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WIRTSCHAFTSKRISE?

Kann Europa der Wirtschaftskrise entkommen?

von Pauline Brinkmann

Es sind Worte, die, wenn man sie im Kontext der Weltwirtschaftskrise aus dem Jahre 2008 betrachtetet, erschrecken. Denn nun hat sich auch der damalige Untergangsprophet Nouriel Roubini bezüglich der aktuellen wirtschaftlichen Lage zu Wort gemeldet.

So appellierte er kürzlich in der New York Times: „Die Gefahren für die Euro-Zone sind allzu real“. Diese Worte versprechen alles andere als rosige Zeiten, doch damit nicht genug, warnte er vor etwaigen „Fragmentierungsrisiken“ in Europa. Seine alte Heimat Italien bezeichnete er regelrecht als Geburtsstädte der Misere.

Roubini warnt zudem vor einem gefährlichen politischen Machtwechsel. Seiner Einschätzung nach könnten bereits im nächsten Jahr (2023) die Rechtspopulisten dem Premier Mario Draghi, dem früheren Chef der EZB, das Ruder entreißen. Damit würde jedweder Reformdrang begraben werden. Vielmehr warnte er vor der zunehmenden Zinslast, die das Land regelrecht erdrücken könnte. 

Man konnte in den vergangenen Wochen beobachten, wie sich eine zunehmende Nervosität in den verschiedenen Institutionen breit machte. Besonders beunruhigend scheint, dass das Problem nicht wie im Jahre 2009 die Euro-Zone nur peripher tangiert. Vielmehr wurden bereits jetzt die drei wichtigsten Akteure der Währungsunion befallen. Schon seit Wochen kämpft Italien um das Vertrauen der Märkte, Frankreich um die politische Stabilität und Deutschland mit den Auswirkungen der einseitigen Energiepolitik vorheriger Regierungen.

Das geopolitische Versagen Deutschlands aus den vergangenen Jahren ermöglicht Putin eine daumenschraubenartige Politik. Denn Deutschland kann seine Abhängigkeiten nicht so schnell reduzieren wie es die politische Situation gebieten würde. Laut dem Handelsblatt bezogen wir im Mai diesen Jahres (2022) noch immer 36,9 Prozent unseres Gases aus Russland. Alternativen gibt es bis heute wenige. Für einige der möglichen Energiequellen sind wir noch nicht bereit und für andere nicht mehr. Das gestaltet die Lage schwierig und stellt gerade das Wirtschaftsministerium vor eine Mammutaufgabe.

Die Folgen, die die aktuelle Energiepolitik für unser Land mit sich bringen wird, können wir mit Blick auf den Herbst 2022 aktuell nur umreißen. Wie sich die Lage bis dahin gestalten wird, ist eine Frage politischer Entscheidungen und Möglichkeiten. Klar ist bereits heute, dass der NATO-Beitritt von Schweden und Finnland die Situation nicht entspannen lassen wird.

Was diese Energiekatastrophe für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu bedeuten hat, wird sich voraussichtlich erst in den nächsten Monaten oder gar Jahren abzeichnen. Abseits der miserablen Energiekrise kämpft ganz Europa derzeit mit einer rekordartig steigenden Inflationsrate (!!). 

Diese zwang nun auch die in den vergangenen Jahren eher zurückhaltend agierendere EZB zu schnellem Handeln. Die Konsequenz: die erste Zinserhöhung seit Jahren. Bereits im Juli 2022 soll sie kommen. Mit Angst und Bange wird diese gerade im Süden Europas erwartet. Denn für verschuldete Länder wie Italien oder Spanien wird eine selbstständige Finanzierung damit immer teurer werden. Hinzukommen die Gasdrosselungen, die auch dort ihre schwarzen Früchte tragen. Diese Zusatzbelastung für italienischen Banken, die zahlreiche solcher Schuldenpapiere halten, bedeutet eine unmittelbare Gefahr für den Staatshaushalt. Im Jahr 2022 wird hierzulande bereits mit einem Minus von 5,5 Prozent gerechnet. Die höheren Energiekosten zwingen die Regierung zu Entlastungspaketen und deren Finanzierung wird immer schwieriger.

Doch auch Präsident Macron hat mit den Ergebnissen der letzten Wahl zu kämpfen und muss für mehr politischer Stabilität in seinem Land sorgen. Kompromisse werden hier in Zukunft mehr Regel, als Ausnahme bleiben.

Fazit

Feststeht: Ganz Europa befindet sich in einer Krise, die es möglichst schnell in den Griff zu bekommen gilt. Gerade mit Blick auf eine leistungsstarke Wirtschaft sollten wir wettbewerbsfähig bleiben und uns nicht von Russland, China oder anderen Großmächten in die Enge treiben lassen.

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ein Artikel von
Pauline Brinkmann
Pauline studiert in Potsdam und Lausanne Rechtswissenschaften. Ihr besonderes Interesse gilt jedoch nicht Mietverträgen, sondern politischen und gesellschaftlichen Prozessen.