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ZUKUNFTSTECHNOLOGIEN

„Mit Web3 begonnen und bei Bitcoin angekommen“ – Im Gespräch mit Dirk Röder

von Theresa v. Rehlingen-Prinz

Die Deutsche Telekom MMS GmbH ist ein Digital-Dienstleister, der sich als digitaler Transformationsbegleiter von Großkonzernen und mittelständischen Unternehmen versteht. Über 2200 Mitarbeitende an neun Standorten in Deutschland entwickeln Geschäftsmodelle für digitale Erlebnisse.

 

Seit einiger Zeit setzen sie auch auf eine Web3-Strategie, die bisher vor allem Staking beinhaltete. Vor kurzem wurde dann auch Bitcoin, in Form von gehosteten Nodes mieingebunden. ZASTER-Autorin Theresa von Rehlingen-Prinz traf Dirk Röder, Head of Blockchain Solution Center bei der Telekom MMS und bekam Einblicke darüber, wie es zu der Entscheidung kam und was in Zukunft geplant ist.

Wie kam die Telekom MMS dazu, die Netzwerke Ethereum, Chainlink und Polkadot unter anderem zu unterstützen?


Die Telekom hat zu Anfang die gleiche Entwicklung wie viele andere IT-Beratungshäuser und IT-Dienstleister gemacht. Wir haben uns mit der Technik auseinandergesetzt und das bestand im Grunde genommen daraus, die Technologie erst mal einzuordnen und zu schauen, was überhaupt eine Blockchain ist. Danach geht es darum, Anwendungsfälle bei diversen Kunden zu identifizieren.

Letztlich ist es so, dass wenn Projekte nicht umgesetzt werden, es selten an der Technik scheitert. Viel mehr liegt es an den daraus resultierenden digitalen Transformationsprozessen. Wenn man sich die Blockchain anschaut und sie in einem Unternehmensablauf integrieren will, dann bleibt in der Regel kein Stein auf dem anderen. So entsteht das berühmte Change-Management, und das möchten und mögen die meisten Menschen nicht so.

Die Telekom MMS hat sich vor ungefähr zwei Jahren dieser Herausforderung gestellt und entschieden, sich von den Anwendungsfällen zu entkoppeln und sich auf die Kerneigenschaften und Werte von der Telekom zu besinnen. Diese hat damals mit Telefonie angefangen und mit ihrer Infrastruktur dafür gesorgt,dass Menschen sich über große Distanzen unterhalten können. Darauf folgte das Internet, bei dem sich die Telekom dafür entschied, die Infrastruktur, die es zum Tausch von Daten benötigt, bereitzustellen. Es ist jetzt eigentlich ein logischer Schritt, einen Schritt weiterzugehen und dafür zu sorgen, dass man auch andere Werte digital austauschen kann. Wir unterstützen dezentrale Netzwerke, also eigentlich dezentrale Infrastruktur mit unserer Kompetenz Cloud Compliance und Zuverlässigkeit. Wir benutzen eine eigene Cloud Infrastruktur, was uns von den meisten anderen Node-Betreibern, die Hyperscaler (AWS, Microsoft Ledger oder Google) nutzen, unterscheidet. 

Nach welchen Kriterien werden die Netzwerke, die ihr unterstützt, ausgesucht?

Wir sind ein wirtschaftliches Unternehmen und aus diesem Grund schauen wir uns natürlich in erster Linie an, womit wir Geld verdienen können. Wir wollen nicht bei Pump and Dumps (Pump and Dumps sind ein mindestens fragwürdiges, wenn nicht illegales Investitionsschema, mit dem der Wert einer Geldanlage künstlich erhöht wird. Dies geschieht in der Regel durch unrealistische oder gar falsche Behauptungen in Medienveröffentlichungen und Chatrooms mit dem Ziel den Wert der Anlage aufzublasen. Sobald die Realität einsetzt platzt die Blase und damit der Wert der Anlage) mitmachen. Wir suchen uns Projekte, bei denen wir einen Mehrwert sehen, aber achten eben auch auf die wirtschaftlichen Aspekte. Es ist auch von großer Bedeutung, wie viel Aufwand wir betreiben müssen und welche technischen Voraussetzungen gefordert werden. Natürlich ist es auch wichtig zu eruieren, was uns das Betreiben kostet, und wie viel man über die Reports einnehmen kann? Die zwei Fragen, bietet es einen Mehrwert und es ist es wirtschaftlich für uns? Das sind die Hauptkriterien. 

Welche Use Cases seht ihr hinter den von euch unterstützten Netzwerken?


Use Cases sind für uns erstmal zweitrangig. Nehmen wir Cosmos als fiktives Beispiel, bei dem wir das Netzwerk erst mal aus der technischen Perspektive betrachten würden. Das heißt, was könnte es für Web3 bedeuten, diese Idee voranzutreiben und bietet das eventuell irgendwelche Vorteile gegenüber anderen Netzwerken. Aber spezifische Use Cases wie beispielsweise Netzwerke, die sich für Logistik eignen würden, sind für uns irrelevant.

