Mit ihm haben wir uns getroffen und über seinen Fonds gesprochen. Seit längerem stellen wir immer wieder Fonds aus der Small-Cap-Ecke vor, da Small-Caps aufgrund ihrer langjährigen Underperformance gegenüber den Large-Caps ein großes Aufholpotenzial bieten. Und genau dies scheint sich seit wenigen Wochen oder Monaten zu entfalten. Doch bevor wir auf die aktuelle Entwicklung näher eingehen und uns Marc Siebel Einblicke gewährt, ein kurzer Schwenk zur Strategie des Fonds.
Der Ansatz
Bei Marc Siebel stehen substanzwertorientierte (Value-Ansatz) Firmen im Fokus, die aus dem europäischen Mittelstand stammen. Den Zusatz „ESG“ trägt der Artikel 8-Fonds seit 2021: Gesucht werden Firmen, die einen besonderen Beitrag („Impact“) zur Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele leisten. Im Mittelstand findet Siebel viele Firmen, die sich in einer Nische bewegen, oftmals Weltmarktführer sind und eine hohe Innovationskraft mitbringen.
Sehr viele Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial kommen aus dem Mittelstand und aus Sektoren wie Erneuerbare Energien, alternative Antriebstechnologien u.ä. Ausgeschlossen werden beispielsweise Firmen aus Sektoren wie Militär, Atomkraft, Öl & Gas, Tabak und Kohleabbau. Firmen, die durch Korruption, Menschenrechtsverletzungen und dergleichen auffallen, werden ebenfalls ausgeschlossen.
Die Titelauswahl
Wie identifiziert Marc Siebel Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial in einem Markt, der oft von Unsicherheiten und geringerer Transparenz geprägt ist? Gibt es Kennzahlen, die besondere Beachtung finden (zum Beispiel KGV, Kurs/Buchwert etc.) bzw. die entscheidend bei der Titelauswahl sind, oder ist es die Summe aus vielem?
Dazu Siebel: „Transparenz im Small Cap-Markt erreiche ich durch die quartalsweise Anwendung des Peacock Opportunity Filters, den ich schon recht erfolgreich in den letzten 15 Jahren genutzt habe. Hier werden recht gute Kennzahlen wie EV/EBITDA oder EPS Wachstum zu allen Small-Caps in Europa gegeneinandergestellt. Die Firmen mit starkem EPS Growth und günstigem EV/EBITDA (besser als KGV etc., denn Schulden sollte man immer mit berücksichtigen), erscheinen weiter oben. Und dann gibt es noch die Einzelgespräche mit den Firmen, es sind nach wie vor etwa 200 Gespräche pro Jahr, Konferenzen und Roadshows für die jeweiligen Länder.
Nur so erkennt man, dass beispielsweise manche Kennzahlen von den Analysten falsch geschätzt wird, oder Firmen bestimmte Sondersituationen haben, wie M&A, Restrukturierungen, Gewinneinbrüche oder Gewinnexplosionen, die entweder strukturell oder auch nur temporär sein können.“ Bei Small-Caps findet man aus verschiedenen Gründen immer mal wieder kein offizielles ESG-Rating. Deshalb führt Siebel eigene ESG-Analysen durch mittels eines eigens entworfenen ESG-Fragebogens. Aber auch in den Gesprächen mit den Unternehmen wird diesbezüglich nachgehakt.
Wie gehen Sie mit erhöhten Liquiditätsrisiken um, die bei Small- oder gar Micro-Caps häufig auftreten, insbesondere in volatilen Marktphasen?
Siebel: „Der Fonds ist kein großer Fondstanker, sondern klein und fein. Deshalb ist Liquidität kein Problem und die Wertentwicklung auch überdurchschnittlich gut.“
Können Sie ein Beispiel für eine Situation nennen, in der Sie eine Small-Cap-Investition aufgrund von qualitativen Faktoren (z.B. Managementqualität, Innovationskraft) getätigt haben, die nicht sofort in den Zahlen sichtbar waren?
„Der niederländische Bauwert Heijmans war so ein Fall. Regelmäßig sprach ich mit CFO van Boekel, so auch in der schwierigen Marktlage für die Baubranche insgesamt im Jahr 2022. Van Boekel versicherte, dass die Bilanzsituation der Firma äußerst solide ist, man die Schwäche der Mitbewerber nutzen wird und der Turnaround des Marktes bald eintreten würde. Genau so kam es auch. Die Marktlage erholte sich, die Firma kaufte zu attraktiven Konditionen große Wettbewerber und wuchs rasant, vor allem mit unerwartet hoher Profitabilität. Die Aktie geriet auch wegen niederländischer Umweltauflagen (Natura-2000-Bauverbote) unter Druck, die der Vorstand gegenüber mir im persönlichen Gespräch aber richtig einordnete. Die Prognosen der Analysten und somit die Kennzahlen waren viel zu pessimistisch.“
Welche Strategien verfolgen Sie, um das Risiko eines plötzlichen Markteinbruchs bei Small-Caps zu minimieren, ohne die Wachstumschancen zu stark zu beschneiden? Oder geben Sie immer „Vollgas“?
