© Anna Nekrashevich / Pexels
FINANZWISSEN

Indexfonds mit Schattenseite? Irrtümer rund um ETFs

von Zaster Redaktion

Fondsmanager, die aktive Produkte anbieten und durch den Erfolg von passiven Produkten bedroht sind, behaupten oft, dass Indexprodukte dazu beitragen, Kurseinbrüche an den Börsen zu verstärken. Eine Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich widerlegt jedoch diese Behauptung und zeigt, dass vor allem aktive Fondsmanager und ihre impulsiven Anleger dazu neigen, Preistrends zu verschärfen.

Da immer mehr Anleger in passive Produkte wie börsengehandelte Indexfonds (ETFs) und nicht-börsengehandelte Indexfonds investieren, nehmen auch die kritischen Stimmen gegenüber diesen passiven Anlageprodukten zu. Bei dem Versuch, dieser diffusen Diskussion zu folgen, kann der Eindruck entstehen, dass Indexfonds und ihre wachsende Anhängerschaft für alle zukünftigen Probleme an den Finanzmärkten verantwortlich gemacht werden. Einige Pessimisten erwarten sogar, dass passive Fonds für diverse Verwerfungen in der Realwirtschaft in unbestimmter Zukunft verantwortlich sein werden. Es gibt sogar radikale Propagandisten, die behaupten, dass Indexfonds die freie Marktwirtschaft als Ganzes bedrohen würden.

Ein bemerkenswertes Merkmal der mittlerweile kaum noch überschaubaren Kritik an Indexfonds ist, dass sie fast ausschließlich von denjenigen kommt, die mit aktivem Fondsmanagement ihr Einkommen erzielen. Einige dieser Gesellschaften sehen offenbar ihre Zukunft in Gefahr, zumal sich zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass aktive Fondsmanager oft langfristig schlechtere Ergebnisse erzielen als passive Indexfonds. Der Versuch, durch eine selektive Auswahl von Wertpapieren und das Timing von Kauf- und Verkaufsentscheidungen den Markt zu übertreffen, scheitert in der Regel. Dies liegt unter anderem an den hohen Kosten, die mit aktiv gemanagten Fonds einhergehen.

Börsengehandelte und nicht-börsengehandelte Indexfonds sind erheblich kostengünstiger. Sie bilden einfach die Wertentwicklung von Aktien- und Anleihenindizes ab – ein passives Konzept, mit dem Anleger in der Regel auf lange Sicht besser abschneiden als mit aktiv gemanagten Fonds.

Mehr erfahren über Whitebox

Anlegende ziehen aus aktiv gemanagten Fonds ab

In den letzten Jahren haben diese Erkenntnisse zu dramatischen Veränderungen geführt. Im März 2022 mussten aktiv gemanagte Aktienfonds allein 10 Milliarden Euro an Abflüssen von Kundengeldern hinnehmen, während passive Produkte im gleichen Zeitraum Zuflüsse von fast 6 Milliarden Euro verbuchten. Angesichts dieses rasanten Strukturwandels ist es wenig überraschend, dass Vertreter des aktiven Fondsmanagements nun verstärkt um sich schießen.

Es fällt auf, dass die Argumente der Vertreter des aktiven Fondsmanagements oft nicht fundiert sind. Manchmal zeugen sie von mangelndem Wissen oder aber von bewusster Irreführung des Publikums – ein gängiges Mittel in der Finanzindustrie, um den Verkauf von Produkten zu fördern.

Eine der unzutreffenden Behauptungen der Vertreter des aktiven Fondsmanagements ist, dass Indexfonds den Finanzmarkt destabilisieren würden, indem sie Kurseinbrüche verstärken. Sie argumentieren, dass die wachsende Herde passiver Anlegender dieselben Aktien zur selben Zeit verkauft, was zu einem Crash führen kann. Sie behaupten, dass aktiv gemanagte Fondsmanager nicht gezwungen sind, Wertpapiere zu verkaufen, wenn Anlegende ihre Anteile verkaufen. Im Gegensatz dazu hätten ETFs keine Wahl und müssten die Wertpapiere automatisch verkaufen. Aktive Fondsmanager dagegen hätten eine Wahl und könnten sich entscheiden, welche Titel sie verkaufen möchten. Darüber hinaus verfügten aktiv gemanagte Fonds über Liquiditätspolster, aus denen sie zunächst die Anlegenden bedienen könnten, die aussteigen wollen. Diese Argumente sind jedoch ungenau und nicht durch empirische Belege gestützt. Tatsächlich zeigen Studien, dass aktive Fonds in Krisenzeiten oft eine höhere Abhängigkeit von den Liquiditätsmärkten aufweisen und ebenfalls gezwungen sind, Wertpapiere zu verkaufen.

