KINDERGELD

Strafe muss sein

von Sebastian Fiebrig

Sebastian Fiebrig ist Vater zweier Söhne und stellt sich immer wieder die Frage, wie er den beiden den richtigen Umgang mit Geld beibringt. In der ZASTER-Kolumne „Kindergeld“ nimmt er uns mit auf die schwierige Erziehungsreise.

Der Brief von den Berliner Verkehrsbetrieben gab sich gar keine Mühe, so zu tun, als wäre darin irgendetwas Schönes versteckt. Er war an die Eltern von Maximilian adressiert. Damit war zweifellos ich gemeint. Maximilian ist mein Sohn, der in die 10. Klasse geht.

Die Berliner Verkehrsbetriebe teilten mir schnörkellos mit, dass mein Sohn in der U-Bahn keinen Fahrschein vorzeigen konnte. Kann passieren, dachte ich. Portemonnaie vergessen, weil man einmal eine andere Tasche genommen hat. Als Besitzer einer Schüler-Monatskarte kostet das zwar etwas Strafe, aber die ist mit 7 Euro noch zu verschmerzen.

Die Vogel-Strauß-Taktik funktioniert nie

Doch das war leider nicht alles. Denn im Brief ging es noch weiter. Weil Max seine Monatskarte nicht im Nachhinein vorgezeigt hat, müsse er die volle Strafe von 60 Euro für das Schwarzfahren bezahlen. Dazu kam noch eine Mahngebühr.

Was war passiert? Er hatte einfach nicht gesagt, dass er sein Portemonnaie verloren hatte – zum dritten Mal. Vielleicht war es ihm peinlich. Er war jeden Tag ohne Fahrschein zur Schule und zurück gefahren, irgendwann wurde er erwischt. Und nachweisen konnte er nicht, dass er eine Monatskarte besitzt. Die befand sich ja im Portemonnaie.

Vielleicht hoffte er einfach, dass sich das Problem von alleine löst. Das denken ja auch Erwachsene oft. Aber Probleme haben die Angewohnheit, immer größer zu werden statt zu verschwinden. Mit dem Kopf im Sand sieht man es vielleicht nicht mehr um sich herum brennen, aber es wird eben trotzdem heiß.

„Was machen wir nun?“, fragte ich Max. Schulterzucken. 60 Euro plus Inkassokosten, dazu eine neue Monatskarte. Zusammen waren das gut 120 Euro. Ich war nicht bereit, das als Teenager-Dummheit durchgehen zu lassen. Vielleicht, wenn er sofort Bescheid gegeben hätte. Aber so nicht. Andererseits musste ich bezahlen, wenn ich wollte, dass der Fall erledigt und nicht noch teurer wird.

Eine Strafe muss weh tun

Nach dem Abendessen saß ich mit Max in der Küche. Vor uns wieder das Schreiben von den Berliner Verkehrsbetrieben. „Ich möchte, dass du das alles komplett bezahlst“, sagte ich ernst. Max riss die Augen auf und schaute mich entsetzt an. Als hätte ich die Playstation aus seinem Zimmer getragen und in den Müll geworfen.

„Ich überweise jetzt das Geld an die Verkehrsbetriebe und kaufe dir eine neue Monatskarte. Und du wirst es mir zurückzahlen und mir in den kommenden 12 Monaten jeweils 10 Euro von deinem Taschengeld geben.“ Es ging mir nicht um das Geld an sich. Ich wollte, dass er merkte, dass sein Verhalten direkte Auswirkungen auf ihn hat. Denn ich bin zwar immer für ihn da, doch er muss lernen, Verantwortung für sich zu übernehmen.

Ein Gutes hatte die Geschichte: Max hat sein Portemonnaie seitdem nicht mehr verloren.

ein Artikel von
Sebastian Fiebrig
Sebastian Fiebrig ist mehrfach ausgezeichneter Blogger und Podcaster. Und vor allem auch Vater, der sich ständig fragt, ob er bei der Erziehung in Geld-Dingen alles richtig macht.