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„Es muss nicht immer Kaviar sein“

von Nikolina Krstinic

Mhmmm, Kaviar… Das „schwarze Gold“ vom Stör ist vielseitig genießbar und zählt zu den teuersten kulinarischen Spezialitäten der Welt. Was ihn so besonders macht und worauf man beim Verzehr achten sollte, lest ihr hier.

Gleich vorweg: Ich liebe Kaviar. Allein schon der ganze Zirkus drumherum bereitet mir Freude: Der kleine Perlmuttlöffel, mit dem man ihn aus der Dose pult. Die herzhaften Bliný, die dazu gereicht werden. Der eisgekühlte Wodka, der zaghaft in der Kehle brennt und den ich am allerliebsten dazu trinke. Kaviar ist nur eine von vielen Delikatessen, die mir in regelmäßigen Abständen unterkommen. Immer anders, immer auswärts. Zuhause mag ich es gerne bodenständig, Hauptsache es schmeckt. Denn gutes Essen macht mir gute Laune, so einfach ist das. Ich kann fluchen, toben, schreien, weinen – dann kommt einer mit einem saftigen Steak um die Ecke gebogen oder kredenzt mir einen süffigen Wein, und flugs ist der Dopaminspiegel wieder auf einem neuen Höchststand. Meine älteren Freunde sagen manchmal selbst mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Essen ist der Sex des Alters.“ Ich neige schon heute eher zu „Essen ist besser als Sex.“ Und Essen hat mich seltener enttäuscht als so mancher Liebhaber. Beim Restaurantbesuch steht nämlich am Ende auch das auf der Rechnung, was am Anfang bestellt wurde. Und das ist, in meinem Fall, ausnahmslos immer verdammt gut.

Kaviar zum Beispiel! Kaviar kann auf viele Arten genossen werden. Traditionell werden dazu kleine Bliný gereicht – eine aus Osteuropa stammende Spezialität, die zumindest dem Geschmack nach zu urteilen eine nahe Verwandte der österreichischen „Frittaten“ sein könnte, allerdings größere Ähnlichkeit mit dem klassischen Pfannkuchen aus der deutschen Küche hat. Mit einem Löffel Zitronenschmand und einem schönen Klacks Kaviar obendrauf schmecken sie einfach herrlich. Dazu empfehle ich einen 2016er Domaine de l’Horizon, der Weißwein meines Vertrauens, der sich wie eine Wolkendecke über jeden weltlichen Schmerz legt, während er Sie in einen niveauvollen (und am nächsten Morgen reuelosen) Rausch versetzt. (Bastelanleitung: Siehe Foto.)

Wo kommt der Kaviar her?

Seinen Ursprung hat der Kaviar im Iran. Bis heute ist er eines der wichtigsten Exportgüter des Landes, da gut 90 Prozent des weltweiten Störbestands im Kaspischen Meer, dem größten Binnensee der Welt, beherbergt ist. So bildet Kaviar für Fischer aus den umliegenden Regionen oft die Haupteinnahmequelle und Lebensgrundlage. Kaviar wird traditionell gewonnen indem die rohen Eier des Störs, auch Rogen genannt, abgenommen werden. Das war nicht immer so: Früher wurde jeder einzelne Stör geschlachtet, bevor man ihn seiner kostbaren Rogen beraubte. Im Sinne eines global zunehmenden Bewusstseins für Nachhaltigkeit ist das heute seltener üblich. Die Kontrollen und Gesetze werden strenger, und das ist gut so. Denn ein Stör braucht zwischen sieben und 20 Jahren um geschlechtsreif zu werden und Eier zu produzieren. Auch deshalb ist beim Eingriff in sein Ökosystem Vorsicht geboten, nur so kann der weltweite natürliche Störbestand auf längere Sicht auch erhalten bleiben. Für ein Kilogramm der kostbaren Rogen bekommt ein Fischer lediglich ein paar hundert Euro, während das abgepackte, versiegelte Produkt in Feinkostläden Höchstpreise von mehreren tausend Euro für eine vergleichsweise kleine Portion von nur 100 Gramm erzielt.

Zu Tisch, bitte!

Und auch zur Kasse. Denn so ein kulinarischer Luxus ist richtig teuer. Der kostbarste Kaviar der Welt ist der weiße Kaviar oder Almas (russisch für „Diamant“) vom Albinostör. Da jährlich nur wenige Kilogramm davon gewonnen werden können, liegt der Preis einer schon geringen Menge bei mehreren zehntausend Euro.

Eine andere beliebte Sorte ist der Ossierta „Imperial“ Kaviar aus dem Iran. Dieser ist farblich ebenfalls hellgelb bis gräulich, schmeckt herrlich mild-nussig und zählt ebenfalls zu den besonders hochpreisigen Kaviarsorten.

Der wohl bekannteste Kaviar ist der „Beluga“ vom europäischen Stör. Er ist für Feinschmecker ein besonders guter Fang: 100 Gramm des Beluga-Kaviars kosten zwischen 220 und 450 Euro. Eine Probierpackung à 30 Gramm erhalten Sie für etwa 80 Euro.

Mein Tipp: Fangen Sie mit genau diesem Kaviar an. Falls Sie einen Anlass brauchen: Bald ist Weihnachten, Neujahr oder der nächste Geburtstag, wer weiß. In einer Welt, die nur mit einer saftigen Portion Humor und Ironie zu ertragen ist, sollten wir alle vielleicht öfter mal aus der Reihe tanzen – auch ganz ohne triftigen Grund. Und wenn Ihnen Kaviar nicht schmeckt, dann sei’s drum! Ein Glück, dass die Trüffelsaison schon begonnen hat. Es muss schließlich nicht immer Kaviar sein.

ein Artikel von
Nikolina Krstinic
Nikolina Krstinic studierte in Wien und Berlin Kulturwissenschaften, Journalismus und Unternehmenskommunikation. Sie ist als freie Autorin und Journalistin tätig - seit Februar 2018 auch für Zaster.