© Towfiqu Barbhuiya / Unsplash
Wie glücklich macht Geld?

Mut tut gut: Pippi Langstrumpf-Spirit forever

von Frank Behrendt

Wenn das renommierte Magazin „Harvard Business Manager „dem Thema „Mut“ eine Spezialausgabe widmet, dann hat das Thema Relevanz. Ich habe die Publikation in meinem Schrank unter „Inspiration“ abgelegt.

Marcus Hein, Experte und Trainer für Neurologische Führung, hat in einem Beitrag geschrieben: „Mut hat seine Grenzen“. Er führt dazu Übermut und Leichtsinn als negative Ausprägungen an. Thomas Middelhoff, ein ehemaliger Top-Manager, der sich in besten Zeiten gern als Business-Pop-Star inszenierte, erzählt in der genannten Spezialausgabe von genau diesem Übermut, der ihn am Ende ins Gefängnis brachte. 

Er plädiert nun dafür, inzwischen geläutert und gereift, „im Interesse der Gemeinschaft und sozialer Verantwortung seine eigenen Interessen zurückzunehmen.“ Wahre Worte, die der gefallene Star-Manager seinerzeit leider selbst nicht beherzigt hat. „Leichtsinn ist gefährlich“ und „Übermut tut selten gut“, hat mir schon meine Großmutter Hanne mahnend eingetrichtert. Mut dagegen wird – gerade in diesen Zeiten voller großer Herausforderungen – mehr denn je benötigt.

In der Politik ebenso wie im Berufsleben. „Ist Mut eigentlich erlernbar?“, fragte mich kürzlich die Zuhörerin eines Vortrags, den ich passend zu meinem Buch – „Von Kindern lernen“ – hielt. Vor den Pappaufstellern meiner Kindheitshelden wie „Han Solo“ aus „Star Wars“ oder dem vor ein paar Wochen viel diskutierten Häuptling „Winnetou“ unterhielten wir uns im Anschluß sehr angeregt. Die Frau, die in der Kinder- und Jugendarbeit tätig ist, wünscht sich mehr Ermutigung in unserer Gesellschaft. Sie wirbt für Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter:innen als Verbündete gewinnen, sie maximal ermutigen und dann gemeinsam für ein großes Ziel am Ende eines Transformationsprozesses einstehen.

Wir waren uns einig, dass das Fundament für Mut bereits in der Kindheit gelegt wird. Wahrscheinlich träumen nahezu alle Eltern von mutigen und starken Kindern. Mädchen und Jungen, die neugierig sind, etwas wagen, sich wehren können. Was tun wir Eltern daher als umsichtige und verantwortliche Wegbegleiter? Wir sprechen dem Nachwuchs Mut zu: „Du schaffst das schon!“ Wir vermitteln ihnen Vorbilder, wie die fiktionale Ikone „Pippi Langstrumpf“ aus der Feder der schwedischen Autorin Astrid Lindgren.

Auch meine Eltern haben meinen beiden Geschwistern und mir ihre Abenteuer vorgelesen, so wie ich später meine Kinder mit diesem starken, mutigen Mädchen vertraut gemacht habe. Pippi steht für das ein, was sie denkt und fühlt und ist für mich eine lebendige Übersetzung von Mut. Würden wir uns nicht alle am liebsten maximal unerschrocken wie sie jeder noch so toughen Herausforderung des Lebens stellen? In dem inspirierenden persönlichen Gespräch kamen wir in diesem Zusammenhang auch auf Annika, die ängstliche Freundin im Lindgren-Trio, zu der auch noch Annikas Bruder Tommy gehört.

Die Erzieherin berichtete von einer T-Shirt-Kollektion mit dem Aufdruck „Sei Pippi – Nicht Annika.“ Sicherlich witzig gemeint, aber diese intelligent gescriptete Kinderbuchfigur, als Gegenpol der unerschrockenen Heldin, sollten wir nicht aufgrund ihrer Zurückhaltung verdammen: Denn Mut und Angst schließen sich nicht aus. Forscher sagen sogar: „Mut definiert sich als Aktion im Angesicht von Angst“. Die meisten mutigen Menschen sprechen oft davon, dass sie erst ihre Furcht überwinden mussten, bevor sie eine mutige Tat vollbringen konnten. Angst ist also die Partnerin in Crime, wenn man mutig sein will. Die kluge Frau in Emmerich präsentierte mir am Ende ein Infoblatt, auf dem aufgelistet ist, wie Eltern ihre Kinder auf dem Weg zu mehr Mut unterstützen können: 

Auch Risiko zulassen

Kinder lieben Grenzerfahrungen. Unsere Aufgabe ist es, ohne angstvolle Warnung oder Prophezeiungen danebenzustehen und wenn nötig aufzufangen.

Eigene Grenzen respektieren

Wenn ein Kind sich nicht über die Hängebrücke traut, dann ist das so. Punkt. Endloses zusprechen kann das Kind verunsichern, lähmen und Scham erzeugen.

Vergleiche mit anderen vermeiden

Jedes Kind kann Mut entwickeln, allerdings in seinem ganz persönlichen Tempo und Ausmaß. Gebt ihnen die individuell benötigte Zeit, es gibt keine Raster.

Persönliche Empathie fördern

Mit einfachen Fragen wie: „Was würdest du in einer solchen Situation wollen oder tun?“, unterstützen Eltern bei den Kindern die Fähigkeit der Einfühlung.

Auch Fehler zulassen

Wenn Kinder in der Gewissheit leben, dass ihre Eltern sie auch lieben, wenn sie Freiheit haben, Fehler zu machen, können ohne Druck mutig werden.

Unsere Vorbildrolle nutzen

Auch wir Erwachsene haben genauso Angst und sind genauso mutig. Kinder schauen genau, wie wir uns verhalten und wo wir unsere Ängste überwinden.

Ich finde, dass man diese praktischen Herangehensweisen auch 1:1 im Job hervorragend beherzigen kann. Ersetzt einfach „Kinder“ durch „Mitarbeitende“ und „Eltern“ durch „Führungskräfte“: It works!

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.