© © Photo: ScottUmstattd/Unsplash
Wer zahlt hier eigentlich was?

Geschichten aus’m WG-Leben

von Jonas Rüffer

Ich bin ein unglaublicher Fan von Wohngemeinschaften. Wir essen meisten zusammen, schauen Filme und am Wochenende sitzen wir oft gemeinsam stundenlang auf dem Balkon. Wenn man gute Mitbewohner hat, ist die Wohngemeinschaft eine kleine Familie. Die Sache hat nur einen Hacken: Der schnöde Mammon.

Ein Beispiel:

Ich komme abends, mit der vollen Einkaufstüte nach Hause. Klopfe kurz an beide Zimmertüren meiner Mitbewohner Leo und Fritz:

Zuerst bei Fritz, der mit seiner Freundin Clara auf der Couch sitzt:

„Hey Fritz, ich hab eingekauft. Wir brauchten neues Waschpulver, Toilettenpapier war auch alle und ich hab noch eine Nutella und ’n paar andere Lebensmittel mitgenommen. Wenn mir jeder von euch 5 Euro geben könnte, wäre das perfekt“.

„Ich hab das Bier aber gestern gezahlt“, heißt es dann von Fritz.

„Ok, dann gib mir eben nur zwei Euro“.

„Geht klar, ich hab aber gerade kein Geld da, kann ich es dir morgen geben?“

„Na gut.“

Danach klopfe ich bei Leo:

„Hey, Leo ich habe gerade schon mit Fritz gequatscht, ich hab eingekauft. Kann ich auch von dir 5 Euro haben bitte?“

„Was hast du denn eingekauft?“

„Sachen für den Haushalt, Nutella, Lebensmittel und so“.

„Hmm ich bin ab morgen wieder beim Kunden. Außerdem isst Clara bestimmt wieder die ganze Woche mit, während ich nicht da bin. Wieso zahlt die das nicht?“

„Na gut dann eben nicht“.

Entnervt gehe ich in mein Zimmer. Das hat man nun davon, wenn man nach der Arbeit noch einkaufen geht, damit wir morgens nicht wieder ohne Papier auf der Toilette sitzen. Und überhaupt die anderen könnten doch auch mal was machen.

Das war wie gesagt ein Beispiel. Die meisten Situationen laufen natürlich viel problemlosera ab, aber bei Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Diese Beispielkonversation verdeutlicht, wie schwer es ist, Finanzen in einer Wohngemeinschaft zu regeln. Denn wir sind 3 Jungs mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Ich bin Vegetarier, Fritz hat meistens sein Freundin bei uns, die natürlich auch bei uns duscht und isst und Leo ist jeden Montag bis Donnerstag bei einem Kunden seiner Firma in einer anderen Stadt. Wir sind bestimmt nicht kleinkariert, aber das Leo für unsere Lebensmittel, die wir unter der Woche verbrauchen nicht mitbezahlen will, ist genauso verständlich, wie meine Einstellung, dass 25 Euro teure Steak nicht zu bezahlen, wenn ich es nicht essen möchte.

Schulden, Schulden, nichts als Schulden

Unser zweites Problem ist das Schuldenmanagement. Denn jeder schuldet irgendwie jedem etwas. Das ist in einer WG eben so. Ob es noch das Geld für das Internet ist, jemand noch seinen GEZ-Anteil zahlen muss, Fritz das Bier für den Vorabend gezahlt hat oder der Zehn-Euro-Schein, den man dem Mitbewohner mitten in der Nacht auf irgendeiner Party geliehen hat. Wir sind alle bis über beide Ohren bei den jeweils anderen verschuldet. Natürlich verlieren wir alle den Überblick. Da werden Beträge von vor zwei Wochen ausgegraben und daran erinnert, dass man die noch bezahlen soll. Die Antwort ist nicht selten: „Die hab ich dir schon längst zurückgezahlt“ oder „Aber dafür hab ich dieses oder jenes gezahlt“. Dann werden minutenlang die ganzen Beträge verrechnet, an die man sich noch erinnern kann und am Ende ist keiner zufrieden. Ein totales durcheinander. Das Problem liegt dabei nicht am Geiz, sondern an der Unordnung. Wir haben Schulden natürlich nie aufgeschrieben, sondern immer versichert, die am nächsten Tag zu zahlen.