Die Behauptung, dass passive Fonds den Finanzmarkt destabilisieren, ist falsch und irreführend. Im Gegensatz zu aktiven Fonds kaufen und verkaufen passive Fonds keine Wertpapiere, solange es keine Zu- oder Abflüsse von Kapital gibt. Sie passen ihr Portfolio automatisch an die schwankenden Gewichtungen innerhalb des jeweiligen Index an. Aktive Fondsmanager hingegen handeln oft und versuchen durch das Umschichten ihrer Wertpapierpositionen höhere Renditen zu erzielen. Da aktive Fondsmanager sich oft zyklisch verhalten und in Abschwüngen ihre Wertpapierpositionen verkleinern und mehr Cash halten, tragen sie eher zu einem Überschießen der Preise bei als passive Fonds.

Eine Untersuchung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zeigt, dass das sprunghafte Verhalten von Anlegern, die in aktiv gemanagte Fonds investieren, dazu führen kann, dass Kurseinbrüche verstärkt werden. Die Forscher analysierten die Kapitalzu- und -abflüsse von Fonds während kleinerer Krisen in der jüngeren Vergangenheit, bei denen entweder die Aktien-, Anleihen- oder beide Märkte betroffen waren.

Manche Kritiker passiver Investments könnten von den Ergebnissen überrascht sein, die von den Ökonomen erzielt wurden: Anleger, die in nicht-börsengehandelte Indexfonds investierten, verhielten sich in Krisenzeiten wie kluge Investoren, indem sie nahezu kein Kapital aus den Fonds abzogen und keine Aktionen unternahmen. Dieses Verhalten ist nicht überraschend, da klassische Indexfonds aufgrund ihrer geringen Kosten ein optimales Produkt für langfristig orientierte Buy-and-Hold-Investoren darstellen. Diese Anleger ziehen sich in Stresssituationen nicht aus dem Markt zurück und tragen somit zur Stabilisierung bei.

Fallen die Kurse, laufen vor allem den aktiven Fonds die Anlegenden davon

Während der drei Stressperioden wurden bei aktiv gemanagten Aktien- und Rentenfonds die größten permanenten Kapitalabflüsse verzeichnet. Anlegende, die in solche Fonds investieren, suchen nach überdurchschnittlichen Renditen und scheinen dazu zu neigen, ihr Geld prozyklisch während Kursabschwüngen abzuziehen. Zusätzlich dazu kommt das prozyklische Verhalten der Manager, die versuchen, die Verluste des Fonds zu begrenzen. Allerdings ist fraglich, ob dies tatsächlich erfolgreich ist.

Die Kapitalflüsse von ETFs sind im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds volatiler. Dies ist erwartungsgemäß, da ETFs kontinuierlich an Börsen gehandelt werden und viele Anleger sie für aktive Handelsstrategien nutzen. Allerdings gibt es auch unter den ETF-Nutzern solche, die gegen den Trend handeln und bei fallenden Kursen kaufen, während Anleger aus aktiv gemanagten Fonds weiterhin aussteigen. Infolgedessen gleichen sich die Zu- und Abflüsse von ETFs während Stressphasen oft über mehrere Wochen hinweg mehr oder weniger aus.

Indexfonds haben keinen messbaren Einfluss auf Preistrends

Die verschiedenen Verhaltensmuster von Anlegern und Kapitalabflüssen aus Indexfonds, ETFs und aktiv gemanagten Fonds haben auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Kurse. Die Forscher der BIZ stellten fest, dass aktiv gemanagte Fonds Preistrends verstärken und dies am Beispiel des internationalen Anleihenmarktes der entwickelten Volkswirtschaften belegten. Im Gegensatz dazu haben ETFs und klassische Indexfonds keinen messbaren Einfluss auf die Kurse.

Der Grund für diesen Befund liegt vor allem im erheblich größeren Marktvolumen von aktiv gemanagten Fonds. Im Juni 2021 betrug das Gesamtvolumen des weltweiten Aktienmarktes etwa 115 Billionen US-Dollar, wovon nur etwa 8 Billionen US-Dollar auf Aktien-ETFs entfielen. Dies entspricht weniger als 7 Prozent des Gesamtmarktvolumens.

