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Wie glücklich macht Geld?

Jobwechsel: Mehr Mut bei Bewerbungen für den Traumjob

von Frank Behrendt

Eines der ganz großen Themen im Freundes- und Bekanntenkreis war, ist und bleibt der Job. Hinter der typischen „Alles Bestens“ Fassade versteckt sich in vielen Fällen eine große Sehnsucht. Nach einem anderen Job, nach mehr Geld, mehr Wertschätzung, dem Job, von dem man eigentlich immer geträumt hat.

Aber den gibt es nicht mal eben so, davor wartet immer die Bewerbung. Und die macht vielen Angst. Eine Umfrage des Online-Karriereportals Monster.de in Zusammenarbeit mit YouGov fand heraus, dass zwei Drittel der deutschen Bevölkerung beim Bewerbungsprozess Angst verspüren. Dabei möchte man meinen, dass in unserer Social-Networks-getriebenen Welt, in der perfektes Posing rund um die Uhr Hochkonjunktur hat, Selbstbewußtsein besonders groß geschrieben wird.

Weit gefehlt. „Im echten Leben haben wir keine Filter, keine Bildbearbeitung und keine Löschfunktion – da müssen wir live liefern“, sagte mein Psychologenfreund Bertold so treffend, als wir über die Angst im Zusammenhang mit Bewerbungen sprachen. Sind meine Unterlagen überhaupt gut genug? Wird meine Bewerbung vom suchenden Unternehmen vielleicht als lächerlich empfunden? Kann ich die Erwartungen, die ich damit wecke, überhaupt erfüllen?

Solche Fragen schießen Menschen durch den Kopf, die bei der Bewerbung Angst davor haben, auf den Senden-Knopf zu drücken. Zu den Gründen gehört die Furcht davor, eine Absage zu erhalten, weil nicht alle Anforderungen in der Stellenbeschreibung erfüllt werden. Da sollte man sich entspannen: „Niemand erfüllt die genannten Qualifikationen komplett, es wird das Optimum ausgeschrieben wohl wissend, dass die berühmte eiermilchlegende Wollmilchsau nie beim Bewerbungsgespräch vorbeikommt“, erklärte mir meine ehemalige Klassenkameradin Silke, die heute als Personalchefin bei einem Finanzdienstleister tätig ist.

Gerade in Anbetracht der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt, die von einem immer weiter zunehmenden Fachkräftemangel geprägt ist, gibt es mit Sicherheit irgendwo einen Arbeitgeber, der genau unsere individuellen Skills gut gebrauchen kann. Wie bei den Online-Partnerbörsen gilt es das richtige „Match“ zu finden. Das kann allerdings dauern und vorher so manche Absage mit sich bringen. Vor denen haben übrigens auch viele ganz viel Angst. „Schließe Freundschaft mit der Angst“, hat mir mein früherer Coach mal geraten, einer von vielen guten Ratschlägen die mich stets gut durchs (Arbeits)Leben navigiert haben.

„In neueren psychologischen Ansätzen zur Angstbewältigung geht es darum, nicht gegen seine Ängste anzukämpfen, sondern diese anzunehmen und hilfreiche Strategien zu entwickeln“, hat die Diplom-Psychologin und Personalberaterin Elke Wagenpfeil in einem Gespräch mit Monster.de treffend erklärt. „Ein gewisses Maß an Angst ist zur Gehirnaktivierung in Bewerbungssituationen sogar ganz nützlich“, meint sie zudem. Übrigens ist es gar nicht schlimm, wenn man offen im Bewerbungsgespräch anspricht, dass man ganz schön aufgeregt ist. Oft ist es den Gesprächspartner:innen auch schon mal so gegangen.

Das verbindet, macht sympathisch und lockert die Situation auf. Außerdem hilft es, sich zuvor auf der Sachebene klar zu machen, was im schlimmsten Fall passieren kann, wenn es bei einem Vorstellungsgespräch mit dem Wunschjob nicht klappt. Am Ende gibt es wahrlich schlimmeres, als am nächsten Tag wieder an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurück zu kehren. „Krönchen richten, neuer Anlauf“ hat es eine frühere freie Autorin während meiner Zeit bei RTL immer so schön gesagt, wenn eine ihrer Format-Ideen abgelehnt wurde. Heute ist sie eine der erfolgreichsten Serien-Entwicklerinnen des Landes.

In diesem Zusammenhang habe ich immer direkt das berühmte Zitat „If you can dream it, you can do it“ vom legendären Gründer des Micky-Maus-Konzerns – Walt Disney – im Kopf, weil es so herrlich optimistisch ist. Glück kann dabei auch nie schaden, aber es ist nicht die Voraussetzung dafür, damit etwas klappt oder nicht. Viele denken allerdings so, wenn es um Vorstellungsgespräche oder Karriere geht. Viel besser ist dagegen die Einstellung, erzielte Erfolge mit den eigenen Fähigkeiten in Verbindung zu bringen und bei Misserfolgen nicht sofort an sich selbst zu zweifeln. Oft gibt es externe Faktoren, die man selbst gar nicht beeinflussen kann, die zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen.

Der frühere Fußballspieler Bernd Hollerbach, bekannt als kompromissloser Verteidiger, der heute erfolgreich als Trainer arbeitet, hat das in einer Talkrunde mal treffend erklärt, als er über Sieg und Niederlagen sprach: „Man kann immer verlieren, aber die Zuschauer müssen auch dann erkennen, dass Du als Mannschaft wirklich alles versucht hast, um das zu verhindern. Manchmal ist an einem Tag eben ein anderer besser. Punkt. Aus.“ Was auf dem Spielfeld gilt, gilt auch im Vorstellungsgespräch: Eine Absage ist kein Weltuntergang, denn wirklich scheitert schließlich nur, wer es erst gar nicht versucht. 

ein Artikel von
Frank Behrendt
Frank Behrendt

Frank Behrendt hat mit seinen „10 ernsthaften Ratschlägen, wie man locker durchs (Berufs)Leben kommt“ die Arbeitswelt aufgeschreckt. Sein Buch „Liebe dein Leben und NICHT deinen Job“ wurde direkt ein Bestseller. In seinem zweiten Buch „Die Winnetou-Strategie - Werde zum Häuptling deines Lebens“ erklärt er, wie ein moderner Leader agieren sollte. Frank lebt mit seiner Frau, drei Kindern und einer französischen Bulldogge mit Namen „Fee“ in Köln und hat eine wöchentliche Kolumne auf „Stern.de“. Er arbeitet als Senior Advisor für Deutschlands größte Inhabergeführte Agenturgruppe Serviceplan.