Die globale Dominanz des US-Dollar ist nicht vom Himmel gefallen. Die Stellung als Weltreservewährung basiert auch nicht auf multilateralen Verhandlungen zwischen den USA und anderen Staaten, sondern ist Ausdruck des informellen weltweiten Handels, der zu mehr als 60 % in dieser einen Währung abgewickelt wird. Kein Wunder, denn die USA erwirtschaften Jahr für Jahr rund ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung und sind der größte Konsumentenmarkt. Damit ist das Land der begehrteste Absatzmarkt von allen.
Wer mit den USA handelt, bekommt US-Dollar. Das ist das Vorrecht des Handelsstärkeren. Keine Erfindung der Amerikaner. Alle anderen dominierenden Länder haben es vorher genauso gemacht und werden es auch in Zukunft so handhaben. Wie beispielsweise China, die die nächste Weltreservewährung stellen werden.
Warum ist es so wichtig, die eigene Dominanz über die Währung ausstrahlen zu lassen?
Ein Land, das sich in seiner eigenen Währung verschulden kann, reduziert seine Risiken und erhöht seine Chancen. Es ist kein Garant für steigenden Wohlstand, aber nur wer die Kontrolle über seine eigene Währung und das dazugehörige Zinsniveau hat, hat auch die Kontrolle über die Zukunft seiner Volkswirtschaft. Alle anderen befinden sich in ständiger Abhängigkeit von ihren größten Handelspartnern und damit im Nachteil.
US-Dollar wird von zwei Seiten unter Druck gesetzt
Umso überraschender ist es daher, mit welcher Nonchalance das Weiße Haus den US-Dollar aktuell über die Klippe gehen lässt. Die Erklärung ist, dass die Trump-Administration eine temporäre Schwäche des Außenwertes akzeptiert, um in der Zwischenzeit die Weichen zu stellen, um langfristig die Bedeutung des US-Dollar zu zementieren. Das ist durchaus notwendig, denn ohne gezielte Eingriffe wird der Greenback spätestens zum Ende des Jahrhunderts den Staffelstab an den Yuan abgeben.
Konkret resultiert die aktuelle Schwäche des US-Dollar aus umfassenden Kapitalabflüssen in die anderen Handelswährungen. Das sind im Wesentlichen Euro, Pfund, Yen und Yuan, aber natürlich auch die vielen Minors, die jedoch nur als Aggregat von Bedeutung sind.
Diese Kapitalflüsse resultieren aus zwei Faktoren:
Wer mit den USA handelt, wechselt nun einen größeren Teil seiner Erlöse in lokale Währungen. Traditionell halten die Im- und Exporteure einen erheblichen Teil ihrer Liquidität in US-Dollar, da ein temporärer Wechsel in ihre Heimatwährungen hohe Gebühren verursacht und im Zweifel auch einen Wechselkursverlust mit sich bringen. Denn viele kleinere exportorientierte Wirtschaftsräume haben abwertende Währungen, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, wenn die Produkte im Hinblick auf die Qualität nicht konkurrenzfähig sind.
Typischerweise wird die Dollar-Liquidität zudem in verzinslichen Anlagen mit kurzen Laufzeiten angelegt, um einen zusätzlichen Ertrag zu erzielen. Dieses Kapital fließt dann häufig in amerikanische T-Bills, was wiederum die Finanzierung der amerikanischen Staatsverschuldung erleichtert. Dieser Kreislauf hat aktuell ein „Leck“. Die Im- und Exporteure ziehen Liquidität aus dem US-Dollar ab, da sie sich Sorgen über die Auswirkungen der chaotischen Zollpolitik machen und das Handelsvolumen insgesamt geschrumpft ist.
Zeitgleich ist der Zinsvorteil des US-Dollar gesunken. Das mag auf den ersten Blick überraschen, denn die Federal Reserve hält die Fed Funds Target Rate unverändert hoch bei 4,25 % bis 4,50 %. Für den Zinsvorteil, der über die Attraktivität oder Unattraktivität einer Währung im Vergleich mit einer anderen entscheidet, ist jedoch der Marktzins wichtig. Und da vor allem der lange Zins, also die 10-jährigen Laufzeiten.
Jetzt hat die Rendite der 10-jährigen T-Notes in den letzten 1 ½ Monaten stark geschwankt. Im Saldo hat sie sich jedoch kaum bewegt. Woher resultiert also der geschrumpfte Zinsvorteil? Die Rendite wird immer ins Verhältnis zu der erwarteten Inflation in den kommenden 5 bis 10 Jahren gestellt. Und hier hat sich kräftig etwas getan, denn die langfristige Inflationserwartung in den USA ist steil durch die Decke gegangen. Konkret ist sie aufgrund der Zollpolitik aus dem Stand heraus auf ein 34-Jahreshoch gesprungen. Und diese erhöhte Inflationserwartung reduziert den Dollar-Zinsvorteil erheblich, was der zweite Faktor für den schwachen US-Dollar ist.
Die massiv gestiegene Inflationserwartung basiert nicht auf Annahmen, sondern ist bereits gelebte Realität in den USA. Das betrifft insbesondere Produkte und Güter aus dem Ausland. Dienstleistungen und digitale Dienste sind natürlich gar nicht oder nur marginal betroffen. Die betroffenen Händler in den USA warten selbstverständlich nicht darauf, dass die kommenden Lieferungen teurer werden, sondern setzen bereits jetzt den Bestand im Preis herauf. Entsprechend beginnt die Inflationswelle schon im April, was wir nächsten Monat dann erstmals in den Inflationsdaten zu sehen bekommen.
Kein Weißer Ritter in Sicht
Das Weiße Haus wird sich um diesen Sachverhalt nicht kümmern. Erwarten Sie bitte nicht, dass die Republikaner, die Treasury oder die Federal Reserve als „Weißer Ritter“ eingreifen wird und den Außenwert des US-Dollar wieder richtet. Man wird die Schwäche als vorübergehenden Kollateralschaden abschreiben. Um den globalen Handel neu zu verdrahten zugunsten der US-Wirtschaft, ist eine vorübergehende Schwäche von mehreren Monaten oder gar Quartalen akzeptabel. Denn die Trump-Administration weiß, dass der US-Dollar nach einer erfolgreichen Implementierung der neuen Handelsabkommen wieder zu seiner alten Stärke zurückkehren wird.
Für alle Investoren, die mit dem US-Dollar zu tun haben, ist das natürlich ein schwacher Trost. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als die Schwäche des US-Dollar als Opportunität zu sehen und attraktive Dollar-Assets aufzusammeln, solange sie im Ausverkauf zu haben sind.
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