Die BIZ-Forscher sind der Ansicht, dass ein weiterer Grund für den Druck, den aktive Fonds auf Wertpapierpreise ausüben, im Unterschied der Handelsabläufe liegt, die den Kapitalflüssen zugrunde liegen. Im Gegensatz zu ETFs geben aktive Fonds Anteile über Vermittler wie Banken an Anlegende aus und kaufen direkt Wertpapiere auf dem Finanzmarkt mit dem von ihnen erhaltenen Kapital. Wenn Anteile zurückgegeben werden, muss der Fonds Wertpapiere verkaufen, da die Liquiditätsreserven in Zeiten starker Kursrückgänge oft nicht ausreichen, um alle aussteigenden Anlegende auszahlen zu können.

So funktioniert der Arbitragemechanismus von ETFs

Die Handelsabläufe von ETFs unterscheiden sich von denen aktiver Fonds. Im Gegensatz zu aktiven Fonds kaufen ETFs keine Wertpapiere direkt auf den Märkten. Anleger können auch keine Anteile direkt an den ETF zurückgeben. Stattdessen wird die Ausgabe und Rücknahme von ETF-Anteilen über autorisierte Handelsfirmen an den Börsen abgewickelt. Nur diese sogenannten Authorized Participants (AP) haben direkten Zugang zu ETFs und liefern dem Fonds die entsprechenden Indexwerte im Austausch gegen ETF-Anteile. Die Handelsfirmen erhalten die Indexwerte, wenn sie Anteile an den ETF zurückgeben. Anlegende und Händler können ETF-Anteile an der Börse oder über außerbörsliche Geschäfte, sogenannte OTC-Geschäfte, handeln.

Der beschriebene Handelsmechanismus hat unter anderem den Zweck, den Börsenpreis eines ETFs möglichst nahe an dessen Nettoinventarwert (NAV) zu halten. Der NAV ist der aktuelle Marktwert aller im ETF enthaltenen Wertpapiere dividiert durch die Anzahl der ausgegebenen ETF-Anteile.

Wenn es auf dem Markt für den Handel von ETFs (Exchange Traded Funds) mehr Verkäufer als Käufer gibt, kann der Börsenpreis des ETFs unter den NAV (Net Asset Value) fallen. In diesem Fall kann es für autorisierte Händler rentabel sein, ETF-Anteile an der Börse zu erwerben und die zugrundeliegenden Indexwertpapiere leer zu verkaufen, um Gewinne zu erzielen, bis sich der NAV und der Börsenpreis wieder angleichen.

Um die Leerverkaufsposition zu schließen, gibt der Händler die ETF-Anteile zurück und erhält die zugrundeliegenden Indexwertpapiere. Der Gewinn des Händlers ergibt sich aus der Preisdifferenz zwischen dem Börsenpreis und dem Nettoinventarwert des ETFs abzüglich der Transaktionskosten. Dieses Ausnutzen von Preisunterschieden wird von Experten als Arbitrage bezeichnet.

Arbitrage-Geschäfte, bei denen neue ETF-Anteile ausgegeben oder vom Markt genommen werden, können sich auf die Preise der zugrundeliegenden Indexwertpapiere auswirken, die der ETF abbildet. Allerdings werden solche Transaktionen in der Praxis nur an durchschnittlich 13 Prozent der Handelstage durchgeführt. In der Regel gleichen sich Angebot und Nachfrage an der Börse aus, so dass sich Arbitrage-Geschäfte nicht rentabel sind.

Zusätzlich dazu haben die Handelshäuser keine Verpflichtung, die Wertpapiere, die sie aus der Rückgabe von ETF-Anteilen erhalten, sofort zu verkaufen. Es kann sich in ihr Gesamtrisikomanagement einfügen, diese Papiere für eine bestimmte Zeit auf ihren eigenen Büchern zu halten.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen: Nicht börsengehandelte Indexfonds tragen zur Stabilisierung der Wertpapiermärkte bei, insbesondere in Zeiten starker Kursrückgänge, während aktiv gemanagte Fonds diese Kursrückgänge verstärken können. Der Einfluss von ETFs hängt maßgeblich vom Verhalten der sogenannten Authorized Participants ab.

Dieser Beitrag ist in Kooperation mit dem digitalen Vermögensverwalter Whitebox entstanden.

ein Artikel von
Zaster Redaktion
Fangfrisch aus der Redaktion des Finanz- und Verbrauchermagazins. Informativ. Unterhaltsam. Alles über Geld.