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DER BLICK AUS ZÜRICH

Neue Chancen im AI-Boom

von Mikey Fritz

Nvidia steht in dieser Woche im Mittelpunkt. Keine andere Aktie hat die Rallye seit vergangenem Herbst derart geprägt. Man kann ohne Wenn und Aber sagen, dass der Aktienmarkt mit Nvidia steht und fällt. Entsprechend viel steht am Mittwochabend (22.05.2024) auf dem Spiel. Nicht nur für die Wall Street, sondern für alle Aktienmärkte.

Alles, was am Mittwoch bei Nvidia zählt, ist die Prognose. Die Hürden, die Nvidia nehmen muss, um die Rallye weiterzuführen, sind atemberaubend hoch. Für das abgelaufene 1. Fiskalquartal 2025 muss Nvidia einen Umsatz von mindestens 24,6 Mrd. US-Dollar vorlegen. Eine Steigerung um mehr als 240 % im Jahresvergleich. Und das ist nur das Minimum. Im Mittelpunkt steht für die Börsianer aber die Frage, wie weit sich die Wachstumsrate im sequenziellen Vergleich zu den Vorquartalen verringert hat. Erst bei einer Umsatzprognose von 27 Mrd. US-Dollar und mehr für das laufende Quartal bewegt sich überhaupt der Zeiger bei der Aktie. 

Parallel dazu bringt sich die Konkurrenz in Stellung. Alle wollen ein Stück vom AI-Kuchen haben, den Nvidia bisher fast ausschließlich für sich alleine beansprucht. Und da die Technik von Nvidia allen anderen so weit voraus ist, dass sie kurzfristig weder einzuholen noch zu schlagen ist, sucht die Konkurrenz nach gänzlichen neuen prospektiven Geschäftsmodellen im AI-Sektor mit hohen Wachstumsaussichten. 

Der Kampf um die Hardware war gestern

Auf der einen Seite heißt das Thema AI-PC. Denn die ausgesprochen teuren und leistungsfähigen Chips von Nvidia eignen sich im Kern für den wirtschaftlichen Einsatz nur in Rechenzentren und im Cloud-Geschäft. Doch wie immer in der Vergangenheit werden die technischen Fortschritte von einen zentralen zu einer dezentralen Lösung migrieren. Sprich: 

AI wird in Zukunft vermehrt auf dem lokalen PC passieren statt in der Cloud. Das zumindest ist der Traum von Chipherstellern wie AMD, Apple und Intel, die bisher dem AI-Zug hinterherlaufen. Aber auch von PC-Herstellern wie Dell, die ihren Kunden selbstverständlich das Neueste vom Neuesten bieten wollen. Auch wenn am Anfang sicherlich der Sticker auf den Maschinen mehr hermachen wird als die eigentliche Technik im Inneren. 

Software bekommt die größte Bedeutung

Der zweite Vorstoß, um Nvidias Monopol zu brechen, passiert auf der Softwareseite. Der wichtigste Ansatz ist, eine Alternative zu CUDA (Compute Unified Device Architecture) zu entwickeln. Dabei handelt es sich um die Softwareschnittstelle zwischen den Chips von Nvidia und den AI-Programmierern. Diese Schnittstelle kommt von Nvidia und ermöglicht im Kern erst, dass die AI-Modelle auf den Nvidia Chips so herausragende Leistungen abliefern. Eines der wichtigsten Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens, die gleichzeitig eine hohe Abhängigkeit zu Nvidia schafft und Preissetzungskraft gibt.

OpenAI will aus dieser Abhängigkeit heraus und hatte bereits 2021 eine Initiative ins Leben gerufen, um eine Alternative mit Hilfe der wichtigsten Player zu entwickeln. Triton soll als Open-Source Produkt die Rolle von CUDA übernehmen und gleichzeitig die Abhängigkeit zu den Nvidia Chips durch eine allgemeine Schnittstelle zu den verfügbaren AI-Chips anderer Anbieter ersetzen. Man will also das eng verdrahtete Ökosystem von Nvidia in eine Software- und Hardwareebene trennen, um die frei verfügbare Softwareebene Triton mit allen AI-Chips kompatibel zu machen. Dadurch können die Programmierer ihre Modelle unabhängig von der Hardware entwickeln, was die Kosten für AI erheblich senken würde. Und das Wachstum der Umsätze und Gewinne bei Nvidia erheblich beeinträchtigen würde.

Einfacher gesagt als getan

Das Vorhaben steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Und die entscheidende Frage ist auch, ob ein Unterfangen wie Triton jemals eine vergleichbare Leistung und einen ähnlichen Leistungsumfang wie CUDA erreicht. Erst wenn dies in Aussicht steht, werden die Programmierer in der Breite dazu übergehen, zu Triton zu wechseln, da sie ansonsten Gefahr laufen, ihre Arbeit zwei Mal zu machen: einmal für das Nvidia Ökosystem und einmal für das restliche Universum. 

Einer der bekanntesten Jünger von Triton ist Meta. Die Mutter von Facebook, Instagram und Co. hat die Open-Source Alternative in den Mittelpunkt ihrer AI-Strategie gestellt. Doch Triton ist nicht der einzige Vorstoß, um die Marktmacht von Nvidia zu brechen. Die UXL Foundation arbeitet beispielsweise an der OneAPI Plattform, die im Wesentlichen von Intel gefördert wird. Aber auch ARM, Google und Qualcomm beteiligen sich daran. 

Die AI Equity-Story wird breiter. Während 2023 die AI-Story im Wesentlichen nur aus Nvidia bestand, verbreitert sich in diesem Jahr das Angebot an möglichen attraktiven Investments deutlich. Entscheidend für den Erfolg ist vor allem zu verstehen, wie die Wall Street die jeweiligen Storys und Katalysatoren einordnet. Ein Thema, dessen wir uns im Zürcher Finanzbrief regelmäßig annehmen. 

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Seit mehr als 25 Jahren arbeitet Mikey Fritz an der Börse. Seine Karriere begann er als Wirtschaftsredakteur für die n-tv „Telebörse“. Es folgte die Gründung der FM Research in Berlin, welche Privatkunden und institutionelle Kunden mit eigenem Kapitalmarkt-Research beriet. Vor 15 Jahren setzte er einen neuen Schwerpunkt auf das Portfoliomanagement bei großen Vermögensverwaltern in der Schweiz und Deutschland sowie auf die Beratung von Finanzinstituten. Die Redaktion des Zürcher Finanzbriefes ist und bleibt aber sein Steckenpferd.