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Finanzielle Bildung

Liebes Depotkonto, was mach ich nur mit dir? 

von Zoe Brunner

Wenn ihr mich fragt was die jungen hochmotivierten Menschen heutzutage so treiben, dann antworte ich meistens Kryptowährungen verstehen und Geld investieren. Naja, also fast alle… Ich habe mich bis heute nicht damit beschäftigt, aber vielleicht wird es mal Zeit. Doch warum habe ich mich so lange davor gedrückt? Eine Kolumne von ZASTER-Autorin Zoe Brunner.

 

Als ich mir vor einigen Wochen eine comdirect Visa-Karte zulegte, wurde ich während des Anmeldeprozesses gefragt, ob ich ein Depot eröffnen möchte. Zunächst einmal verstand ich nicht genau worum es ging, da keine Erklärung vorhanden war. Doch nach eigener Recherche wurde mir klar: Es dreht sich alles rund um das Thema „Geld anlegen“. Ach ja, mein Vater hatte mir doch vor Jahren mal versucht das Ganze zu erklären. Ob ich es wirklich verstanden habe, ist eine andere Frage. Doch was macht man, wenn etwas nicht verständlich ist? Man sucht sich ein kurzes und informatives Video auf YouTube raus. Natürlich hatte Comdirect ein Erklärungsvideo parat – ob es wirklich dazu dienen sollte mir das Konzept zu erklären oder mir das Angebot zu vermarkten ist eine andere Frage.

Trotzdem schaute ich es mir an und erfuhr: Das Unterkonto gibt mir die Möglichkeit verschiedene Wertpapiere (zum Beispiel Aktien, ETF’s, Fonds oder Zertifikate) auszusuchen und einen Börsenplatz festzulegen, an dem der Kauf stattfinden soll. Dann soll man seine Sparrate bestimmen und diese auf die gewünschten Wertepapiere verteilen. Für jedes Wertpapier müssen mindestens 25 Euro investiert werden.  

Versteckte Hindernisse  

Zu meinem Erstaunen klang es für mich als Amateur-Anlegerin sehr verständlich und investieren musste ich ja „nur“ 25 Euro. Doch je mehr ich mich darüber informierte, desto mehr Fragen kamen auf. Muss ich jeden Tag auf die comdirect-App gehen und beobachten wie sich die Kurse ändern? Könnte ich von einem Tag auf den anderen mein ganzes Geld verlieren? Werde ich von einem Online Broker unterstützt oder muss ich die Sache selbst in die Hand nehmen? Die Aufklärung war mir doch unzureichend. Also entschied ich mich, mich weiter zu informieren und stieß auf die nächste Komplikation. Ich fand nämlich erst nach dem Video heraus, dass für jede Wertepapier-Dienstleistung Gebühren verrechnet werden. Das gilt nicht nur für die Depotführung an sich, sondern auch für die Durchführung von Wertepapiertransaktionen.

Zudem sind die verschiedenen Gebührenmodelle nur vorteilhaft, wenn das eigene Handelsverhalten an dem Modell angepasst ist. Das heißt wenn ich viele Aktien kaufe und verkaufe, besteht die Gefahr, dass das meiste Geld für Transaktionen durch die entstehenden Gebühren verloren geht. Das gleiche Szenario könnte entstehen, wenn das Portfolio an Investitionen zu einseitig ausgerichtet ist bzw. die Aktienanteile nicht breit gestreut werden. Würde ich nur auf einen spezifischen Markt setzen, könnten unerwartete Kursbewegungen, mein gesamtes Vermögen ins Schwanken bringen. Für mich war schnell klar: Wenn ich Geld anlege, gehe ich ein Risiko ein. Und das hat mich bisher verunsichert! Schließlich habe ich in der Vergangenheit nur einmal auf gut Glück an einem Gewinnspiel teilgenommen: Da war ich 14 und durfte ausnahmsweise von dem Account meiner Eltern „Pac-Man“ spielen. Mehr als 10 Euro konnte man aber nicht gewinnen…  

Ausbildung  

Das wiederrum bringt mich auf den nächsten Gedanken: Ich bin mit dem Thema „investieren“ nie so richtig in Kontakt gekommen. Weder in der Schule noch im Studium lernte ich wie ich mein Geld verwalte. Ob mir das geholfen hätte? Natürlich! Vor allem für junge Menschen wäre es eine Bereicherung über passive Einkommensquellen zu lernen. Das Investieren könnte wie eine Art finanzielle Entlastung sein, denn ein Teil der Wohnungsmiete und anfallende Studiengebühren könnten über die Gewinne finanziert werden. So würden möglicherweise weniger Jugendliche Bafög beantragen oder von dem Geld ihrer Eltern abhängig sein.

Doch das könnte nur zur Realität werden, wenn diese Kompetenz des Investieren bereits in der Schule beigebracht wird. Es gibt selbstverständlich Personen, die von selbst dieses Wissen aneignen, doch die sind entweder in der Finanzwelt tätig, studieren etwas in die Richtung oder können sich über ihre Eltern informieren. Sind einer dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, wird man wahrscheinlich kaum auf das Thema aufmerksam. Zumindest nicht in jungen Jahren.

ein Artikel von
Zoë ist in London aufgewachsen und besuchte dort die deutsche Schule. Aktuell arbeitet sie bei StoryMachine, studiert Journalismus und ist nebenbei als freie Journalistin tätig.