Wolf of Wallstreet

„Je jünger du bist, desto geringer das Risiko bei Aktien!“

von Steven Plöger

Hier kommt Teil zwei zum Thema Anlegen: Wer, wie viel und in was? Im ersten Teil hat uns Banker Julian Kiderle klar gemacht: Go for Onlinebroker! Aber wann ist die Zeit gekommen, seine Anlagestrategie zu verändern? Und warum sind junge Anleger die besseren?

Hier geht es zu Teil 1 des Interviews

Wenn man Aktien hört oder liest, denkt man schnell an steile rote Kurven und wütende Börsenhändler.

Vorsicht, das täuscht. Die meisten denken immer noch, dass Aktien eine sehr risikobehaftete Sache sind, aber tatsächlich sind sie nach Anleihen die sicherste Möglichkeit, die wir haben. Anleihen sind per se sicherer, da sie auf Fremdkapital basieren, Aktien basieren auf Eigenkapital. Es gibt Staatsanleihen, aber auch Anleihen von Unternehmen. Dabei gilt: Je größer das Unternehmen, desto sicherer. Das hat aber nichts damit zu tun, dass Aktien nach wie vor eine sehr sichere und gute Sache sind, die man bedenkenlos von Anfang an handeln kann. Für alles andere braucht man Erfahrung und du musst erstmal gewisse Zeit dabei sein, bevor dich die Bank überhaupt freischaltet.

Staatsanleihen – Wer leiht da eigentlich wem was?

Der Staat, wie zum Beispiel Deutschland, gibt bestimmte Anleihen raus und du kannst sie kaufen über einen bestimmten Zeitraum, ob fünf, zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre. Das ist sozusagen ein Kredit: Du gibst dem Staat einen Kredit und der Staat zahlt dir periodisch Zinsen und nach Ende der Laufzeit den Kreditbetrag zurück, es sind also zinstragende Investments.

Gibt es richtiges und falsches Anlegen? Sollte man auf Nummer sicher oder auf Risiko gehen oder ist es eher eine Typ-Sache?

Die Unterscheidung ist nicht zwischen richtig und falsch, sondern zwischen aktiv und passiv. Es gibt auch solche, die den Markt eben nicht nur beobachten, sondern auch Analysen erstellen und ihr Anlageverhalten ständig ändern. Ich gehöre zu denen, die sehen, was auf den Märkten passiert und darauf setzen, dass sich News und Entwicklungen in der Wirtschaft und in den Märkten widerspiegeln. Alles, was passiert, zeigt sich im Handel, also auch in den Aktien. Und da der Markt immer im Wandel ist, kann man getrost durch ETFs diesen Markt kaufen und einfach beobachten.

Wann empfiehlst du, in Staatsanleihen zu investieren und wann in Aktien?

Es gibt so eine Grundregel: 100 minus dein Alter ist der Prozentsatz, den du in Aktien anlegen sollst. Ich bin 28 Jahre alt, also 100 minus 28, macht 72 Prozent, die ich in Aktien anlegen soll. Das ist natürlich eine Daumenregel, reflektiert aber die simple Aussage: Je jünger du bist, desto höheres Risiko kannst du eingehen. Denn selbst wenn der Markt mal schwankt oder es sogar zu einer Krise kommt, hast du noch genug Lebenszeit, das zu überstehen. Anders ist das bei einem 70- oder 80-Jährigen, bei dem die Wahrscheinlichkeit allein statistisch geringer ist, eine Finanzkrise zu überleben. Klingt zwar hart, ist aber simple Mathematik.

Was gibt es sonst noch?

Es gibt ganz verschiedene Anlageklassen: Immobilien, Immobilienfonds, Derivate, Anleihen, Devisen, CFDs, es gibt sehr sehr viel.

Und wie soll man sich da als normaler Mensch entscheiden?

Als normaler Mensch im Sinne von, man kennt sich nicht mit Anlagestrategien aus und hat auch kein gesteigertes Interesse daran, würde ich alles andere außer Staatsanleihen und Aktien ausschließen. Grund: Alle anderen Möglichkeiten sind extrem spekulativ und dadurch risikobehaftet. Wenn deine Wette aufgeht, hast du innerhalb von fünf Minuten zehntausend Prozent gewonnen, aber wenn nicht, ist das ganze Geld weg. Das nennt man dann Knock-Out-Zertifikate. Und um sich zwischen Staatsanleihen und Aktien zu entscheiden, kann man ein paar Dinge beachten, zum Beispiel die aktuelle Marktsituation oder den Wirtschaftszyklus.

Kommen jetzt die Niedrigzinsen ins Spiel?

Richtig, bei unserer derzeitigen Zinslage würde ich niemals in Staatsanleihen investieren. Prinzipiell funktionieren Anleihen wie ein Tagesgeld. Du kaufst Schulden und machst deinen Gewinn durch Zinsen. Wenn es keine Zinsen gibt, gibt es auch keinen Gewinn.

Glaubst du, das ändert sich wieder?

Ich glaube nicht, dass es signifikant nach oben geht. Eine Marktsituation wie noch zu 1995 oder 2000 mit fünf Prozent Zinsen halte ich für sehr unwahrscheinlich, dafür hat sich die Wirtschaft einfach zu stark verändert.

Das heißt auch, dass junge Anleger die besseren Chancen haben?

Was die Aktien angeht auf jeden Fall. Denn je unattraktiver Anleihen sind, desto attraktiver sind Aktien. Aktien sind kein kurzfristiges Anlageinstrument. Deswegen sage ich ja: Wartet nicht, sondern legt an.

Gibt es einen Zeitpunkt, zu dem man seine Anlagestrategie ändern sollte?

Den Betrag, den man investiert, würde ich mit jeder Gehaltserhöhung anpassen. Wir gehen von einer jährlichen Inflationsrate von zwei Prozent aus. Das heißt, du müsstest deinen Betrag jedes Jahr eigentlich um zwei Prozent erhöhen. Und je mehr du anlegen kannst, desto höher ist natürlich auch dein absoluter Gewinn.

Aber was die Anlagestrategie angeht, gibt es keinen bestimmten Zyklus. Hier zählt viel mehr die Frage, ob ich ein bestimmtes Interesse für andere Produkte entwickele oder Erfahrungen gesammelt habe. Das ist sehr individuell.

Und wenn ich kein Interesse an komplizierten Anlagen habe?

Dann ist das voll in Ordnung. Es ist gar kein Thema, wenn man sein ganzes Leben lang einfach nur in Aktien investiert. Der Gewinn ist bei anderen Strategien nicht höher, vor allem dann nicht, wenn man sich nicht so gut damit auskennt. Für mich sind Aktien das Nonplusultra für Anleger. Möglichst früh anfangen, den Betrag regelmäßig anpassen und sich keine unnötigen Gedanken machen. Fertig!

Jetzt wissen wir alles, was wir wissen müssen, um unser Geld gewinnbringend anzulegen. Und da der Artikel hier auch zu Ende ist, dürft ihr nun auch einen neuen Tab öffnen und gleich mal die Seite eurer Online-Bank aufrufen und ein Sparplan erstellen. Viel Spaß beim Investieren!

Das Interview führte Jenifer Girke

ein Artikel von
Steven Plöger