„Ich gebe immer Vollgas. Der Fonds ist ein Aktienfonds, kein Balanced-Fonds. Wer Performance will, muss durchhalten. Ich habe auch mal geglaubt, dass ich den Markt ‚timen‘ kann, indem ich Aktien abgesichert habe. Das geht meistens nach hinten los. Ein Blick auf die Performance von Aktienfonds, die absichern, verrät vielleicht ganz gut, warum das ‚taktische Rein und Raus‘ am Ende doch nur Geld kostet.“
Wie schätzen Sie die Auswirkungen von makroökonomischen Faktoren wie Zinsentwicklung und geopolitischen Spannungen auf europäische Small-Caps ein?
„Grundsätzlich freuen sich Nebenwerte immer über eine brummende Konjunktur und stabile Zinsen. Viele Small-Cap-Indizes haben einen hohen Anteil an zyklischen Branchen. Deutsche Titel sind zugleich stärker abhängig vom Export und leiden stärker unter dem Zollstreit als bspw. spanische oder italienische Small-Caps. Im Peacock Best Value Fonds liegt der Fokus hingegen auf Firmen, die strukturell wachsen (Energiewende), Sondersituationen aufweisen (Übernahmen, Abspaltung von Geschäftsbereichen) oder die es schaffen, systematisch Marktanteile in Nischen zu gewinnen.
Dann ist die Anfälligkeit für makroökonomische Einflussfaktoren geringer. Und: ‚Technologieaktien‘ ist für uns fast schon ein Unwort. 95 % der in dieser Branche diskutierten Titel sind viel zu hoch bewertet und werden ihre Profitabilität in Zukunft nicht halten können. Dass diesen Firmen schnell das Geld ausgehen kann, ist ein weiterer Punkt. Die Kurseinbrüche dieser Titel in diesem Jahr, entweder durch Zölle oder unvermeidlich einsetzendem Wettbewerb (DeepSeek vs. ChatGPT/NVIDIA), hat dies eindrucksvoll gezeigt.“ Gibt es bestimmte Nischen oder Sektoren innerhalb der europäischen Small-Cap-Landschaft, die Sie derzeit besonders attraktiv finden, und warum?
„Titel, die von der Energiewende und der Elektrifizierung profitieren, werden weiter interessant bleiben. Nicht zuletzt seit der Merz’schen Investitionsbazooka – insbesondere auch in Infrastruktur – sind einige dieser Titel in den Blickpunkt der Anleger geraten. Hier bin ich schon lange stärker investiert, nicht nur, weil wir dem Klima und den Menschen damit etwas Gutes tun (ESG), sondern weil diese Branchen in den nächsten Jahren stark strukturell wachsen.“
Die Performance
Der Fonds legte in den letzten Monaten deutlich zu und ließ einige der Mitbewerber hinter sich. Handelt es sich dabei um einen Aufschwung in der Breite, sprich viele der Positionen stiegen im Kurs stark an, oder gab es positive „Ausreißer“?
„Die gute Nachricht: Es gab kein ‚One Trick Pony‘, d.h. nicht nur ein oder zwei Titel sind dafür verantwortlich gewesen. Vielmehr war es eine Reihe an Titeln, die einerseits durch einen extrem hohen Abschlag zum inneren Wert notierten und andererseits bislang als ‚langweilig‘ galten und dann die Investoren mit sehr hohen und nachhaltigen Wachstumsraten überrascht haben. Währenddessen schauten viele Investoren mit ihren Mag7-Aktien in die Röhre. Es waren mehr als 10 Titel, die seit Jahresanfang um mehr als 30 % zugelegt haben.“
Was hat in den letzten 12 Monaten funktioniert und was nicht?
„Schwierig ist es manchmal, rechtzeitig auszusteigen, wenn Firmen die Erwartungen wiederholt enttäuschen und nicht transparent und schnell genug kommunizieren. Bei Gerresheimer war dies bspw. der Fall. Funktioniert hat es hingegen, etliche ‚Meme‘-Aktien aus dem Tech-Bereich zu meiden. Hier kam es bekanntermaßen zu bösen Überraschungen. Investoren lernen hier wohl nie dazu und sind auf dem Auge ‚Bewertung, Wettbewerb & Cash Flow‘ einfach blind. Bei den Top-Performern im Fonds, die sich seit Jahresanfang teils verdoppelten, war es richtig, nicht zu früh auszusteigen. Oft ist es so, dass nach dem initialen, sehr starken Kursanstieg viele Investoren überhaupt erst diese ‚Hidden Champions‘ entdecken und dann noch auf den Zug aufsteigen. Das bringt die Aktie noch einmal weiter nach vorne, wie zum Beispiel bei Heijmans und Friedrich Vorwerk.
Nicht funktioniert hat an der ein oder anderen Stelle der rechtzeitige Verkauf von Aktien, die wider Erwarten mit Gewinnwarnungen auftrumpften. Gerresheimer ist so ein Fall.“
In einem Interview im Oktober 2024 haben Sie gesagt: „Es ist ein historisch guter Zeitpunkt, um bei Small Caps einzusteigen.“ Jetzt sind wir ein gutes Stück teurer. Ist der Zug also schon abgefahren oder fängt er erst gerade an, ins Rollen zu kommen?!
