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START-UPS

Sechs Fallstricke bei der Verhandlung von ESOPs

von Zaster Redaktion

Viele Mitarbeiter von Start-ups verzichten auf einen Teil ihres Gehalts, um sich am langfristigen Erfolg des Unternehmens zu beteiligen. Hier erfahren Sie, was Sie dabei verhandeln und vermeiden sollten.

 

Startups bieten ihren Mitarbeitern die Chance, sich bei hoher Autonomie weiterzuentwickeln und an einem neuen Unternehmen zu bauen. Sie können jedoch nur selten ein hohes Gehalt zahlen. Deswegen setzen sie oft ESOPs auf (Employee Stock Option Programs), d.h. Programme, die den Mitarbeitern zusätzlich Unternehmensanteile vermitteln – als einfache Zuteilungen (stock grants), Optionen (stock options) oder virtuelle Firmenanteile (virtual share options), die eine Bonuszahlung für den Fall eines erfolgreichen Exits, meist eines Börsenganges (IPO) oder Verkaufs vorsehen (Trade Sale).

Für viele potentielle Mitarbeiter ist es anziehend, sich auch mit einer Beteiligung entlohnen zu lassen – der Erfolg der ersten Generation europäischer Technologieunternehmen zeigt längst, wie lukrativ das sein kann. Beteiligungsprogramme erhöhen zudem die Bindung ans Unternehmen und vereinen die Kräfte im gemeinsamen Ziel, ein dauerhaft wertvolles Unternehmen zu schaffen. Allerdings sind ESOPs oft schwer zu verstehen – vor allem für Menschen, die gerade erst in die Tech-Welt einsteigen. 

Hier darum sechs Fehler, die Sie vor Unterzeichnung eines ESOP vermeiden sollten:

Die Sperrfrist dauert zu lang.

Meist gibt es eine Sperrfrist, d.h. einen Zeitraum, den Sie abwarten müssen, bevor Sie Ihre ersten Anteile erhalten. Üblich für dieses „Cliff“ sind 12 Monate – so dass alle zugeteilten Optionen erst zu Beginn des 13. Monats „gevestet“ sind, d.h. nicht mehr verfallen können. Ab diesem Zeitpunkt erhalten Sie Ihre Anteile je nach Vereinbarung monatlich oder vierteljährlich. In Ausnahmefällen können Sie die Sperrfrist aber auf unter 12 Monate verkürzen. 

Die Zuteilung dauert zu lang.

In der Regel gilt: Je länger Sie für das Unternehmen arbeiten, desto mehr Anteile erhalten Sie. Das soll verhindern, dass Sie zu früh aus dem Unternehmen ausscheiden. Die Anteile werden in der Regel monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich übertragen, bis sie zum Ende des vierten Beschäftigungsjahres vollständig in Ihren Besitz übergehen.

Wenn Sie eine erfahrene Führungskraft sind, sollten Sie den Zeitrahmen auf insgesamt drei Jahre herunterhandeln, da Sie sonst zu lange an das Unternehmen gebunden sind. Idealerweise sollten Sie eine monatliche und nicht vierteljährliche oder jährliche Zuteilung erreichen. 

Ihr Basispreis ist zu hoch.

Grundsätzlich gilt: Mitarbeiter, die schon früh in ein Start-up eingestiegen sind, sollten am gemeinsamen Erfolg stärker partizipieren als Mitarbeiter, die erst später dazukommen. Dafür sorgt der so genannte Basispreis (Strike Price): Er verhindert, dass Nachzügler einfach beanspruchen, was andere mit sehr viel höherem Risiko geschaffen haben. Wenn beispielsweise ein Anteil bei Vertragsunterzeichnung 1.000 USD und bei Verkauf vier Jahre später 20.000 USD wert ist, hat der Mitarbeiter einen zusätzlichen Wert von 19.000 USD mitgeschaffen – den er dann auch im Falle eines Exits erhält. 

