Die dunkle Seite des Geldes

Meyer Lansky – Der Bankier des Verbrechens

von Melanie Steck

Alkoholschmuggel, Glücksspiel und Hotels: In den kriminellen Gefilden galt der Mobster Meyer Lansky als ehrlicher Geschäftsmann, der viel von Finanzen versteht. ZASTER wirft einen Blick auf die Karriere des Gangsters, der im 20. Jahrhundert in der Unterwelt sein Unwesen trieb.

Im Alter von neun Jahren erreicht Meyer Lansky mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im Jahr 1911 den Hafen von New York. Die aus dem heutigen Weißrussland stammende Familie zog dem Vater hinterher, der bereits einige Jahre zuvor ausgewandert war, um in einer Textilfabrik in Brooklyns zu arbeiten. Meyer Lansky verbringt seine Kindheit in der Lower East Side, New York. Seine frühen Spielpartner und Klassenkameraden werden eines Tages eine ähnliche Karriere einschlagen wie er. Ihre Namen: Lucky Luciano, Frank Costello und Benjamin „Bugsy“ Siegel.

Früh übt sich

Schon im Jugendlichen-Alter versucht sich Meyer Lansky am schnellen Geld. Als Zuhälter scheitert er, mit seinen Freunden verdient er sich etwas beim illegalen Würfelspiel Craps dazu. Erst mit 19 Jahren nimmt seine kriminelle Laufbahn Fahrt auf, begünstigt durch die 1921 eingeführte Prohibition: dem Verbot von Alkoholhandel- und Ausschank.

Gemeinsam mit seinem Kumpel Benjamin Siegel werden sie als „Bugs and Meyer Mob“ für ihren Alkoholschmuggel bekannt. Sie verkaufen hochwertigen Whiskey an Nachtclubs in Manhattanüberfielen dazu andere Alkohol-Convois und gründeten zur Tarnung ihrer Geschäftsmethoden einen Autoverleih.

Später stellen sie ihre blutige Dienste Lucky Luciano und Frank Costello zur Verfügung. Ihre gemeinsamen kriminellen Aktivitäten mit den Italienern werden später unter dem Namen „Broadyway Mob“ in die Geschichte eingehen. Hintergrund der Vereinigung war die Sicherstellung der Vorherrschaft über den Alkoholhandel in New York. Die enormen Profite aus den illegale Geschäften hatten sich herumgesprochen und führten zu zahlreichen gewaltsamen Konflikten unter Gangstern. Deswegen schloss sich die italienische und sizilianische La Cosa Nostra unter Luciano mit dem jüdischen Ableger der Kosher Nostra mit Meyer zusammen.

Ende der Prohibition

Nach dem zum Ende der Prohibition im Jahr 1933 mit Alkoholschmuggel kein Geld mehr verdient werden konnte, widmete sich Meyer dem Glücksspiel und dem Hotelwesen. Als sein Partner Luciano verhaftet wird und Al Capone für Steuerhinterziehung angeklagt wird, beginnt er außerdem vorsichtiger zu werden. Mit Hilfe eines Nummernkonto in der Schweiz schafft er es, seine Einnahmen (und kriminellen Aktivitäten) vor dem amerikanischen Fiskus geheim zu halten. Noch heute halten sich die Gerüchte, dass er gar eine Schweizer Bank gekauft hätte, um Geldwäsche zu betreiben.

Nach dem zweiten Weltkrieg begann Lansky zunehmend auf Kuba zu investieren. Neben einigen Hotels war er auch an zahlreichen Casinos beteiligt. Den Höhepunkt seiner Investitionen stellte das Luxus-Hotel „The Flamingo“ in Las Vegas dar, an dem neben ihm auch weitere Gangster beteiligt waren. Für den Bau war sein Jugendfreund Benjamin Siegel verantwortlich. Als sich die Kosten für Lansky & Co. verdreifachten und herauskam, dass Siegel eingesammeltes Geld in die Schweiz transferierte, beschlossen die zahlungskräftigen Gangster wenig später dessen Tod auf der berüchtigten „Havanna-Konferenz“.

Las Vegas, Kuba, Italien und Israel

Im Hotel Nacional fand 1946 die einwöchige Konferenz der größten Gangster Amerikas statt. Meyer Lansky galt als Drahtzieher der Zusammenkunft, bestritt aber zu Lebzeiten, dass er dort an den Mordplänen seines Freundes Benjamin Siegels beteiligt wäre. Weiter wurden auf Kuba die Zukunft und Aufteilung der Investitionen geplant und die Weichen für die kommenden Jahrzehnten gestellt. Nach dem Mord an Siegel im Sommer 1947 übernahmen Mitglieder der Kosha Nostra das Hotel Flamingo und Lansky verdiente bis zu seinem Tod mit.

Erst als der Revolutionsführer Fidel Castro Ende der 1950er-Jahre die Umtriebe der amerikanischen Gangster auf Kuba beendet und Casinos und Glücksspielhallen verstaatlichte, zog sich Lansky weitgehend aus Kuba zurück. Immer wieder ist ihm die Strafverfolgung auf der Spur, er flieht nach Italien, anschließend nach Israel, wo er dann wenige Monate später ausgewiesen wird. Er kehrt 1973 zurück nach Amerika, stellt sich einer Anklage wegen Steuerhinterziehung, die ihm schlussendlich aber nicht nachgewiesen werden kann. Anschließend zieht er sich zurück, führt Telefonate nur noch über öffentliche Telefonzellen bis das FBI seine Beschattung Ende der 1970er Jahre aufgibt.

Honest Meyer

Als Buchhalter des Verbrechens macht sich Meyer Lansky einen Namen. Ein FBI-Ermittler traute Meyer Lansky sogar die Führung von General Motors zu, dem damals größten Automobilhersteller der USA. Mehrere Razzien der Polizei blieben stets unerfolgreich – „Honest Meyer“ (ehrlicher Meyer) soll sich alles Wichtige ohne Papiere merken können: offene Summen, Kontonummern und Vertragsdetails. Der ehrliche Bankier verzichtete außerdem in seinen Casinos auf Betrug und Spielmanipulationen. Er war sich im klaren, dass ohnehin die Bank gewinnt – seine Gäste sollten sich in seinen Etablissements wohl fühlen und nicht über den Tisch gezogen. Darüber hinaus galt er als belesen, interessierte sich für Biographien und Philosophie und beschäftigte sogar einen eigenen Mathematik-Lehrer.

1983 stirbt Meyer Lansky in Miami an den Folgen seiner Krebserkrankung. Sein ganzes Leben verbringt er in Freiheit, nicht einmal muss er sich für seine Straftaten verantworten. An seinem Lebensabend in Florida konnte er wohl beinahe noch einen Blick auf den Ort seiner erfolgreichsten Schaffenszeit werfen: dem kleinen Inselstaat in der Karibik, der ihn in den 1950er-Jahren zu einem reichen Mann gemacht hat. Das FBI vermutete ein Vermögen von rund 300 Millionen US-Dollar und noch im Jahr 1982 listete das Forbes-Magazin ihn unter den 400 reichsten Amerikanern. Offiziell heißt es, dass Lansky zuletzt in bescheidenen Verhältnissen gelebt hätte – wie so oft, wenn Mafia-Paten und Gangster ohne formelle Einkünfte sterben. So befanden sich auf seinem amerikanischen Bankkonto 35.000 US-Dollar.

ein Artikel von
Melanie Steck