Psychologie

Macht Geld glücklich? Und wenn ja: wieviel?

von Marcus Schwarze

Steigt mit zunehmendem Wohlstand auch das Wohlbefinden? Diese Frage treibt die Menschheit um, seitdem es Münzen gibt. Zaster fasst die zehn spannendsten Thesen über monetäres Glück und Unglück zusammen.

1
Fuck-you-Money

Ein prall gefülltes Konto als Garant für ein gutes Gefühl? „Fuck-you-money“ nennen Aktienhändler Geld, mit dem sie sich vom Job freikaufen können: Allein der Gedanke daran, dass eigene Ersparnisse es uns erlauben, den Job jederzeit aufgeben zu können, sorgt für Zufriedenheit! Wieviel Geld auf dem Glücks-Konto liegen sollte? Da muss jeder eine eigene Antwort finden.

2
An der Grenze zur Sorglosigkeit

Sehr viel konkreter sind der Psychologe Daniel Kahneman und der Ökonom Angus Deaton. Die beiden Träger des Wirtschaftsnobelpreises definieren die Grenze zur Sorglosigkeit mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von etwa 64.000 Euro. Bis zu dieser Schwelle macht Geld ihrer Studie zufolge glücklich. Alles darüber hinaus hat keinen Einfluss mehr auf die Zufriedenheit eines Menschen.

3
Lottogewinn hilft nur kurz

Den Traum vom Lottogewinn können Sie sich sparen! In verschiedenen Studien haben Forscher festgestellt, dass Lottogewinner schon wenige Monate nach dem Gewinn nicht auf ihr altes Glücksniveau zurückfallen. „Hedonistische Tretmühle“ heißt der Fachbegriff. Claudia Hammond erklärt in ihrem Buch „Erst denken, dann zahlen“, dass wir uns extrem schnell an einen neuen Lebensstandard gewöhnen. Evolutionstechnisch sei der Mensch nicht dafür geschaffen, dauerhafte Hochs oder Tiefs zu erleben – wenn man nicht schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückfand, übersah man den Feind, der im Hinterhalt lauerte. Jenen Menschen, die plötzlich viel Geld gewinnen oder erben, empfiehlt Hammond, den persönlichen Luxus ganz langsam zu erhöhen.

4
Gehalt ist auch nur relativ

Der Ökonom Richard Easterlin fand heraus, dass unser eigenes Glück deutlich davon beeinflusst wird, ob andere – vor allem Nachbarn oder Kollegen – ein höheres Einkommen haben als wir selbst. Reichtum ist relativ. Mit einem absoluten Wert allein kann unser Gehirn wenig anfangen, daher suchen wir immer nach Vergleichsgrößen. Besonders plakativ ist folgendes Gedankenexperiment: Für welches dieser beiden Jobangebote würden Sie sich entscheiden? A: Sie verdienen ein jährliches Bruttogehalt von 100.000 Euro, aber alle anderen Kollegen verdienen 130.000 Euro. B: Bei einem anderen Unternehmen bekommen Sie 80.000 Euro, all ihre anderen Kollegen verdienen dort nur 60.000 Euro. Wenn Sie so ticken wie die meisten Menschen, wählen Sie Option B – obwohl Sie objektiv schlechter verdienen würden.

5
Plötzlich reich, plötzlich krank

Zu viel Geld kann krank machen: Laut Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es in reichen Ländern mehr psychische Störungen als anderswo. „Sudden Wealth Syndrom“ („Plötzlich-Reich-Erkrankung“) bezeichnet Störungen wie krankhaften Geiz oder panische Verlustangst. Besonders gefährdet sind Menschen, die ganz plötzlich zu viel Geld kommen, etwa Lottomillionäre.

6
Die Wohlstandsgrippe

Eine andere Geldkrankheit heißt „Affluenza“, eine Wortschöpfung aus „affluence“ (Überfluss) und „Influenza“ (Grippe). Die Wohlstandsgrippe haben vor allem reich geborene Kinder, die unter dem Neid der Mitmenschen leiden. Irrationale Schuldgefühle nagen angeblich an ihrer Seele und führen zu Fehlverhalten. Mit einem Attest dieser psychischen Störung gelang es dem Verteidiger von Ethan Couch, vor einem Gericht in Texas mildernde Umstände zu erwirken: Der damals 16-Jährige Ethan hatte betrunken das Auto seines Vaters geklaut, vier Menschen getötet und zwei schwer verletzt. Statt zu 20 Jahren Knast wurde er zu zehn Jahren auf Bewährung in einer Rehabilitationsklinik verurteilt. Dank des Geldes hatte Ethan vielleicht Glück gehabt, es machte ihn aber ganz sicher nicht zu einem glücklichen Menschen.

7
Freizeit zählt

Wer auf „Happy Money“ spekuliert, sollte laut Forschern der Harvard University und der University of British Columbia in Zeit investieren: Für ein Experiment gaben sie einer Gruppe von Menschen an einem Wochenende 40 Dollar, um sich etwas Materielles zu leisten. Am nächsten Wochenende sollten die Probanden denselben Betrag in etwas investieren, um Zeit zu sparen, etwa eine Haushaltshilfe. Das Ergebnis: Ein paar Stunden Freizeit brachten sehr viel mehr Freude. Vielleicht sollten wir also bei der nächsten Gehaltsverhandlung überlegen, ob wir mehr Kohle oder mehr Urlaubstage fordern …

8
Anderen eine Freude machen

Als Geldanlage für ein gutes Gefühl empfiehlt die Psychologieprofessorin Elizabeth Dunn Geschenke oder Spenden. In ihrer Studie gab sie Passanten einen Umschlag mit Geld und bat die Hälfte der Probanden, sich davon selbst etwas zu kaufen. Die andere Hälfte sollte Freunde einladen oder den Betrag für einen wohltätigen Zweck spenden. Es stellte sich heraus, dass es jenen Menschen am besten ging, die anderen eine Freude machten.

9
Schnäppchen helfen

Abzocke kann richtig weh tun: Wenn wir zu viel zahlen, sind die Hirn-Regionen aktiv, die für Schmerz zuständig sind. Schnäppchen sorgen hingegen für Glücksgefühle – auch, wenn sie nur von kurzer Dauer sind.

10
Zu viel Nachdenken übers Geld

In einem Punkt sind sich Psychologen, Ökonomen und Glücksforscher einig: Zu viele Gedanken über Geld lohnen sich nicht! Ihr Kontostand vermehrt sich nicht schneller, je öfter Sie daran denken!

ein Artikel von
Marcus Schwarze