Achten Sie deshalb darauf, dass Sie den Basispreis aus der letzten Finanzierungsrunde zugrunde legen. Manchmal setzen Unternehmen einen höheren Basispreis an, aber das sollten Sie nur dann akzeptieren, wenn es zuverlässige Hinweise auf einen aktuell höheren Firmenwert gibt – wie z.B. ein unterzeichnetes Term Sheet von einem neuen Investor mit einer entsprechend höheren Bewertung.

Sie übersehen das „Back-loaded-Vesting“.

Bei einem langen Vesting-Zeitrahmen wird manchmal die große Masse der Anteile erst zu einem späteren Zeitpunkt zugeteilt. Startups wie das soziale Netzwerk Snap oder das E-Commerce-Unternehmen Farfetch haben solche Vesting-Systeme eingeführt, um Bleibe-Anreize für das Team zu schaffen. Beispielsweise werden im ersten Jahr 10%, im zweiten Jahr 20%, im dritten Jahr 30% und im vierten Jahr 40% der vereinbarten Anteile ausgegeben. 

Stattdessen sollten Sie zumindest eine gleichbleibende Zahl von Anteilen oder sogar ein “Front-loaded”-Vesting erreichen – mit z. B. 75 % der Anteile in den ersten beiden und 25% in den letzten beiden Jahren. Allerdings kann es schwierig sein, sich gegen das Standardprogramm des Unternehmens zu wehren, wenn die große Mehrheit es bereits akzeptiert hat. 

Sie vereinbaren keine Beschleunigung für den Fall des Exits.

Jedes Mitarbeiterbeteiligungspaket sollte eine Klausel enthalten, die regelt, wie im Fall eines Exits oder Eigentümerwechsels vorgegangen wird. Auch die noch nicht gevesteten (= noch nicht unverfallbaren) Anteile können dem Mitarbeiter dann auf einmal zugeschlagen werden – so dass er einen Anreiz weniger hat, im Unternehmen zu bleiben. Oder es gelten nur die bis dahin gevestetem Anteile für den Exit – was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Mitarbeiter auch unter den neuen Bedingungen weitermachen. Laut Index Ventures bietet ein Drittel der europäischen Start-ups allen Mitarbeitern ein beschleunigtes Vesting für den Fall des Exits an. 

Sie sind schneller ein „Bad Leaver“, als Sie denken. 

Dürfen Mitarbeiter, die das Unternehmen noch vor dem Verkauf oder Börsengang verlassen, ihre gevesteten Optionen behalten? Rund die Hälfte der europäischen Start-ups gestattet das – und untersagt lediglich die Ausübung der Option vor dem Exit. Allerdings: Wenn Sie gegen das Gesetz verstoßen und z.B. wegen eines Betrugs entlassen werden, müssen Sie als sogenannter „Bad Leaver“ in der Regel sämtliche Anteile rückübertragen. 

Und manchmal greifen die „Bad Leaver“-Klauseln schon sehr viel früher: Sie sollten darum genau hinsehen und keine Vereinbarung unterschreiben, die Sie schon dann, wenn Sie freiwillig gehen oder wegen angeblich schwacher Performance entlassen werden, zur Rückübertragung von Anteilen zwingt. Ausscheidende Mitarbeiter sollten zumindest einen Teil der Anteile nach zwei oder drei Jahren behalten dürfen.

Kurz: Eine mitarbeiterfreundliche ESOP-Vereinbarung sollte bei einer Sperrfrist von 12 Monaten einen Vesting-Plan von idealerweise drei Jahren umfassen, den Basispreis der letzten Finanzierungsrunde zugrunde legen, dazu ein monatliches Vesting, eine Beschleunigungsklausel für den Fall des Exits und eine Ausstiegsklausel mit enger Bad-Leaver-Definition vorsehen.

Dieser Artikel ist die gekürzte Fassung eines Kapitels aus dem Buch „The Builder’s Guide to the Tech Galaxy – Mit 99 Modulen vom Start-up zum Unicorn“. Martin Schilling ist Autor, Investor, Unternehmer und ehemaliger COO des Fintech-Unternehmens N26. Thomas Klugkist ist Autor, Medien- und Kommunikationsmanager sowie Berater für Scale-ups. 

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Zaster Redaktion
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