Splitwise

Irgendwann wurde uns das zu bunt. Es muss doch eine einfachere Lösung geben. Ein Haushaltsbuch kam für uns nicht in Frage. Ich war froh, wenn wir den Abwasch regelmäßig organisiert bekamen. Nach kurzer Recherche im Internet fanden wir die App Splitwise. Wir managen nun seit zwei Monaten die gesamten Finanzen mit dieser App.

Und so funktioniert’s: Einfach die App herunterladen und anmelden. Alles ist kostenlos. Dann kann man eine Gruppe und ihren Zweck erstellen. Beispielsweise die Portugalreise. Man kann sogar extra auswählen ob es sich bei dem Zweck um eine Reise, ein Haus oder eine Wohnung handelt. In unserem Fall heißt die Gruppe „BruderWG“. Weil wir eigentlich alle wie Brüder sind, außer Clara, die ist zugegebenermaßen ein bisschen wie eine Schwester.

In diese „BurderWG“ kann jeder seine Ausgaben eintragen. Die Ausgaben werden dann unter den Teilnehmern in der Gruppe aufgeteilt. Das Gute: Man kann auswählen wer die Kosten mitträgt. Das heißt nicht alle Gruppenteilnehmer müssen jede Rechnung mittragen. Gestern zum Beispiel habe ich mir eine Pizza mit Leo bestellt. Leo hat das gleich in die Gruppe eingetragen und die Rechnung nur uns beiden zugeteilt.

Wir haben Clara auch mit in die Gruppe aufgenommen. Jetzt wird sie bei Einkäufen mit reingerechnet. Beim Internet und Strom etc. aber haben wir uns entschieden, dass wir das nur zwischen uns dreien aufteilen. Denn sie muss ja noch Internet für ihre eigene Wohnung zahlen. Leo zahlt bei den Einkäufen die unter der Woche getätigt werden nicht mit. Wenn dann am Wochenende noch etwas im Kühlschrank ist, isst er natürlich trotzdem mit. Dafür lässt er dann auch mal ein paar Bierchen springen.

Einkäufe teilen wir jetzt immer auf. Man sieht ja auf der Quittung ganz genau was, wieviel gekostet hat. Meist machen wir dann mehre Rechnungen. Haushaltsprodukte wie Spüli, Seife und Toilettenpapier werden unter allen aufgeteilt. Lebensmittel je nachdem ob Clara und Leo mitessen. Zu jeder Ausgabe kann man ein Foto der Rechnung hochladen. Das machen wir bei größeren Rechnungen wie die Stromabrechnung oder Gas.

Alles andere erledigt die App. Man sieht zu jederzeit wer, wem wieviel Geld schuldet. Denn die App verrechnet alle Rechnungen miteinander und zeigt einem logisch, wer wem was zahlen muss. Das heißt das Bier, das Fritz gezahlt hat, wird in der App automatisch mit meinem Einkauf am Abend verrechnet. Am Ende des Monats treiben wir die offenen Schulden gegenseitig bei uns ein. Hat jemand bezahlt, kann man in der App auf Schulden beglichen drücken.

So kann jetzt jeder jede Rechnung nachvollziehen und man weiß immer ob man beim anderen in der Kreide steht. Außerdem können wir die Gesamtausgaben beobachten. Denn die App zeigt die Gesamtausgaben für die WG an. Wir beobachten die ganze Zeit wie hoch unsere Ausgaben im Monat sind und ob wie verschwenderisch oder sparsam gelebt haben. Danach entscheiden wir dann ob die WG sich am Monatsende etwas gönnen kann oder ob wir im nächsten Monat besser haushalten müssen.

Seitdem wir den Überblick über unsere Finanzen haben, ist Geld bei uns kein Thema mehr.

Habt ihr die App auch ausprobiert? Oder benutzt ihr ein anderes System, um eure WG zu organisieren? Dann schreibt uns von euren Erfahrungen!

ein Artikel von
Jonas Rüffer
Jonas Rüffer (Jahrgang 1991), ist seit Februar Teammitglied der Zasterredaktion. Vorher hat er seinen Master in Politik abgeschlossen. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit Servicethemen wie Kryptowährungen oder Geld- und Finanzpolitik.