Wir schauen es uns auf Infrastrukturebene an. Ob Cosmos, Polkadot oder Ethereum (hierbei handelt es sich um sogenannte Proof of Stake Netzwerke (siehe Staking). Cosmos ist ein Ökosystem von Blockchains, die skalierbar sind und miteinander interagieren können. Vor Cosmos waren die Blockchains isoliert und konnten nicht miteinander kommunizieren. Sie waren schwer zu erstellen und konnten nur eine geringe Anzahl von Transaktionen pro Sekunde verarbeiten. Polkadot ist eine Open-Source-Blockchain-Platform und Kryptowährung. Durch Polkadot können verschiedene Blockchains Nachrichten auf sichere und vertrauenswürdige Weise untereinander austauschen. Das Protokoll wurde von Ethereum-Gründer Gavin Wood konzipiert. Ethereum ist ein quelloffenes verteiltes System, welches das Anlegen, Verwalten und Ausführen von Programmen bzw. Kontrakten (Smart Contracts) in einer eigenen Blockchain anbietet. Es stellt damit einen Gegenentwurf zur klassischen Client-Server-Architektur dar.), eigentlich sind sie alle ein bisschen wie der App Store von Apple. Apple bietet das Fundament, aber ob du darauf jetzt eine „Bier-Sauf-Wettbewerb-App“ oder eine „Bildungsapp“ baust, das wird den Kunden überlassen. Wir schauen uns im übertragenen Sinne die unterschiedlichen App Stores an und sagen, welches dieser wir unterstützen wollen.

Vor kurzem wurde auch bekanntgegeben, dass ihr Bitcoin Nodes hostet. Mit welchen Argumenten wurde die Telekom MMS davon überzeugt?

Neben unseren Staking (Staking ist Teil des Prozesses, den bestimmte Kryptowährungen verwenden, um Transaktionen zu verifizieren. Es ist ein wesentlicher Bestandteil eines Mechanismus, der als “Proof-of-Stake“ bezeichnet wird. Beim Staking unterstützt man die Konsensfindung in einem Blockchain-Protokoll. Diese Netzwerke erzeugen eine Übereinstimmung über die gültigen Transaktionen in Blöcken, indem sie das Proof-of-Stake-Verfahren anwenden. Kurz gesagt bedeutet das, dass Netzwerkteilnehmer ihre Token als Pfand für die Richtigkeit ihrer Validierung bereitstellen. Dafür werden sie mit „Staking Rewards“, einer Art Verzinsung, entlohnt.) Vorhaben liegt die Bitcoin Blockchain unseren bisherigen Plänen relativ nah als die größte, dominanteste und älteste Blockchain, die das Thema, Payment oder Geld, gerade mit den Second Layer Entwicklungen im Lightning Netzwerk inkomparabel abdecken kann. Ich weiß nicht, ob die Leser Lightning zuordnen können, das ist quasi die zweite Ebene über der Bitcoin Blockchain, die dann dafür sorgt, dass man mittlerweile, bis zu 1 Million Transaktionen pro Sekunde abwickeln kann (25x schneller als Visa).

Das heißt, dass wir damit schon kleine Beträge wie Kaffeekäufe tätigen können und da fließen im Markt gegenwärtig unglaublich viele Investitionen rein. Ich habe die Vision, dass das der Payment Rail der Zukunft werden könnte. Ich sage nicht, dass es keine Banken mehr geben wird, aber das Bitcoin und eben auch Lightning, die Art und Weise, wie wir Geld um die Welt schicken revolutionieren kann. Wir dürfen jetzt auch nicht den Fehler machen, den Deutsche oder Westler generell oft machen zu meinen, unser Bankensystem mit dem Rest der Welt zu vergleichen.

Es gibt Milliarden Menschen, die gar keinen Zugang zum Bankensystem haben und beim Senden von Geld horrende Gebühren (Western Union bis zu 30%) zahlen müssen. Das könnte Bitcoin ändern und der südlichen Halbkugel quasi eine Alternative bieten, Geld zu empfangen und zu schicken. Du brauchst dann plötzlich nur noch Telefon und Internet, um zu partizipieren. Natürlich geht es dabei nicht nur um den globalen Süden, sondern auch um den Westen, aber der Bedarf für sicheres, zensurresistentes Geld ist im globalen Süden höher. Da kommt die Frage rein infrastrukturell auf, ob man da nicht mitspielen will. Wir sind aber ganz am Anfang und unsere Unternehmungen ähneln eher „Jugend forscht“. Dabei war der erste Schritt schlicht und ergreifend, dass wir Bitcoin Nodes hochgefahren haben. Das habe ich mit meinem Team vorangetrieben. Der gegenwärtige Plan ist das künftig noch auszubauen.

ein Artikel von
Theresa v. Rehlingen-Prinz
Theresa ist Kommunikationstrategin und Texterin. Davor arbeitete sie national und international im Venture Capital Bereich. Nebenbei beschäftigt sie sich auch viel mit weniger prominenten Alternativanlagen wie z.B. Kryptowährungen.