Laut der Studie: „Rücklagen der Deutschen für den Notfall“ von Splendid Research aus dem Jahr 2018, können 34 Prozent der Deutschen keine 500 Euro für plötzlich auftretende Ausgaben erübrigen, ohne sich in Schulden stürzen zu müssen.
  • Jeder zusätzliche Dollar oder Euro, der beiseitegelegt wird, reduziere die Wahrscheinlichkeit drastisch, in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten.
  • Aber: Sobald das Polster mindestens 2.467 Dollar dick ist, verpuffe der Effekt. Ab dieser Schwelle erscheine es plötzlich nicht mehr so hilfreich zu sein, weiter zu sparen. Die Wahrscheinlichkeit, in eine Notlage zu geraten, werde zwar weiter reduziert, aber nicht mehr annähernd so effektiv.

Mehr Sparen für langfristige Ziele

Obwohl sich die Berechnungen nur auf Haushalte mit geringem Einkommen beziehen, gehen die Experten davon aus, dass der festgelegte Sparbetrag gleichermaßen auch für Menschen mit durchschnittlichem und hohem Einkommen gelte, da diese eine Krise meist besser durch ihr Einkommen ausgleichen könnten, als einkommensschwache Familien. Die Wissenschaftler betonen zudem, dass sie 2.467 Dollar nicht für das optimale Sparniveau halten. Es gehe ausschließlich um den Notfall. Für das Erreichen langfristiger finanzieller Ziele, zum Beispiel Immobilien oder Ausbildungen, solle man ganz im Gegenteil viel mehr sparen. Für Menschen, die um jeden Cent kämpfen müssten, stelle 2.467 Dollar aber definitiv einen guten Mindestsparbetrag dar, auf den es sich hinzuarbeiten lohne. „Das Problem für Menschen mit niedrigem Einkommen ist, dass der Großteil ihres Einkommens zur Deckung der täglichen Ausgaben benötigt wird. Sie haben nicht viel Spielraum, deshalb ist ein Sparpuffer besonders wichtig,“ so Gallagher.

Motivation zum Sparen

Die Wissenschaftler hoffen durch Ihre Botschaft, mehr Menschen zum Sparen animieren zu können. Die bisherigen Sparziele sind aus ihrer Sicht einfach zu hoch, und damit für Viele frustrierend. Sie berufen sich auf den „Goal-Gradient-Effekt“. Der besagt, dass Menschen umso härter arbeiten, je näher sie dem Ziel kommen. Ein Sparziel von 2.467 Dollar, scheine auch für Menschen erreichbar, die nicht so viel verdienen.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.