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BETONGOLD

Inflation: Jetzt trifft es die Mieter

von Nils Matthiesen

Lebensmittel, Sprit, Strom: Alles wird teurer. Und auch einige Mieter könnten bald eine böse Überraschung erleben.

Die Preise klettern so schnell, wie schon lange nicht mehr. Schuld ist die Inflation, die sich aktuell auf einem 40-Jahreshoch befindet. Im Schnitt legten die Preise im März um 7,3 Prozent (!) gegenüber dem Vorjahr zu. Haushaltsenergie und Kraftstoffe kosteten sogar knapp 40 Prozent mehr. Und auch die Lebensmittelpreise gehen steil nach oben. Aber nicht nur im Supermarkt und an der Tankstelle müssen wir immer tiefer in die Tasche greifen, unter Umständen auch fürs Wohnen. 

Wenn der Mietpreis an die Inflationsrate gekoppelt ist

Das liegt nur an den kletternden Nebenkosten durch steigende Strom- und Gaspreise. Mieter, die einen sogenannten Index-Vertrag oder Verbraucherindex-Vertrag abgeschlossen haben, können krasse Mieterhöhungen ins Haus stehen. Das hängt unmittelbar mit der hohen Inflation zusammen. Denn die Indexmiete ermöglicht es Vermietern, den Mietpreis analog zur offiziellen Inflationsrate anzugleichen. Diese wird vom Statistischen Bundesamt monatlich anhand eines Warenkorbs errechnet, der hunderte Waren und Dienstleistungen wie Sprit, Nahrungsmittel, Kleidung sowie Ausgaben für Gesundheit, Freizeit und Bildung enthält.  Steigt der Index und im Gleichklang die Inflation, steigt auch die Basis für die Berechnung der Indexmiete.

Im Gegenzug entfällt, die Miete an die ortsüblichen Mietspiegel anzupassen und freiwillige Modernisierungsmaßnahmen auf die Mieter umzulegen. In Zeiten stabiler Preisentwicklung, wie es in den letzten Jahren der Fall war, waren Indexmieter fein raus. Jetzt sind sie die Gelackmeierten. Denn laut aktuellem Mietrecht gibt es bei der Indexmiete weder Obergrenzen noch Mietpreisbremsen.

So wird die Indexmiete berechnet

Eine WG in München muss bislang 1200 Euro kalt für eine Dreizimmer-Wohnung aufbringen, ein fairer Preis für die bayrische Landeshauptstadt. Jetzt will der Vermieter mehr Geld sehen, da er seit 2015 die Miete nicht mehr erhöht hat. Dazu setzt zur Berechnung der Index-Miete auf folgende Formel: Neuer Indexstand dividiert durch alter Indexstand, multipliziert mit 100. Vom diesem Produktwert wird der Wert 100 subtrahiert. Im Januar 2015 lag der offiziellen Preisindex des Statistischen Bundesamts bei 98,5, im März 2021 bei 115,3. 

Er rechnet demnach: 

115,3 : 98,5 = 1,171 x 100 = 117,1 – 100 = 17,1

Die Indexmiete erhöht sich in diesem Beispiel 2022 um 17,1 Prozent auf 1.405,20 Euro. Zahlen muss der Mieter die Indexmieterhöhung ab dem übernächsten Monat. Kommt die Erhöhung zum Beispiel am 15. Mai, muss die WG ab Juli mehr Miete zahlen. Eine Zustimmung der Mieter ist nicht nötig.

Ouch. Vielleicht ein Grund für dich, auch mal in deinen Mietvertrag zu schauen und zu überprüfen, ob es sich um einen Index-Mietvertrag handelt. Gerade in Großstädten sind diese nicht selten. Dein Vermieter kann sogar im Mietvertrag festlegen, dass er die Miete mit jeder Veränderung des Preisindex erhöhen darf, wenn auch nur einmal pro Jahr. So könnte bereits 2023 die nächste große Mieterhöhung anstehen. Einen Indexmietenrechner, der dir einerseits den aktuellen Verbraucherpreisindex anzeigt und andererseits dabei hilft, deine persönliche Mieterhöhung korrekt zu berechnen, findest du hier

Kritik vom deutschen Mieterbund

Der Deutsche Mieterbund (DMB) hat angesichts der aktuellen Entwicklung kritisiert, dass es für Indexmieten keine Obergrenzen gibt. „Unserer Ansicht nach wäre das ein sinnvolles Mittel“, so Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes. Denn andere Mieten dürfen aktuell höchstens um 20 Prozent in drei Jahren steigen, in Städten mit Wohnungsmangel um 15 Prozent. SPD, Grüne und FDP haben sich zudem im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, diesen Wert auf 11 Prozent zu senken.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.