ZASTER: Wer profitiert derzeit überhaupt von der Mietpreisbremse?
Ulrich Ropertz: Dafür muss zwischen drei möglichen Mietarten unterschieden werden: Rund 90 Prozent der Vereinbarungen sind Bestandsmieten, die jene zahlen, die bereits in einer Wohnung oder einem Haus sind. Diese werden vom Vermieter entsprechend der ortsüblichen Vergleichsmieten der vergangenen vier Jahre angepasst und steigen dadurch jeweils mit Verzögerung. Sie sind gar nicht von der Regelung betroffen. Gleiches gilt für die zuletzt stark gestiegenen Neubaumieten, für die überhaupt keine gesetzliche Regelung existiert, welche die Preise dämpft.
Theoretisch profitieren nur diejenigen, die in neue vier Wände umziehen und die sogenannte Wiedervermietungsmiete bezahlen.
Die Mietpreisbremse gilt nur für circa acht Prozent aller Mietverträge
Hier gilt der Grundsatz der Mietpreisbremse: Der Vermieter darf nur die ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent fordern. Die Deckelung gilt also nur für circa acht Prozent des angebotenen Wohnraums, denn in dieser Größenordnung bewegt sich die Umzugsquote. Tatsächlich ist der Anteil sogar noch geringer, da die Mietpreisbremse nicht überall angewendet wird, derzeit in 320 Städten und Gemeinden (Anm. d. Red.: Davon gibt es in Deutschland jeweils über 10.000), und es gibt zahlreiche Ausnahmen.
ZASTER: Die Mietpreisbremse gibt es nun schon seit dem 1. Juni 2015, dennoch steigen die Mieten. Was ist da schiefgegangen?
Ropertz: „Sie wirkt schon allein deshalb nicht, da sie eben nicht bundesweit ist. Viele Vermieter übergehen die Mietpreisbremse einfach, da sie keinerlei rechtliche Konsequenzen zu befürchten haben. Sie spekulieren darauf, dass die Wohnungssuchenden sich das in der Not gefallen lassen.
Sie stecken nämlich in einem psychologischen Dilemma: Stellen Sie sich vor, Sie haben nach monatelanger Suche endlich Ihren Vertrag abgeschlossen. Ist die darin festgesetzte Miete über den erlaubten zehn Prozent der örtlichen Vergleichsmieten, wären Sie gezwungen, sich in einen Konflikt mit dem Vermieter zu begeben.
Der Ausgang ist jedoch ungewiss, da er sich unter Umständen auf einen Ausnahmetatbestand berufen kann. Der besteht, wenn die alte Miete bereits über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, oder der Vermieter den Wohnraum während des Leerstands modernisiert. Davon kann er bis zu elf Prozent auf ihre Jahresmiete umlegen. Das gilt nur bei Maßnahmen, die den Energieverbrauch senken oder baulichen Verbesserungen, wie etwa eine Sicherheitstür als Einbruchsschutz.“
Was muss ihrer Meinung nach passieren, damit der Miet-Irrsinn aufhört?
Ropertz: „Es muss mehr Wohnraum geschaffen werden. Ganz klar, denn sonst bringen die besten Gesetze nichts. Nach unserem Dafürhalten braucht es jährlich 400.000 neue Wohnungen, davon einen Großteil als Miet- und 80.000 als Sozialwohnungen. Bis dahin ist vor allem für Großstädte eine starke Rechtsgrundlage erforderlich.
Die Mietpreisbremse muss einheitlich und bundesweit gelten, ohne Ausnahmeregelungen. Für die Berechnung der Vergleichsmieten müssen die letzten zehn statt wie bisher vier Jahre betrachtet werden, dann sinkt der Schnitt erheblich.“
Die Mietpreisbremse muss einheitlich und bundesweit gelten, ohne Ausnahmeregelungen.
Modernisierungsmaßnahmen dürfen höchstens mit sechs Prozent, besser nur mit vier Prozent, der Jahresmiete umgelegt werden und nicht acht Prozent wie im Koalitionsvertrag festgelegt. Beantragt der Vermieter dafür öffentliche Zuschüsse, muss er sie bisher gleich wieder von der Miete abziehen. Das gehört abgeschafft, dann bekommen auch Vermieter endlich einen positiven Anreiz.
Ein Trostpflaster zum Schluss: Wer eine deutlich zu hohe Miete zu Beginn des Mietverhältnisses vereinbart, muss in den nächsten Jahren nicht mit Mieterhöhungen rechnen, oder kann sich erfolgreich dagegen wehren. Das hat dann aber nichts mehr mit der Mietpreisbremse zu tun.
Sie möchten mehr erfahren? Dann können Sie sich direkt beim deutschen Mieterbund informieren.