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Ist China das nächste Sri Lanka?

von Anton Voglmaier

Ist China das nächste Sri Lanka? Auch für ausländische Investoren in chinesische Vermögenswerte könnte es ungemütlich werden.


China hat wohl schon seit einiger Zeit große Probleme auf dem Immobilienmarkt und bei den Banken. Diese Probleme hängen zum Teil auch zusammen. So soll es in China etwa 60 Millionen leerstehende Wohnungen geben.

Diese stehen nicht nur deshalb leer, weil es zu wenig Nachfrage nach teuren Mietwohnungen gibt, sondern auch, weil sie teilweise unbewohnbar sind, weil Gas-, Wasser- und Stromanschlüsse fehlen. Außerdem sollen Aufzüge, Fenster und andere Ausstattungen fehlen, die eine bezugsfertige Wohnung ausmachen. Die Besitzer dieser Wohnungen sind also schlichtweg abgezockt worden.

Darüber hinaus sollen viele Menschen in China Anzahlungen an Immobilienunternehmen wie die Evergrande Real Estate Group geleistet haben, damit diese Wohnungen für die Käufer bauen konnten. Diese Anzahlungen wurden jedoch von den Unternehmen für den weiteren Erwerb von Grundstücken und nicht für den Bau der versprochenen Wohnungen und Häuser verwendet. Diese Praktiken der Immobiliengesellschaften kommen daher einem Schneeballsystem gleich, das nun geplatzt ist.

Erschwerend für die Immobiliengesellschaften kam hinzu, dass die kommunistische Regierung den Banken Beschränkungen für die weitere Immobilienfinanzierung auferlegte, um die Immobilienspekulation einzudämmen. Denn 70 % der Chinesen haben ihr Geld in den Immobiliensektor investiert, was in den letzten zwei Jahrzehnten zu einem enormen Boom in diesem Sektor geführt hat.

Da immer mehr Immobiliengesellschaften in Bedrängnis geraten, können sie die bereits verkauften Wohnungen nicht mehr bauen. Bei den Käufern nimmt die Wut in den letzten Monaten immer stärker zu, da sie durch diese Praktiken ebenfalls über den Tisch gezogen wurden und dadurch ihr Geld verloren haben.

Und hier kommen die Banken ins Spiel: Diese hatten den Käufern oft noch Kredite für den Kauf der Immobilien gegeben. Die Käufer weigern sich nun aber, Zins und Tilgung zu leisten, was wiederum die Banken in Schwierigkeiten bringt, da sie ihrerseits ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Die Höhe der ausstehenden Immobilienkredite beträgt mindestens 5 Billionen Dollar (!!!), eine gewaltige Summe für den chinesischen Bankensektor.

Warum nun ein zweites Sri Lanka?

Weil es auch dort in letzter Zeit aufgrund der Unzufriedenheit des Volkes enorme Unruhen gegeben hat – wie derzeit in China – und das Volk seinen Präsidenten und den Rest der Regierungsmannschaft aus dem Amt gefegt hat.

Die stetig wachsende Unzufriedenheit der chinesischen Bevölkerung und die daraus resultierenden Unruhen könnten auch die chinesischen Machthaber aus dem Amt fegen. In jedem Fall stehen China unruhige Zeiten bevor, und Investoren – auch ausländische – in chinesische Vermögenswerte sollten sie auf den Prüfstand stellen.

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Anton Voglmaier ist Geschäftsführer der Deutschen Fondsgesellschaft und Mitglied im Anlageausschuss "Der Zukunftsfonds". Er blickt auf jahrzehntelange Erfahrung an den Kapitalmärkten zurück.