„Seitdem haben sowohl Blue Chip- als auch Small-Cap-Indizes zweistellig zugelegt, auf europäischer Ebene Nebenwerte etwas stärker. Der Fonds hat gegenüber Nebenwerten noch einmal einiges draufgelegt, das basiert aber auf den o.g. ‚Stock Picking‘-Gründen. Abgesehen von schwierigen Branchen wie bspw. der Automobilzulieferindustrie und sehr stark exportlastiger Firmen sind die Aussichten meines Erachtens gut. Es macht keinen Sinn, dass ein europäischer Small-Cap mit einer soliden Nischenposition mit zweistelligem Wachstum 25 % günstiger notiert als sein Blue Chip-Pendant und im Vergleich zu US-Mitbewerbern sogar einen Abschlag von bis zu 40 % aufweist.
Aktuell ist vielleicht aber auch ein relativer Investmentansatz zu bedenken: Große Tech-Aktien haben in wenigen Tagen in den USA mehr als 50 % verloren. Im Portfolio hat dies kein Titel zustande gebracht. Eine günstige Bewertung ist nun einmal einfach auch ein ‚Sicherheitspuffer‘.“
Können Sie das Kurspotenzial nennen, das aktuell im Portfolio steckt, wenn alle Titel am Markt ihren fairen Wert widerspiegeln würden?
„Da geht bei mir die ‚Disclaimer“Lampe‘ an! Es wäre schön, wenn der Markt für alle Titel zum gleichen Zeitpunkt widerspiegeln würde. Die Erfahrung zeigt aber, dass dies versetzt mit etwas Geduld für die unterschiedlichen Aktien letztlich in den meisten Fällen eintritt.
Aktuell liegt der ‚Abschlag zum fairen Wert‘ im Fonds im Schnitt bei vielleicht 30 bis 40 %. Rechnerisch wäre dann theoretisch ein Upside von etwa 50 % möglich. Wie schnell das geht, steht in den Sternen. Dass einige Firmen, von denen wir Aktien im Fonds halten, zuletzt übernommen wurden, ist schon einmal ein gutes Zeichen. Größere Firmen schlagen bei soliden Small Caps immer gerne zu, vor allem dann, wenn sie ‚günstig‘ sind“. So geschehen zuletzt im April: Die Aktie der Greenyard NV, ein weltweit führender Lieferant von Obst- und Gemüse, wurde vom Markt genommen. Das Ergebnis war ein Plus für Aktionäre von 30 %. Dabei handelt es sich bereits um die vierte Übernahme eines Portfolio-Titels in den letzten 12 Monaten. Nach Unieuro, Renewi und Banco BPM wird nun auch Greenyard übernommen. In diesem Fall von der Gründerfamilie in Kooperation mit einem Investmenthaus.
Zahlen lügen nicht
Über die letzten 5 Jahre legt der Fonds um rund 72 % zu, über die letzten 3 Jahre +20 %, über die letzten 12 Monate +15,5 % und seit Jahresbeginn steht ein überzeugendes Plus in Höhe von ca. 20 % bei einer Volatilität von etwa 16 % über fünf und drei Jahre und rund 10 % über die letzten 12 Monate. Unter den Top Ten (per 30.04.2025) befinden sich fünf Titel aus Deutschland (Vossloh, Namakt, Friedrich Vorwerk Group, INIT Innovation in Traffic Systems und INDUS HOLDING) sowie Unternehmen aus Spanien (Constr Auxiliar de Ferro), Italien (zum Beispiel Banci BPM) und den Niederlanden (HEIJMANS).
Die Gewichtungen der Top Ten sind relativ ähnlich und reichen von der größten Position mit 3,77 % bis zu 2,27 %. Siebel gewichtet die Kerninvestments („Conviction stocks“) mit 3 bis 5 %. Darunter sind auch erfreulicherweise die Top Performer wie Heijmans, Vossloh oder Friedrich Vorwerk. Die restlichen „Basisinvestments“ werden mit ca. 1,5 % allokiert. Deutschland ist die am höchsten gewichtete Region mit knapp 25 %, gefolgt von Italien mit 21 % und den Niederlanden mit 16 %.
Fazit
Das Beispiel zeigt, dass man als Anleger manchmal einen längeren Atem mitbringen und nicht gleich bei einer temporären „Schwächephase“ – sofern es sich dann auch um eine solche handelt und nicht dem Ansatz geschuldet ist – auf den Sell-Button drücken sollte. Manche Ansätze und Strategien brauchen eben Zeit, bis sich das gesamte Potenzial entfalten kann.
Wir sind gespannt, ob Marc Siebel mit seinem Fonds weiterhin in der Erfolgsspur bleibt und durch Mittelzuflüsse für seine Arbeit belohnt wird.
Dies ist keine Anlageberatung. Bitte informiert euch vor einer Geldanlage über die Risiken und beachtet unsere Hinweise hier.
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