Zweites Leben

Wie ein Shoppingcenter mit recycelter Ware Geld verdient

von Moritz Weinstock

In Schweden steht das erste Shopping-Center der Welt, in dem du ausschließlich Recycling- und Second-Hand-Produkte bekommst. Was es damit auf sich hat, erfährst du hier.

Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, heißt es immer wieder – und es stimmt. Nicht grundlos hat das Bundesministerium für Umweltschutz Ende 2018 einen 5-Punkte-Plan ins Leben gerufen, dessen Ziel es ist, Verpackungsmüll zu reduzieren, Recycling zu stärken oder besonders überflüssige Produkte wie Plastikgeschirr oder Wattestäbchen aus Plastik generell zu verbieten. Die Richtung ist gut, doch obwohl in Deutschland fleißig Müll getrennt wird, wie der Spiegel schreibt, werden laut dem Plastikatlas der Heinrich-Böll-Stiftung gerade einmal 16 Prozent des Plastikmülls hierzulande recycelt. Weltweit sind es lediglich 10 Prozent! Und auch abseits der Lebensmittelindustrie wird fleißig weggeworfen, man denke nur an den Drucker mit der leeren Tintenpatrone.

Dinge, die die Zeit überdauern

Dabei ist vieles, was wir für nicht mehr gut oder zeitgemäß/trendy halten, oft genau das Gegenteil davon. Die klassische Levi’s 501 von damals ist heute wieder angesagt und auf Second-Hand-Märkten schnell vergriffen. Warum? Weil sie zu einer Zeit produziert wurde, in der Qualität und Langlebigkeit wichtigere Verkaufsargumente waren als Schnitt und Waschung. Die Menschen sehnen sich wieder nach hochwertigen Produkten, die die Zeit überdauern – sowohl was das Design als auch die Verarbeitungsqualität betrifft. Deshalb kaufen und verkaufen sie gebrauchte Ware auf Ebay, besuchen Flohmärkte oder schaffen aus Altem völlig Neues. Dass diese Konzepte auch massentauglich sind, beweist ein Shopping-Center aus Schweden seit 2015.

Des Einen Müll, des Anderen Freud

Die „ReTuna Återbruksgalleria“ ist das weltweite erste Shopping-Center, das ausschließlich recycelte Ware oder Second-Hand-Produkte anbietet. Der Standort für die ungewöhnliche Einkaufs-Mall könnte dabei nicht besser gewählt sein. Denn das schicke Einkaufszentrum mit IKEA-Atmosphäre liegt neben einem Wertstoffhof, wo die Leute ihren Müll und überflüssigen Hausrat abladen können. Wer hier in die Container des Einkaufszentrums sortiert, gibt ungeliebten Produkten eine zweite Chance. Nachdem Mitarbeiter die Container auf lohnenswerte Gegenstände durchsucht haben, dürfen die Shop-Besitzer des Einkaufszentrums ran und für ihr jeweiliges Ladenkonzept Produkte aussuchen, die sie reparieren, aufbereiten oder sofort feilbieten können. Auf diese Weise kommen totgeglaubte Kleidungsstücke, Möbel, Elektrogeräte und Technikartikel zurück in den Handel.

Mehr als ein Shopping-Center

Doch nicht nur das. Denn das ReTuna ist mehr als ein klassisches Shopping-Center. Statt sich nur auf das perfekte Shopping-Erlebnis für die Kunden zu konzentrieren (Restaurants und Cafés gibt es auch), bietet ReTuna auch Veranstaltungen, Workshops und Weiterbildungskurse rund um die Themen Nachhaltigkeit und Recycling an.

Das Einkaufszentrum hat seit seiner Entstehung im Jahr 2015 mehr als 50 neue Jobs in der Region 100 Kilometer westlich von Stockholm geschaffen und weltweit für Aufsehen gesorgt. Sogar ein Eintrag im Guiness Buch der Rekorde konnte es sich sichern. Zudem hat sich das Konzept als wirtschaftlich tragbar erwiesen. Im vergangenen Jahr wurde mehr als eine Millionen Euro mit recycelten Produkten erwirtschaftet, wie es auf der Website heißt.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.